Wie steht es derzeit am Markt für Unternehmensanleihen im Allgemeinen und bei den Mittelstandsanleihen im Besondern?

KFM Mittelstandsnachrichten vom 17.04.2023

Wie steht es derzeit am Markt für Unternehmensanleihen im Allgemeinen und bei den Mittelstandsanleihen im Besondern?

Nach der Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre erlebt der Anleihenmarkt derzeit eine regelrechte Renaissance. Seit der Zinswende erhalten die Anleger wieder einen überproportional guten Erträge für ihre Investition in Anleihen. So sind die Kupons für Neuemissionen sprunghaft angestiegen und liegen laut den jüngsten Corporate Debt Capital Markets Weekly Updates der HSBC-Bank teilweise bei mehr als 4 Prozent. Damit spiegeln die Preise das Risikoniveau der Anleihen deutlich besser wider als in der jüngeren Vergangenheit. Das sehen wir auch bei Mittelstandsanleihen.

Wie wirkt sich das auf die Liquidität des Marktes aus?

Die langlaufenden Anleihen hängen derzeit wie Bleigewichte in den Portfolios, mit den entsprechenden Abschlägen in den Bilanzen. Das Lager der Eigentümer teilt sich zum einen in diejenigen, die sich den Verlust beim Verkauf zu einem niedrigeren Kurs leisten können und sich mit der Investition in andere Titel die Rendite für die Zukunft sichern. Die andere Seite sitzt die Restlaufzeit aus und wartet bis die Anleihen in ein paar Jahren zu 100 Prozent zurückgezahlt werden. So gibt es derzeit gerade bei großen Industrieanleihen und Staatsanleihen weltweit einen Riesenmarkt, für den auch die Liquidität vorhanden ist. Je geringer das Anleihe-Emissionsvolumen ist, umso geringer ist jedoch auch die Liquidität. Deswegen sind die Preise, die von den Algorithmen für diese Anleihen errechnet werden, in gewisser Weise auch nur fiktiv, da der Handel wie gesagt teilweise gar nicht stattfindet.

Ist es aus Unternehmenssicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt denn realistisch, eine größere Platzierung am Markt vorzunehmen, um sich zu refinanzieren?

Grundsätzlich ist es möglich, die Emissionen im Markt unterzubringen. Das hängt neben einem ordentlichen Geschäftsmodell davon ab, ob der Anleiheemittent den Kupon in voller Höhe bezahlen kann. Das wiederum setzt voraus, dass er die Zahlen, Daten und Fakten liefert, die der Anleger zur Überprüfung braucht. Wenn ein Emittent schon im Markt ist und in der Vergangenheit diesen Ansprüchen gerecht geworden ist, wird es um so leichter.

Sehen Sie ein Interesse von Mittelständlern, jetzt neue Anleihen zu emittieren?

Wir sehen gerade mehrere Neuemissionen, die aus unserer Sicht teilweise sehr erfolgreich in den Markt getragen werden. Zum Beispiel die Beteiligungsgesellschaft Mutares, die innerhalb von nur zwei Tagen ein Volumen von 100 Millionen Euro platzieren konnte. Andere Beispiele mit deutlich geringeren Volumina sind die Sowitec aus dem Bereich der erneuerbaren Energien mit 25 Millionen oder Yes Green mit 10 Millionen.Diese Emittenten haben es mit Sicherheit nicht mehr so leicht wie in der Vergangenheit. Das liegt auf der einen Seite an der aktuellen Marktsituation, aber auch an den verschärften Regularien. Seit 2020, mit Beginn der Corona-Krise, haben sich die Transparenzbedingungen stark verändert. Dadurch ist der Aufwand für Emittenten und Emissionsbegleiter deutlich größer geworden.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei Mittelstandsanleihen?

Viele Mittelständler tragen die Nachhaltigkeitsgene bereits in ihrem Geschäftsmodell. Was viele noch nicht machen, ist das im Sinne eines ESG-Managements auch sauber abzubilden. Die Mittelständler wissen, dass sie ab 2025 den Bestimmungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD-Richtlinie der EU entsprechen müssen. Die fangen auch jetzt schon damit an, manche sind auch schon weit fortgeschritten. Grundsätzlich stehen die Mittelständler dem sehr aufgeschlossen gegenüber. Die gehen von sich aus auf Rating-Agenturen zu und fragen, was sie machen können und welche Unterstützung sie bekommen können.

Warum sollte man generell weiter in den Mittelstand investieren?

Grundsätzlich stellen wir bei allen Mittelständlern fest, dass sie ein ausgeprägt gutes Risikomanagement haben. Deswegen zeigen sie sich angesichts der vielen aufgelaufenen Krisen extrem flexibel und widerstandsfähig. Es begeistert mich immer wieder, wie der Mittelstand seine Möglichkeiten nutzt und schnell reagiert, weil Entscheidungen nicht erst durch zig Gremien laufen müssen, bevor sie getroffen werden. Damit sind sie viel besser in der Lage, das Unternehmen überlebensfähig zu halten.

Welche Trends sehen Sie für die Zukunft im Markt für Mittelstandsanleihen?

Aktuell sehen wir mehr, aber dafür kleinere Anleihen. Im Mittelstand reden wir in der Regel von Emissionen unter 100 Millionen Euro. In der Vergangenheit lagen die Werte, mit wenigen Ausnahmen, bei 20 Millionen Euro aufwärts. Jetzt gibt es mal 3, mal 5, mal 10 Millionen. Das hat damit zu tun, dass mehr und mehr Mittelständler den Druck verspüren, auf den Kapitalmarkt zu gehen, um die Kapitalseite ihrer Bilanz breiter zu diversifizieren. Und der Druck wird noch steigen, wenn Basel IV in Kraft tritt. Damit werden die Banken in ihrer Kreditvergabe nochmals eingeschränkt. Das heißt, der Mittelständler ist zwingend auf alternative Finanzierungen angewiesen. Und da bietet der Kapitalmarkt mit Anleihen oder Aktien gute Alternativen.
 

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