Von Amerika lernen!

Loys Capital Kolumne vom 12.11.2024

Zu den kulturellen deutschen Bizarrerien zählt neben einer verklärenden Putin-Sympathie auf der einen ein verbreiteter Antiamerikanismus auf der anderen Seite. Beide Phänomene sind das Ergebnis fehlender Geschichtskenntnisse und gegebenenfalls auch von Neid. Der eindeutige Wahlsieg Donald Trumps wird diese Gefühle weiter verstärken.

Dabei lässt man in Deutschland gerne außer Acht, dass in der ältesten Demokratie der Neuzeit der Souverän ein klares Mandat erteilt hat. Die Mehrzahl der amerikanischen Wähler fühlt sich in ihren Anliegen und Sorgen besser bei den Republikanern aufgehoben als bei den Demokraten. Auffällig am Wahlergebnis war die wachsende Zustimmung für Trump unter schwarzen und hispanischen und vor allem jungen Wählern. Entgegen der Wünsche der Demokraten hat sich das Thema Wirtschaft einmal mehr als Haupttriebfeder für den Wahlausgang gezeigt. Die Wähler trauen Trump ungeachtet seiner offenbaren charakterlichen Defizite eine Dynamisierung der keineswegs schlecht laufenden amerikanischen Konjunktur zu. Vor allem beim Thema Deregulierung dürfte Trump rasche Veränderungen auf den Weg bringen. Trump, der weder Freihändler noch Globalist ist, wird im amerikanischen Dickicht bürokratischer Einschränkungen kräftig aufräumen. Dazu wird er sich der Hilfe erfahrender und erfolgreicher Männer und Frauen aus der Wirtschaft bedienen, denn qualifizierte Quereinsteiger aus der Wirtschaft haben in den USA Tradition. Parteibücher spielen in Amerika bekanntlich keine herausgehobene Rolle. Ohne Zweifel ist Trump ein Coup mit dem Vorschlag gelungen, Elon Musk mit der Aufgabe zu betrauen, das amerikanische Regierungswesen auf Effizienz zu trimmen. Niemand ist geeigneter als der Tesla-, X- und SpaceX-Chef Elon Musk, um diese Aufgabe zu bewältigen. Musks unternehmerische Erfolge fußen nicht zuletzt auf schlanken und kostengünstigen Strukturen.

Die deutsche Politik wäre gut beraten, einmal zu überlegen, ob nicht Wirtschaftskompetenz und ein schlanker Staat hierzulande vorteilhaft sein könnte. Der Deutsche Bundestag hat aktuell 733 Parlamentarier, während das US-Repräsentantenhaus mit 435 Abgeordneten bestückt ist. Dabei ist die Bevölkerung in den USA fast viermal so groß und das Bruttosozialprodukt sechsmal so groß wie jenes in Deutschland.

In den USA betrachten die meisten Bürger den Staat und dessen Beglückungsphantasien mit Skepsis. Es ist beileibe kein Zufall, dass die amerikanische Verfassung das Waffenbesitzrecht für Privatleute mit der Begründung zugesteht, dass die Waffen nötigenfalls gegen einen tyrannisch werdenden eigenen Staat eingesetzt werden dürfen. Im Übrigen zeigen die alternierenden Wahlergebnisse seit Jahren, dass amerikanische Wähler Angst vor zu starker Machtballung für längere Zeit haben. Die US-Verfassung sorgt mit der dort festgelegten Amtszeitbegrenzung zudem für eine zeitliche Beschränkung von Macht.

Der in Deutschland weit verbreitete Glaube, der Staat erzeuge Wohlstand, ist in den USA so gut wie nicht anzutreffen. Kollektivistischen Tendenzen steht man zwischen New York und Los Angeles eher fern. Leitstern Amerikas bleibt die Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahre 1776. Die dort niedergelegten Werte sind unverändert gültig und eignen sich als Vorbild für die gesamte Welt. Ich habe Zweifel, ob der aktuellen Generation deutscher Politiker dieser Text bekannt ist.

Aus Chicago

Ihr
Dr. Christoph Bruns
 

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