Der Januar 2022 war kein guter Monat für Aktionäre. Auch die breiten Indizes sind teils tief im Minus in das Jahr gestartet. Der MSCI World hat bisher mehr als 7, der S&P 500 knapp 8 und der Nasdaq knapp 12 Prozent (in Euro) verloren. Das ist allerdings harmlos gemessen daran, was bei High-Growth-Werten gerade los ist. Der von Goldman Sachs berechnete “Non-Profitable Tech Index”, der sich aus Unternehmen wie MongoDB, Okta, Affirm, Snowflakes, Uber u.a. zusammensetzt, hat seit Jahresbeginn 27 Prozent verloren, nach Verlusten von 20 Prozent 2021. Hier findet ein lupenreiner Crash statt.
Gecrasht sind auch Aktien einiger Wachstumsunternehmen in unserem Portfolio, wie z.B. Etsy, Match Group und Upstart. Dennoch konnten wir die Verluste mit Aktien wie BBVA, DBS, Walmart u.a. deutlich abfedern. Über die Performance von aktuell -11,5 Prozent sind wir zwar alles andere als glücklich, aber wir haben durch die viel breitere Definition von Gewinnern der Digitalisierung die Verluste begrenzen können. Dies kommt sehr deutlich im Vergleich mit Cathie Woods ARK Innovation ETF hervor. Seit Start unseres Fonds liegen wir nun 10 Prozentpunkte vor Cathie Woods Flaggschiff.
Valuation matters, diversification too
Wir haben seit Sommer 2020 Aktien vieler hoch bewerteter Wachstumsunternehmen sukzessive verkauft. Kurzfristig haben wir dadurch viel Performance liegen lassen. Den Anteil der Digital Transformation Leaders haben wir bis Ende 2021 auf über 45 Prozent hochgefahren, so viel, wie noch nie seit Bestehen des Fonds. Dagegen liegt der Anteil der Digital Enabler jetzt bei nur noch 20 Prozent. Das durchschnittliche KGV des Portfolios liegt bei ca. 24 (mit den Gewinnschätzungen für 2023), EV/Sales liegt bei unter 4. 97,5 Prozent des Portfolios besteht aus Unternehmen mit einem positiven Free-Cashflow, 95 Prozent der Portfoliounternehmen (gewichtet) sind profitabel.
Valuation matters, diversification too. Das Konzept der drei Säulen und die stärkere Betonung von Profitabilität im Portfolio haben dazu beigetragen, den maximalen Verlust zu begrenzen.
Technologie, Pandemie, Stimuli
Die sagenhafte Aktienrallye bei Wachstumsunternehmen hatte drei wesentliche Gründe: Da ist zum einen der Siegeszug der Technologie. Das Zusammenfallen mehrerer technologischer Triumphe wie immer mehr Rechenpower, intelligente Algos, Internet und Smartphones, das zu einer Art „kambrischer Explosion“ von neuen Angeboten und Unternehmen geführt hat. Wachstum war zudem noch nie so preiswert. Zwei Dekaden fallende Zinsen führten in vielen Teilen der Welt sogar zu realen Negativzinsen. Zuletzt wurde alles noch durch die Pandemie beschleunigt, die Lockdowns während der Krise haben zu einer beispiellosen Adaption von Technologie in sehr kurzer Zeit geführt.
Der technologische Fortschritt bleibt, aber die zwei anderen Faktoren ebben ab. Die amerikanische Notenbank hat diese Woche angekündigt, das Tempo der Zinserhöhungen zu erhöhen. Bereits im März kommt die erste Zinserhöhung. Man ist gewillt, der Inflationsgefahr nicht zu sehr hinterherzulaufen. Leitzinssätze von 1,5 bis 2 Prozent wird die Wirtschaft schon vertragen, mögen die Notenbanker denken. Für Investoren in Wachstumsunternehmen ist das aber eine Zeitenwende. Künftige Cashflows sind mit steigenden Zinsen weniger wert. Noch problematischer ist, dass Wachstumsfinanzierung teurer wird, gerade wenn Unternehmen das Wachstum nicht aus eigenen Mitteln, aus dem operativen Cashflow, finanzieren können. Daher reagieren Anleger aktuell allergisch auf Gewinnwarnungen.
Mittlerweile ist m.E. aber schon sehr viel Zinspessimismus in den Kursen eingepreist. Zudem wird im aktuellen Crash zu wenig diskriminiert zwischen Wachstumsunternehmen mit negativem und solchen mit positivem Free-Cashflow. Dazu gleich mehr.
Zudem: Sollten die meisten Ökonomen richtig liegen mit ihrer Einschätzung, dass der Inflationsdruck in der zweiten Jahreshälfte nachlassen wird, dann wird die Notenbank eine Pause einlegen. Das Schicksal der Zinsen ist letztlich abhängig vom Wirtschaftswachstum. Und das Wirtschaftswachstum selbst?
“The path of the economy continues to depend on the course of the virus”, verkündete die Fed diese Woche. Als wir über Weihnachten dieses Jahres die Familie meine Frau in den USA besuchten, zählte New York jeden Tag neue Rekordzahlen an Infektionen. In der Spitze waren es über 80.000 Neuerkrankungen, nur in New York. Heute, nur vier Wochen später, sind es keine 15.000 mehr. Für die meisten Amerikaner und anscheinend auch für die Investoren leitet Omikron den Übergang in eine Endemie ein. Es gibt auch noch ein Leben jenseits von Amazon, Twitter, Zoom, Netflix und Call of Duty. Ein Blick auf die Traffic und App Engagement Zahlen zeigt, dass die Sonderkonjunktur für viele Digitalunternehmen vorbei ist.
Allerdings gilt auch: Die Digitalunternehmen starten in sehr unterschiedlicher Verfassung den Wettbewerb in einer Post-Pandemie-Welt. Im Crash werden z.T. große Unterschiede übersehen. Hier ein paar konkrete Beobachtungen.
Peloton vs. Zoom
Schauen wir uns zunächst Peloton an. Hier hatten wir uns leider nach den Q4 Zahlen komplett geirrt. Die digitale Spur hatte eine deutliche Abflachung der Nachfrage signalisiert, doch das Management wies darauf hin, dass man aufgrund der Lieferengpässe die Marketingausgaben reduziert habe. Mit der Erhöhung der Produktionskapazitäten würde man die Kampagnen wieder starten und die Nachfrage ankurbeln. Die Q1 Zahlen und die digitale Spur zeigen aber deutlich: Die Nachfrage bleibt aus.
Schockierend war allerdings der Cash-Burn. Knapp 700 Millionen Dollar Cash hatte man im letzten Quartal verbraten. Der Cashbestand lag gerade bei 925 Millionen Euro. Es war also klar, dass Peloton dringend Kapital braucht. Im Analystencall hatte man das noch ausgeschlossen. Eine Woche später folgte die Kapitalerhöhung. Wir haben unsere letzten Anteile bei Kursen über 40 gegeben. Die Hoffnung von Peloton, dass die Nachfrage nach den neuen Laufbändern das Geschäft rettet, geht nicht in Erfüllung. Das Unternehmen hat Fixkosten für ein Wachstum aufgebaut, das ausbleibt. Hinzu hat das Management ein großes Glaubwürdigkeitsproblem. Mittlerweile liegt die Peloton-Aktie unter dem IPO-Kurs, die Marktkapitalisierung bei unter 8 Milliarden Dollar. Somit ist das Unternehmen nur noch mit EV/Sales von 2,3 bewertet. Ich persönlich nutze das Peloton Bike gerne. Und ich glaube, dass die meisten Nutzer zufriedene und loyale Kunden sind. Doch bevor Peloton wieder investierbar wird, muss das Unternehmen die Kapitalvernichtung unter Kontrolle bekommen und möglicherweise auch das Management austauschen. Ansonsten droht hier eher eine Übernahme.
Anders sieht es bei Zoom aus. Nach Zahlen von Sensor Tower nutzten vor der Pandemie keine 5 Millionen Menschen die Zoom App monatlich. Mitten in der Pandemie waren es dann über 180 Millionen. Jetzt sind es immer noch über 100 Millionen Nutzer monatlich. Allerdings wuchs die Zahl der Kunden, die mehr als 100.000 Dollar pro Jahr zahlen, im letzten Quartal immer noch um über 90 Prozent. Die Net Expansion Rate lag bei 130 Prozent. Die Free-Cashflow-Marge lag bei ca. 35 Prozent. Mittlerweile liegt das implizite Umsatzwachstum für die nächsten 5 Jahre bei unter 20 Prozent. Die Aktie ist noch kein Schnäppchen. Die Guidance für Q1 könnte aber die neuen Ansprüche der Anleger verfehlen. Bei Kursen unter 100 wäre Zoom wieder sehr attraktiv.
Netflix vs. Disney
Cash-Burn ist auch das Hauptproblem von Netflix. Vor genau einem Jahr verkündete CFO Spencer Neumann, dass die Zeiten von Cash-Burn bei Netflix vorbei seien. 2021 werde man Free-Cash-Flow positiv sein und das Wachstum aus eigenen Mitteln finanzieren. Nun hat man drei Quartale hintereinander wieder Cash verbrannt, in Q4 stolze 569 Millionen Dollar. In Verbindung mit Abschwächung des Kundenwachstums ist das kein gutes Zeichen. Die alleinige Verwertung der Filmbibliothek für Streaming wird zu einem Problem bei Netflix (Bill Ackman ist offensichtlich anderer Meinung). Disney geht hier einen anderen Weg. Die Filme werden über die gesamte Verwertungskette der Industrie monetarisiert. Auch Werbung ist für Disney nicht Tabu. M.E. ist das Unternehmen zu Unrecht abgestraft worden nach den Netflix Zahlen. Q4 sollten zumindest die Abonnenten-Zahlen für Disney+ positiv überraschen.
Etsy vs. Wayfair
Etsy und Wayfair sind zwei erfolgreiche E-Commerce-Marktplätze. Beide haben massiv von den Lockdowns profitiert. Seit Monaten rauschen allerdings die Aktienkurse beider Unternehmen nach unten. Wayfair hat vom Hoch 60 Prozent verloren, Etsy 55 Prozent. Dabei könnten die Unternehmen nicht unterschiedlicher sein. Etsy hat eine Gewinnmarge von über 23 Prozent, Wayfair nur 1,5. Etsy produziert seit Jahren einen freien Cashflow, Wayfair zuletzt wieder nicht. Die Befürchtung der Anleger ist, dass beide Unternehmen nur temporäre und nicht dauerhafte Profiteure der Pandemie sind. Ein Blick auf die Monthly Active User (MAU) der Apps zeigt ein anderes Bild.
Fazit
In der Nacht sind alle Katzen grau. Im Crash werden alle Wachstumsunternehmen in Sippenhaft genommen. Profitables und defizitäres Wachstum wird gleich behandelt, zwischen säkularem und temporärem Wachstum kaum unterschieden. Das bietet Chancen für Stockpicker. Nach herkömmlichen Maßstäben sind viele Highgrowth Unternehmen meilenweit entfernt davon, Schnäppchen zu sein. Ich sehe noch viele Unternehmen mit EV/Sales-Multiples von über 50. Aber auch in Phasen höherer Zinsen sind manche Unternehmen – gemessen an ihrem Wachstum – attraktive Investments. Selektiv werden wir damit beginnen, einzelne Wachstumsunternehmen zu kaufen bzw. aufstocken. 2020 haben wir zu früh verkauft, jetzt werden wir wahrscheinlich einige Werte zu früh kaufen. Entscheidend für uns ist allerdings nicht das Timing, sondern die fundamentale Entwicklung und die Bewertung der Unternehmen.
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