Themenkommentar LFDE vom 05.12.2022
Die Menscheit kann auf der Erde beruhigt schlafen. So prägnant fasst Elena Adams, Ingenieurin der Mission DART („Double Asteroid Redirection Test“), den Erfolg der weltweit ersten Mission zur planetaren Verteidigung zusammen, die am 24. November 2021 mithilfe einer Falcon9-Rakete von SpaceX gestartet wurde. In 11 Millionen km Entfernung zur Erde gelang es der NASA-Mission, die Umlaufbahn des Asteroiden Dimorphos zu verändern, der sich mit einer Geschwindigkeit von über 22.000 km/h durchs All bewegt. Das Ziel: Den Schutz der Erde und der Menschheit zu testen. Diese symbolträchtige Mission, die an den Film Armageddon erinnert, markiert den Beginn einer neuen Ära und einen Paradigmenwechsel in der Raumfahrtindustrie 2.0. Sie ist das Ergebnis eines Gemeinschaftsprojekts der NASA mit privaten Raumfahrtunternehmen: SpaceX startete das Kamikaze-Raumschiff und Redwire stellte ausrollbare Solarmodule zur Verfügung, die erstmals im Deep Space Verwendung fanden.
Die Auswirkungen dieses Tests zum Ablenken eines erdnahen Objekts – das die Flugbahn der Erde kreuzen könnte – werden von der Hera-Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA analysiert. Ihr Start ist für 2024 geplant. Die Gefahr von Kollisionen mit Trümmern aus der Umlaufbahn findet vor allem in den USA immer mehr Beachtung. Die Federal Communication Commission hat sich kürzlich für neue Regeln für den Umgang mit Weltraumschrott in erdnahen Umlaufbahnen ausgesprochen. Hierbei dürften die Tausenden von Trümmerteilen eine Rolle gespielt haben, die Anfang 2022 durch Russlands Tests mit Anti-Satelliten-Waffen (ASAT) erzeugt wurden.
Ein sicherer und sauberer Weltraum für die Zukunft der Raumfahrt
Eine wesentliche Herausforderung für die Zukunft der Raumfahrt besteht darin, den Weltraum 2.0 sicher zu gestalten. Denn mit zunehmendem Mengen an Weltraumschrott würden auch die Sicherheitsrisiken von Weltraummissionen deutlich steigen. Derzeit umkreisen Hunderttausende von Trümmerteilen die Erde. Mehr als 27.000 Objekte in der Erdumlaufbahn werden derzeit von der NASA als Weltraumschrott eingestuft; dem französischen Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt ONERA zufolge sind es gar 400.000. Schätzungsweise existieren eine halbe Million münzgroße Trümmerteile und über 100 Millionen noch kleinere Fragmente, die derzeitige Technologien noch nicht erfassen können. Die im Bereich Weltraum 2.0 aktiven Unternehmen stellen sich dieser entscheidenden Herausforderung, um den Eintritt von Weltraumschrott in die Atmosphäre frühzeitig zu erkennen und Strategien für dessen Entsorgung zu entwickeln.
Schutz der Menschheit aus dem Weltall
Es werden Lösungen entwickelt, um Trümmerteile mithilfe präziserer Sensoren, künstlicher Intelligenz, Datenaustausch und Konnektivität besser zu identifizieren. Um Satelliten am Ende ihrer Lebensdauer zu steuern und den Weltraum frei von Abfall zu halten, entwickeln zahlreiche Start-up-Unternehmen entsprechende Robotersysteme oder konstruieren robustere Satelliten mit verbesserter Autonomie. Das japanische Start-up Astroscale etwa hat ein Modul für Satellitenbetreiber konzipiert, mit dem Satelliten am Ende ihrer Betriebszeit eingefangen werden können, bevor sie zu Weltraumschrott werden. Das US-amerikanische Unternehmen LeoLabs sowie das italienische Unternehmen D-Orbit arbeiten an einer Kartografierung, um die Reinigung des Weltraums zu erleichtern. Es entstehen immer mehr Lösungen: So hat Benchmark Space Systems kürzlich ein Anti-Kollisionssystem vorgestellt, mit dem kleine Satelliten ihre Umlaufbahn eigenständig verlassen können, um so Trümmern und anderen Raumfahrzeugen auszuweichen.
Die Strategien zur planetaren Verteidigung sollen die Menschen vor dem Schicksal der Dinosaurier bewahren, deren Aussterben Experten zufolge durch einen Asteroideneinschlag verursacht wurde. Visionäre Unternehmer und hochmoderne Technologien ermöglichen heute Strategien, die an Hollywoodfilme erinnern – allerdings ohne Bruce Willis am Steuer. So wird ein sichereres und produktiveres Terrain für die weitere Erforschung des Weltraums geschaffen.
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