Kommt im Normalfall nicht vor, aber bei extremen Verwerfungen an den Anlagemärkten können einzelne Fonds ihre Liquidität auch mithilfe des sogenannten Gating steuern. Eine Änderung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) macht das seit 2020 möglich. Anteile dieser Fonds werden dann nur noch in beschränktem Umfang zurückgenommen. Das müssen Sie darüber wissen!
Auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise 2008/2009 kamen auch einige offene Immobilienfonds ins Trudeln. Der Auslöser war damals nicht etwa ein plötzlicher Wertverfall der Immobilien in den Fonds. Ganz im Gegenteil: Zeitweilig waren Fondsanteile von Immobilienfonds im Vergleich zu anderen Anlageklassen wenig betroffen. Daraufhin versuchten zahlreiche Anleger, darunter auch große institutionelle Investoren, innerhalb kürzester Zeit ihren Liquiditätsbedarf durch den Verkauf ihrer Immobilienfondsanteile zu decken. Schnelle Verkäufe von Immobilien sind aber schwierig und auch nur unter massiven Preisabschlägen möglich. Einige Immobilienfondsmanager kamen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten beim Liquiditätsmanagement und mussten ihre Fonds vorübergehend schließen.
Der Fehler lag dabei im System: Es erlaubt Anlegern, jederzeit ihre Mittel aus dem Fonds abzuziehen, während die Vermögenswerte im Fonds wesentlich weniger liquide waren. 2013 wurde daraufhin bekanntermaßen die Gesetzgebung für offene Immobilienfonds reformiert, es wurden zum Beispiel Haltefristen eingeführt und die Möglichkeiten für Verkäufe wurden beschränkt.
Gating: Eine Hilfe für das Liquiditätsmanagement für alle Fonds
Weniger bekannt als der Fall der Immobilienfonds ist eine Änderung im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), die mit Wirkung zum 28. März 2020 in Kraft getreten ist. Sie verändert den gesetzlichen Rahmen für alle in Deutschland domizilierten offenen Investmentfonds (DE-ISIN). Vergleichbare Regelungen gelten auch in anderen europäischen Ländern.
Neue Liquiditätssteuerungsinstrumente (LMTs) erlauben seither, den Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen), die Liquidität der von ihnen verwalteten offenen Investmentvermögen noch besser zu steuern. Dazu gehört als relativ mildes Instrument – vor einer vorübergehenden Fondsschließung – auch das sogenannte Gating:
- Fondsgesellschaften können demnach die Rücknahme von Fondsanteilen einschränken und je Inhaber nur noch eine bestimmte Quote des gewünschten Rückgabevolumens zurücknehmen. Das dient – wie bei den offenen Immobilienfonds – dem Schutz des Vermögens der Anleger, die weiter Fondsanteile halten. Sie sollen nicht durch „Notverkäufe“ belastet werden.
- Die Fondsgesellschaft muss über die Maßnahme täglich entscheiden. Sie ist auf 15 Arbeitstage beschränkt und muss gegenüber der BaFin als Aufsichtsbehörde angezeigt und auf der Website der Fondsgesellschaft veröffentlicht werden.
- Die jeweilige konkrete Ausgestaltung der Liquiditätsmanagementtools nach KAGB sowie deren Modalitäten sind im Verkaufsprospekt des jeweiligen Investmentfonds beschrieben – sie sind damit vor dem Kauf von Anteilen bekannt und für die Anleger einsehbar. Sie finden die Verkaufsprospekte für jeden in Deutschland handelbaren Fonds im Fondsfinder von FondsSuperMarkt.
Rechtsgrundlage der Rücknahmebeschränkung
Nach § 98 Abs. 1 b KAGB kann eine KVG in den Anlagebedingungen mit dem Anleger vereinbaren, dass sein in § 98 Abs. 1 KAGB verankertes Recht, die Anteile mindestens zweimal im Monat (in der Praxis häufig börsentäglich) zurückgeben zu dürfen, kurzfristig beschränkt werden darf. Voraussetzung ist, dass die Rückgabeverlangen der Anleger einen zuvor festgelegten Schwellenwert überschreiten, ab dem die Rückgabeverlangen aufgrund der Liquiditätssituation der Vermögensgegenstände des Sondervermögens nicht mehr im Interesse der Gesamtheit der Anleger ausgeführt werden können. Diese Maßnahme darf höchstens 15 Arbeitstage in Folge dauern. Macht die KVG von einer Rücknahmebeschränkung Gebrauch, hat sie über die Aktivierung und Aufhebung unverzüglich die BaFin zu informieren und bei Publikumsfonds dies zusätzlich auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen.
Die Maßnahme ist derzeit für OGAW, gemischte Sondervermögen und Spezialfonds zulässig. Für Sonstige Investmentvermögen, Dach-Hedgefonds, Immobilien-Sondervermögen und Hedgefonds sollen weiterhin die entsprechenden Spezialregelungen zur Liquiditätssteuerung gelten.
Was passiert, wenn ein Gate bei einem Fonds aktiv ist?
Wird ein Verkaufsauftrag von Fondsanteilen platziert und die KVG nimmt Gating in Anspruch, erhält die Depotbank als depotführende Stelle die Information, dass die Fondsgesellschaft nur einen bestimmten Anteil des gewünschten Rücknahmevolumens annimmt (Gating-Quote). Die Bank kann in der Folge nur diesen Anteil (z. B. 30%) gegenüber dem Kunden ausführen und den Verkaufserlös entsprechend gutschreiben. Der Rest des Auftrags verfällt.
Wie wird der Auftraggeber informiert?
Die Depotbank wird den Verkaufsauftrag gemäß der von der KVG kommunizierten Gating-Quote anpassen und dies auf der Verkaufsabrechnung ausweisen.
Beispiel: Pro-Rata-Ansatz mit Verfall der Restorder
Investmentfonds X hat mit seinen Anlegern vereinbart, dass die Rücknahmen der Anteile beschränkt werden können, wenn die Rückgabeverlangen der Anleger an einem Bewertungstag einen Schwellenwert von 10% des NAV (Net Asset Value; Anteilspreis) überschreiten. Die Rücknahmebeschränkung darf insgesamt bis zu 15 Arbeitstage dauern; die Liquiditätssituation und eine daraus folgende Beschränkung müssen jedoch (bei börsentäglicher Rücknahme) täglich neu festgestellt werden. Am Tag 0 beträgt der NAV 10.000. Die depotführende Stelle setzt am Tag 0 Kundenorders für den Fonds X in Höhe von 2.000 (hier: 20% des NAV) ab. Die Rückgabeverlangen der Anleger überschreiten den festgesetzten Schwellenwert von 10% (1.000) um 1.000. Die KVG aktiviert nach Beurteilung der Liquiditätssituation des Fonds im Interesse der Anleger die Rücknahmebeschränkung und begrenzt die Orders für Tag 0 auf 1.000. Damit können die an diesem Tag eingegangenen Orders in Höhe von 1.000 nicht bedient werden. Darüber informiert sie die BaFin und die Anleger auf der Internetseite. In der Orderabwicklung werden die abge setzten Orders für Tag 0 anteilig in Höhe von 50% (1.000) bedient (gleich für jede Order). Die Restorders in Höhe von 50% (1.000) verfallen.
Für die am folgenden Tag eingehenden Orders (Tag 1) muss die KVG neu bewerten, ob die Rücknahmen für Tag 1 erneut beschränkt werden. Der Anleger hat die Möglichkeit, von der KVG frühestens am nächsten Abrechnungstag (Tag 1) erneut die Rückgabe von Fondsanteilen zu verlangen. Die KVG entscheidet daher börsentäglich (bei einer börsentäglichen Rückgabemöglichkeit), ob und auf Basis welcher Quote sie die Rücknahme beschränkt. Die KVG kann maximal an 15 aufeinander folgenden Arbeitstagen die Rücknahme auf diese Weise beschränken.
Gating wird NICHT zum Regelfall!
Offene Investmentfonds sind eine hervorragend regulierte, kontrollierte und besonders flexible Form der Vermögensanlage. Nur in wirklichen Ausnahmenfällen, die von der KVG zu begründen sind, kann die Rücknahme von Anteilen beschränkt werden. In „normalen“ Börsenzeiten wird das nicht der Fall sein. Nur bei extremen Verwerfungen an den Anlagemärkten oder umfassenden Sanktionen - wie kürzlich in Bezug auf Russland - , kann es bei einzelnen Fonds erforderlich werden, die Liquidität auch mithilfe von Gating zu steuern.
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