Update Euro-Unternehmensanleihen: Das Virus ändert (fast) alles
Aktuelle Marktsituation
Ein schlagartig massiv verschlechterter weltwirtschaftlicher Ausblick, Risikoreduktion bei Investoren und gewaltiger plötzlicher Finanzierungsbedarf in vielen Branchen haben einen geradezu „perfekten Sturm“ an den Unternehmensanleihemärkten entfacht. Selbst die an sich hochliquiden US-Staatsanleihemärkte blieben zeitweilig nicht von Verwerfungen verschont. Gewaltige Fiskalprogramme und enorme Liquiditätshilfen der Notenbanken haben aber recht zügig erst einmal den allergrößten Druck aus den Märkten genommen. In diesem Zusammenhang war das Umschwenken der US-Notenbank, die nunmehr auch bereit ist, Unternehmensanleihen zu kaufen, zweifellos ein „game changer“. Wenngleich die Liquiditätssituation an den Kreditmärkten noch immer etwas angespannt ist, konnten bereits zahlreiche Unternehmen wieder Neuemissionen platzieren. Allerdings mussten sie dafür teilweise deutlichen Renditeaufschläge zum Sekundärmarkt bieten. Die zurückliegenden zwei Wochen haben dennoch eine wahre Flut an Neuemissionen gesehen; teilweise wurden neue Rekordmarken gesetzt.
Zu beobachten ist, dass der CDS-Markt und die Kassamärkte derzeit divergieren: Während es bei den CDS recht deutliche Erholungen gab, war eine solche bei den Kassapreisen bislang kaum zu verzeichnen. Ein Faktor dabei sind die sehr zahlreichen Neuemissionen. Sie werden mit teils erheblichen Renditeaufschlägen zum Sekundärmarkt platziert und führen dementsprechend zu einem signifikanten Re-pricing bei den Kassakursen bestehender Emissionen. Festzustellen ist dabei auch, dass sich die Credit-Märkte (gemessen an den CDS-Kursen) bislang weniger stark erholt haben als die Aktienmärkte und die Akteure dort die wirtschaftlichen Perspektiven offenbar weniger optimistisch einschätzen als die Marktteilnehmer auf den Aktienmärkten.
Bestimmte Probleme in einigen Branchen bestanden zugleich ja auch schon vor dem Ausbruch der Pandemie. Sie haben sich allerdings nochmals deutlich verschärft. Vor allem in den USA etwa betrifft das sehr stark den Energiesektor, speziell die Schieferöl-/Schiefergasindustrie. In Europa – aber eigentlich weltweit – steckte die Autobranche einschließlich seinen Zulieferern auch schon vor Corona in erheblichen Schwierigkeiten. Tourismusunternehmen und andere Dienstleister sind durch die Krise als neue große Sorgenkinder hinzugekommen.
Die Ratingagenturen haben – wenig überraschend – zahlreiche Herabstufungen vorgenommen und viele bestehende Ratings sind „under review“. Eine Welle weiterer negativer Ratinganpassungen in den kommenden Wochen ist faktisch sicher.
Markt-Ausblick
Die Anleihekurse reflektieren diese Perspektive bereits in erheblichem Umfang. Das bedeutet aber nicht, dass die Kurse schon „ihren Boden" gefunden haben. Es sind zweifellos Szenarien möglich, in denen es zu weiteren Kursrückgängen kommt. Ebenso sind aber auch Entwicklungen realistisch denkbar, die wesentlich weniger negativ verlaufen.
Euro-Unternehmensanleihen in den Investmentgrade- und High-Yield-Segmenten widerspiegeln in fast allen Ratingklassen aktuell bereits sehr extreme Ausfalls- und Recovery-Szenarien. Kreditrisikoprämien der Ratingkategorien AA bis B kompensieren bereits für Ausfallsraten, die nie zuvor registriert wurden. Selbst unter der Extrem-Annahme einer Recovery Rate von null Prozent wären sogar Ausfallsraten, wie sie in der Großen Depression der 1930er Jahre zu beobachten waren, überkompensiert. Hinzu kommt, dass Geld- und Fiskalpolitik in ungleich stärkerem Maße engagiert sind als damals. Die Ratingagentur Moodys legt sich beispielsweise auch nicht auf ein Szenario fest, sondern operiert mit drei verschiedenen Szenarien und versucht, eine wahrscheinlichkeitsgewichtete Aussage daraus abzuleiten. Moody’s erwartet in Abhängigkeit der Szenario-Annahmen einen Anstieg globaler Ausfallsraten auf 6,8 % (kurzer, heftiger Abschwung), 16,1 % (Finanzkrise) oder gar 20,8 % (sehr schwere Rezession/Depression).
Diese breite Streuung der Schätzungen veranschaulicht gut das allgemeine Dilemma – sowohl für Investoren als auch Emittenten. Mangels Visibilität zu Dauer und zum Umfang der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sind das Ausmaß der Umsatzeinbußen und künftige Kapitalerfordernisse kaum abschätzbar – weder für Unternehmen noch für Investoren. Weitgehend unklar ist darüber hinaus die weitere Geschäftsentwicklung nach dem Ende der Quarantäne-Maßnahmen. Die Welt post-Corona könnte sich in vielerlei Hinsicht erheblich von der Welt unterscheiden wie wir sie bisher kennen.
Credits: Mit der Einschränkung, dass sich in der aktuellen Situation angesichts extrem hoher Unwägbarkeiten allerorten und kaum vorhandener Visibilität nur sehr bedingt Aussagen treffen lassen, bleibt das Fondsmanagement vorsichtig optimistisch für den Investmentgrade-Bereich gestimmt. Auf Sicht der kommenden 12 Monate werden wieder engere Spreads erwartet. Für das Investmentgrade-Segment dürften sie in rund einem Jahr ungefähr bei 190 liegen. Zu beachten ist beim Thema „eingepreiste Szenarien“, dass die Marktpreise und Spreads natürlich nicht nur Ausfalls- und Downgrade-Wahrscheinlichkeiten wiederspiegeln, sondern in erheblichem Umfang auch Liquiditätsprämien enthalten. Diese dürften sich bei einer Marktberuhigung und verbesserter Visibilität auch wieder spürbar zurückbilden.
Ein latentes Risiko stellen zweifellos weiterhin die BBB-gerateten Anleihen dar, die bei Herabstufungen ins High-Yield-Segment abrutschen könnten („fallen angels“). Wie stark dieses Risiko jedoch tatsächlich schlagend wird, lässt sich derzeit kaum vorhersagen, zumal Fiskalprogramme und Notenbankkäufe gerade im Investmentgrade-Segment als unterstützende Faktoren wirken. Mögliche weitere Maßnahmen der Regierungen und/oder Notenbanken könnten etwaige Prognosen auch im positiven Sinne jederzeit über den Haufen werfen.
HighYield: Inmitten vieler Negativnachrichten sollte nicht übersehen werden, dass sich der Euro-High-Yield-Markt seit der Globalen Finanzkrise vor 10 Jahren stark gewandelt hat und heute eine erheblich höhere Emittentenqualität aufweist als damals. Während 2008/2009 rund 40 % der Emittenten BB geratet waren, sind es heute über 70 %. Das wird natürlich nicht verhindern können, dass die Ausfallsraten kräftig ansteigen werden, je nachdem, welches weltwirtschaftliche Szenario schlagend wird. Die Unternehmen im High-Yield-Segment sind aber zumindest in Europa im Allgemeinen finanziell solider aufgestellt als noch vor 10 Jahren. Das Fondsmanagement sieht die von der Ratingagentur Moody’s im extremen Szenario veranschlagten Ausfallsraten als äußerst pessimistisch an.
Es spricht vieles dafür, dass die aktuellen Kursniveaus trotz der verschlechterten weltwirtschaftlichen Perspektiven auf langfristige Sicht werthaltig sind und grimmigere Szenarien einpreisen, als sie letztlich eintreten werden. Dennoch sind auch tiefere Kursniveaus – insbesondere temporär – nicht auszuschließen, sind doch High-Yield-Spreads (mit aktuell ca. 720 Basispunkten) noch recht weit von den Extremwerten entfernt, die sie zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008 erreicht hatten und die beispielsweise im Falle einer längeren, schweren Rezession denkbar wären.
Es spricht vieles dafür, dass auf Gesamtmarktebene die schlimmsten Kursrückgänge und Spreadausweitungen hinter uns liegen. Ob damit bereits „der“ Boden erreicht wurde, lässt sich naturgemäß immer nur rückblickend beantworten. Es ist für Investmententscheidungen aber auch nur bedingt relevant, zumal Indizes und Gesamtmarktbetrachtungen ja auch nur wenig Aussagekraft für die konkrete Situation bei den Unternehmen im Fondsportfolio haben. Manchem mag es angesichts der stark verschlechterten weltwirtschaftlichen
Situation paradox erscheinen, aber Investments in Unternehmensanleihen weisen derzeit sicherlich ein deutlich besseres Risiko-Ertragsprofil auf als etwa zu Jahresbeginn oder zu vielen anderen Zeitpunkten der letzten Jahre. Wir bleiben auch in der Krise und unter teils sehr schwierigen Marktbedingungen unserem langjährig
bewährten Fokus auf Qualität treu. Gute Einzeltitelauswahl und ein konsequentes Risikomanagement bleiben wesentliche Erfolgsfaktoren und Performancetreiber. Auch wenn die Ergebnisse der Vergangenheit naturgemäß keine Rückschlüsse auf die Zukunft zulassen, ist das Fondsmanagement sehr zuversichtlich, auch künftig mit seinen langjährig bewährten Strategien und seiner Expertise Mehrwert für die Fondsanleger zu schaffen.
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