Raiffeisen Capital Management "Märkte unter uns" September 2020

Volatiler Herbst?

Die Urlaubssaison neigt sich dem Ende zu, aber von einer Sommerpause am Aktienmarkt war nichts zu bemerken. So stieg der Weltaktienindex auf Eurobasis seit der letzten kleinen Korrektur Mitte Juni um immerhin 10 %, während im selben Zeitraum der amerikanische Aktienindex S&P 500 um satte 16 % und der Technologiemarkt-Index NASDAQ sogar um 25 % auf Dollarbasis nach oben kletterte. Die US-Aktienmärkte erreichten also im Verlauf des Sommers neue Allzeithöchststände. Dass diese inmitten einer schweren Krise der Realwirtschaft zustande kommen – genau genommen in der schwersten Wirtschaftskrise seit dem zweiten Weltkrieg – ist trotz der Maßnahmen von Regierungen und Notenbanken bemerkenswert. Die Marktindizes von Europa, der Pazifikregion und der Emerging Markets sind hingegen von Höchstständen oder gar Allzeithöchstständen noch ein Stück weit entfernt. Abgesehen von dieser regionalen Divergenz zwischen den USA und dem Rest der Welt gibt es aber weitere ungewöhnliche Detailaspekte. Zunächst ist der Auslöser der Wirtschaftskrise – das Coronavirus – bis dato weiter auf dem Vormarsch, wobei jüngst mit global 25 Millionen Infektionen eine neue Rekordmarke überschritten wurde. Auch ist noch kein effektiver Impfstoff ausreichend getestet und zugelassen. Die Unternehmensergebnisse werden wohl erst im Frühjahr 2021 wieder positives Wachstum aufweisen. Neben zahlreichen technischen Indikatoren und Stimmungsumfragen, die auf eine überkaufte Marktsituation bzw. eine schon überhitzte Anlegerstimmung hinweisen, sind zuletzt auch die politischen Risiken wieder angestiegen. Wir bleiben daher in Erwartung einer volatileren Marktphase in den Herbst hinein bei Aktien leicht untergewichtet.

Rentenmärkte: Stärkerer Euro dämpft Fremdwährungsertrag

Zuletzt ist es mangels neuer Impulse an den Märkten etwas ruhiger geworden. Die globalen Notenbanken leisten ganze Arbeit, wobei die Aussagen der USNotenbank zu ihrer neuen strategischen Ausrichtung etwas Renditeauftrieb bei langen Laufzeiten ergab. Und die – wenn überhaupt – niedrigen laufenden Staatsanleihe-Renditen liefern wenig Puffer bei selbst nur leichten Renditeanstiegen. Für Euro- Investoren schlägt sich auch der seit Jahresbeginn schwächere US-Dollar (minus 6 %) im Ertrag der USPapiere
nieder. Generell gibt es aber weiter gute Nachfrage nach Anleihen mit Renditeaufschlag, sogenannten Spread-Produkten wie Emerging-Market- oder Unternehmensanleihen, wenn auch die Sommermonate etwas ruhiger verliefen. Europäische High-Yield-Anleihen beispielsweise liegen zwar seit Jahresbeginn noch im Minus, können aber Monat für Monat aufholen. Die Investorenstimmung hat bereits seit längerem ins Positive gedreht, die Jagd nach Rendite ist ungebrochen. Aktuell drückt nur der starke Euro die Fremdwährungserträge.

Aktien: Hoffnung beflügelt

Alle Blicke sind auf den US-Markt gerichtet, der bereits wenige Monate nach dem Covid-19-Schock neue Allzeithochs erreichen konnte. Dies gilt nicht nur für die Tech-Börse NASDAQ, sondern mittlerweile auch für den breiten Markt S&P 500, obwohl oft relativ wenige Aktien den Markt nach oben treiben. Generell haben in den traditionell umsatzschwächeren Sommermonaten die Börsen weiter zugelegt. Alle? Fast alle. Lediglich Lateinamerika und Russland (jeweils mit hohem negativen Währungsbeitrag) und damit auch Osteuropa waren schwächer, China und damit Asien notierten deutlich fester. China publiziert bereits positive Konjunktur-Frühindikatoren, wie auch die USA und teilweise Europa. So konnten auch Märkte der „Old Economy“ wie der DAX oder der Dow- Jones-Index gut zulegen. Aktuell werden globale Höchststände bei den Covid-19-Infektionen gemeldet, aber die Erwartung einer raschen Konjunkturerholung, wesentlich gestützt durch staatliche Mittel und die Hoffnung auf rasche Verfügbarkeit eines Covid-19-Impfstoffs beflügeln die Märkte. Derzeit.

Rohstoffe und Währungen: Seit Mai Erholung bei den Rohstoffen

In einem freundlichen Kapitalmarktumfeld setzte sich die Erholung bei den Rohstoffpreisen generell fort. Neben sektorspezifischen Unterstützungsfaktoren profitiert der Rohstoffbereich aktuell zusätzlich von der Entwicklung bei den Realzinsen und einem schwächeren Dollar. Das gilt insbesondere für den Goldpreis, der nach einem Höchststand Anfang August zuletzt jedoch leicht zurückgegangen ist. Im Schatten der Gold-Euphorie stieg heuer der Preis für Silber noch wesentlich stärker an. Industriemetalle und Energiepreise sind ebenfalls weiter leicht im Aufwind, wobei die Preise für Öl und Gas seit Jahresbeginn noch deutlich im Minus liegen. Am Devisenmarkt hält aktuell der Euro seine Stärke gegenüber den wesentlichen Währungen und die 2020 bereits stark unter Druck gekommenen Währungen der Emerging Markets konnten sich zuletzt kaum erholen. Im Gegenteil, einige Währungen, wie Türkische Lira, Argentinischer Peso oder Brasilianischer Real, verloren im letzten Monat wieder recht deutlich.

Globale Konjunktur: Es ist noch nicht überstanden

Im Gegensatz zu den viel beachteten Einkaufsmanagerindizes, die unter anderem in den USA wieder über die Expansionsschwelle angestiegen sind und dementsprechend Zuversicht versprühen, fallen die Umfragen unter Geschäftsführern und kleinen Unternehmern eher verhalten aus. Auch wenn hier nach dem starken Einbruch ebenfalls eine deutliche Erholung der Stimmungslage einsetzte, so sind die jüngsten Umfragewerte wieder schwächer ausgefallen. Generell stellt sich die Frage der nachhaltigen Wirtschaftserholung bis die Pandemie mit einem effektiven Impfstoff eingedämmt ist. Eine schlagartige Verbesserung
nach dem Lockdown mit Unterstützung der Finanzhilfen war zu erwarten, eine schnelle Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist hingegen fraglich. Auch die Entwicklung der künftigen Erwartung seitens der US Konsumenten zeigt wieder – anders als in Europa – deutlich nach unten und die US-Konsumenten zeigen sich derzeit auch im Hinblick auf geplante größere Anschaffungen recht zurückhaltend.

Geld-/Kapitalmarkt: Noch lange keine Zinsschritte?

Die Federal Reserve hat auf ihrer jährlichen, stets vielbeachteten und heuer großteils virtuellen Konferenz in Jackson Hole, Wyoming, unter dem Titel „Navigating the Decade Ahead“ ihren neuen geldpolitischen Kurs erläutert: Sie will künftig ein flexibles durchschnittliches Inflationsziel verfolgen, worunter der Preisauftrieb seinen bisherigen langfristigen Zielwert von 2 % für gewisse Zeit überschreiten kann. Folglich sind bei einer Rückkehr des Arbeitsmarkts zu alter Stärke nicht zwingend Zinsmaßnahmen zu erwarten, solange Inflationsanstiege deutlich über 2 % ausbleiben. Davon sind wir mit Inflationsraten um 1 % aktuell weit entfernt, erste Zinsschritte werden daher noch länger warten können. Dennoch ist die US-Zinskurve bereits etwas steiler geworden, die Renditen längerer Laufzeiten haben zuletzt leicht angezogen.
Wenig Neues hingegen bei der EZB, diese ist weiter aktiv bei ihrer Liquiditätsversorgung durch die neuen Ankaufprogramme (PEPP) bzw. Refinanzierungsgeschäfte für Banken (TLTRO).

Staats- und Unternehmensanleihen: Suche nach Rendite

Die stärksten positiven Treiber werden unserer Meinung nach die stimulierenden Notenbankmaßnahmen, die nach der Sommerpause wieder stärker ausfallen sollten, sowie weiterhin verbesserte Konjunkturdaten sein. Damit bleiben „Spread-Assets“ wie Emerging- Market- oder Unternehmensanleihen am Anleihen- Markt weiterhin die attraktivsten Segmente und wir bleiben daher bei diesen Anleihen stark übergewichtet. Dazu erhöhen wir das Übergewicht von High-Yield-Anleihen in US-Dollar moderat, das Übergewicht bei Euro-Unternehmensanleihen und Hartwährungsanleihen aus Emerging Markets bleibt unverändert bestehen. Ein intakter Primärmarkt, hohe Cash-Bestände der Unternehmen, Stützungskäufe der Notenbanken und bessere Konjunkturindikatoren, deren rasche Erholung von Analysten nach wie vor nicht antizipiert
werden kann, sprechen für Unternehmensanleihen. Am High-Yield-Markt wurden Ausfallsraten von über 15 % erwartet. Gepreist werden nur noch 4,4 % (Europa) bzw. 6,9 % (USA).

Aktien USA und Europa: Konzentration auf wenige Sektoren

Die Rally am (US-)Aktienmarkt hat sich im August entgegen der Erwartung noch einmal beschleunigt, wenngleich es an neuen fundamentalen Impulsen mangelt. Die Phase der positiven Überraschungen sowohl in der Konjunkturlage wie auch bei den Unternehmensergebnissen wird sich wohl nicht derart fortsetzen können. Doch die Outperformance der amerikanischen Aktien hält weiter an, dies hängt sowohl mit der Indexzusammensetzung (hohes Gewicht von Wachstumswerten aus den Sektoren Technologie, Healthcare etc.) als auch der besseren Gewinnentwicklung zusammen. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Wochen beschleunigt (siehe dazu die Grafik: Technologiebörse NASDAQ gegen breiter Markt Europa). Die Bewertung der Wachstumswerte ist bereits sehr hoch und vereinzelt kommt es zu Exzessen, die an die
Dotcom-Bubble vor 20 Jahren erinnern, wie beispielsweise Kurssprünge bei Ankündigung von Stocksplits oder Börsengängen über Spezialvehikel. Wir sehen das als Anzeichen von Übertreibungen und sind daher vorsichtig, also in amerikanischen Titeln weiter untergewichtet.

Emerging Markets: Vor allem Anleihen attraktiv

Asien, die wichtigste Region der Emerging Markets ist global gesehen bisher am besten durch die Krise gekommen. Die Kombination aus hartem Lockdown und konsequentem Tracing haben dazu geführt, dass man wohl dort am ehesten von einer v-förmigen Erholung sprechen kann. In Asien kommt es zwar auch zu einem leichten Rückgang bei der Gewinnentwicklung, Lateinamerika und Osteuropa verzeichnen aber vergleichsweise dramatische Gewinneinbrüche. Auf der Suche nach real positiven Renditen drängten sich Emerging-Market-Hartwährungsanleihen nahezu auf. Unser Übergewicht von dieser Anleiheklasse bleibt weiterhin aufrecht, dagegen sind europäischen Staatsanleihen weiter untergewichtet. Das größte Risiko für die Ertragserwartung dieser Positionierung sind wohl ein wieder stärker auflodern - der Konflikt zwischen den USA und China und die damit verbundenen Kollateralschäden für den globalen Handel, unter Umständen noch vor der anstehenden US-Präsidentschaftswahl.

Taktische Asset-Allocation September

Die Taktische Asset Allocation steuert marktorientierte Mischfonds wie die Raiffeisen-Strategiefonds auf kurze bis mittlere Sicht. Die Positionierungen des Fondsmanagements können sich von anderen Kapitalmarktanalysen (z. B. Raiffeisen RESEARCH) unterscheiden.

Aktuelle Aktiengewichtung in Strategiefonds:

  • Konjunktur: V-förmige Wirtschaftserholung in Divergenz zum Hoch am US-Aktienmarkt unrealistisch; Positive Überraschungen bei Wirtschaftsdaten werden bei steigenden Infektionszahlen abnehmen
  • Unternehmensdaten: Negatives Gewinnmomentum dürfte Tiefpunkt durchschritten haben, aber auch Q3 & Q4/2020 im Jahresvergleich klar negativ; Analysten bleiben bei Gewinnrevisionen verhalten
  • Marktstimmung: Anzeichen von Überhitzung in der Anlegerstimmung; Fehlende Marktbreite bei US-Aktienhöchststand; Technische Konsolidierung/Korrektur angezeigt
  • Spezialthemen: Politische Risiken: US-Wahlkampf, Konflikte mit China; Steigende Covid-19-Infektionen vs. Hoffnung auf Impfung in absehbarer Zeit; Liquiditätsmaßnahmen der Notenbanken & Fiskalpakete der Regierungen
  • Positionierung – weitgehend unverändert: Ein Schritt Aktien untergewichtet gegen Geldmarkt; Innerhalb der Aktien Europa und Pazifik – zulasten USA – übergewichtet, Emerging Markets neutral; Anleihen: Unternehmensanleihen weiter übergewichtet, US- und globale Staatsanleihen nun neutral, Euro untergewichtet

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der Wertentwicklung werden individuelle Kosten wie beispielsweise Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag, Depotgebühren des Anlegers sowie Steuern nicht berücksichtigt. Diese würden sich bei Berücksichtigung mindernd auf die Wertentwicklung auswirken. Die maximale Höhe des Ausgabeaufschlages bzw. eines allfälligen Rücknahmeabschlages kann dem Kundeninformationsdokument (Wesentliche Anlegerinformationen) bzw. dem vereinfachten Prospekt (Immobilien-Investmentfonds) entnommen werden. Die Performance von Portfolios wird von der Raiffeisen KAG zeitgewichtet (Time Weighted Return, TWR) oder kapitalgewichtet (Money Weighted Return, MWR) [siehe die genaue Angabe im Präsentationsteil] auf Basis der zuletzt bekannten Börse- und Devisenkurse bzw. Marktpreise bzw. aus Wertpapierinformationssystemen berechnet. Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Portfolios zu. Wertentwicklung in Prozent (ohne Spesen) unter Berücksichtigung der Wiederveranlagung der Ausschüttung. Die veröffentlichten Prospekte bzw. die Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG sowie die Kundeninformationsdokumente (Wesentliche Anlegerinformationen) der Fonds der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. stehen unter www.rcm.at in deutscher Sprache (bei manchen Fonds die Kundeninformationsdokumente zusätzlich auch in englischer Sprache) bzw. im Fall des Vertriebs von Anteilen im Ausland unter www.rcm-international.com in englischer (gegebenenfalls in deutscher) Sprache bzw. in ihrer Landessprache zur Verfügung. Die veröffentlichten Verkaufsprospekte des in dieser Unterlage beschriebenen Immobilienfonds stehen unter www.rcm.at in deutscher Sprache zur Verfügung. Die Vervielfältigung von Informationen oder Daten, insbesondere die Verwendung von Texten, Textteilen oder Bildmaterial aus dieser Unterlage bedarf der vorherigen Zustimmung der Raiffeisen KAG.