Raiffeisen Capital Management "Märkte unter uns" Januar 2021

Medizin, Impfungen und Rezepte

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel spricht in ihrer Silvesteransprache wohl allen aus der Seele, wenn sie meint: „Nie in den letzten 15 Jahren haben wir alle das alte Jahr als so schwer empfunden – und nie haben wir trotz aller Sorgen und mancher Skepsis mit so viel Hoffnung dem neuen Jahr entgegengesehen”. Wobei, wenn man nur auf die Kapitalmärkte im Jahresvergleich blickt, könnte man zur Auffassung gelangen, da sei ja nichts geschehen: Aktien global und USA deutlich positiv, Renditen stabil tief. Das alles war jedoch nur durch massive Fiskalpakete und der Flutung der Geldmärkte mit Zentralbankgeld möglich. Die EZB und die anderen führenden Notenbanken pumpen hunderte Millionen in das System – stündlich –, eine wirkungsvolle Medizin, die ja den Virologen aktuell noch immer fehlt. Die Covid-19-Impfprogramme stehen nun vor der Tür, weitere Rezepte für das Wirtschaftssystem müssen noch folgen: Abbau, oder zumindest Kontrolle der Schulden und sanftes Zurückfahren der umlaufenden Geldmenge. Das bedarf hoher Sorgfalt und Weitsicht. Immerhin, dass aus der Covid-19-Krise und unvermeidlichen Wachstumseinbrüchen keine Finanzkrise mit weitreichenden Folgen entstanden ist, ist ein großer Erfolg. Und es gibt auch 2021 gute Chancen für Investoren, vor allem in den Aktienmärkten, auch in den Emerging Markets! Aber ist eine Verfünffachung des Kurses der Aktie eines Autoherstellers mit knapp 500.000
Einheiten Jahresproduktion (zugegebenermaßen ein Innovationsführer) gerechtfertigt? Zum Vergleich, der VW-Konzern produziert diese Stückzahl in zwei bis drei Wochen. Ist ein 500 %-Anstieg von Bitcoin – gerne als „Krypto- Währung“ bezeichnet – von März 2020 bis zum Jahreswechsel nicht Indikation eines sichtbaren Exzesses durch das Gratisgeld der Notenbanken? Es werden wohl noch weitere Rezepte benötigt …

Rentenmärkte: Man konnte 2020 auch mit Renten verdienen

Auch wenn die Renditen generell noch nie gesehene Tiefstände aufweisen – mehr als ein Viertel des Volumens der globalen Rentenmärkte und drei Viertel der Euro-Staatsanleihen zeigen negative Renditen – es konnten auch 2020 Erträge mit Anleihen erzielt werden. Allen voran die Euro-Peripherie und Unternehmensanleihen, aber sogar deutsche Staatsanleihen weisen Kursgewinne über das Jahr 2020 auf. Vor allem können aber Unternehmensanleihen, besonders auch High-Yield-Anleihen, nach einem ausgezeichneten vierten Quartal von den wieder starken Aktienmärkten und Konjunkturerwartungen profitieren. Dazu kommen noch die Anleihen der Emerging Markets: Bei den Hartwährungen hat sich durch die zuletzt sehr gute Performance die Jahresentwicklung nun ins Positive gedreht, die Lokalwährungsanleihen haben ebenfalls gut aufgeholt, jedoch drücken noch die zumeist schwachen Währungen auf das Ergebnis. Auch bei US- oder UK-Anleihen ist ein negativer Beitrag der Währungen von rund 8 bzw. 6 % für 2020 zu berücksichtigen.

Aktien: Wer hätte im Frühjahr 2020 ein gutes Aktienjahr erwartet?

Trotz Covid-19 und der damit ausgelösten globalen Rezession, war das Jahr 2020 ein recht gutes Aktienjahr, sofern man auf die richtigen Sektoren und Regionen blickt: Die Aktien der Emerging Markets konnten aus dem turbulenten Jahr als einer der klaren Gewinner hervorgehen. Dies ist jedoch nahezu ausschließlich dem asiatischen Raum zu verdanken, der anfangs ja sogar im Zentrum des „Corona-Sturms“ lag. Ein weiterer Gewinner sind die USA mit den Technologie- und Internet-Schwergewichten sowie „Big Pharma“ in den Aktienindizes. Das Jahr endete sogar mit einem Kursfeuerwerk, ausgelöst durch den Wahlsieg Joe Bidens und Ankündigungen zu Impfstoff-Zulassungen, trotz Rekordzahlen bei den Neu-Infektionen. Einige US-Indizes erreichten wieder neue Allzeithochs und die Nachzügler-Börsen, vor allem aus Europa und den Emerging Markets, also die Old Economy, konnten recht gut aufholen. Dennoch war 2020 ein Jahr der Technologie, Internet- und Pharma-Titel, hingegen waren Grundstoffe, Energieund Finanzwerte die Verlierer des Jahres.

Rohstoffe und Währungen: Beruhigung nach der Krise

Die Preisturbulenzen an den Rohstoffmärkten haben sich wieder etwas gelegt. Die konjunktursensiblen Industriemetalle kletterten kontinuierlich und vor allem im vierten Quartal weiter nach oben, angeführt von Aluminium und Kupfer. Auch die Energiepreise – ein Öl-Terminkontrakt hat im April sogar kurz die Null- Linie unterschritten – haben sich wieder gefangen, das Gesamtjahr blieb negativ. Gewinner des Krisenjahres waren nicht unerwartet aber die Edelmetalle. Der Euro hat ein starkes Jahr gesehen, er legte gegen den US-Dollar 8 % zu, etwas weniger auch gegen die anderen Weltwährungen. Die Gemeinschaftswährung ist jedoch nicht überbewertet, sondern liegt nun wieder beim Durchschnittswert seit der Einführung vor über 20 Jahren und auch nahe der Kaufkraftparität. Die Währungen der Emerging Markets kamen 2020 hingegen gehörig unter Druck, wobei wiederum Asien besser abgeschnitten hat. Die Währungen der Schwellenländer aus Lateinamerika, Russland und der Türkei konnten sich hingegen seit März/April kaum erholen.

Globale Konjunktur: Covid-19 hat uns noch immer im Griff, aber Zuversicht wächst

Mit der Angelobung von Joe Biden am 20. Januar 2021 zum 46. Präsidenten der USA wird allgemein eine Ära wiedergewonnener Pakttreue, Berechenbarkeit und Multilateralismus erwartet. Das ist für die globale Wirtschaftsentwicklung nicht unbedeutend, aber es sind auch weiterhin Fragen offen, etwa zum Umgang mit der Covid-19 Pandemie. Momentan wird von einer reibungslosen Impfaktion ausgegangen, zusätzlich stellt sich auch die Frage nach dem Ausmaß fiskalischer Maßnahmen für 2021 und einer dafür nötigen Mehrheit im Senat. Nach wie vor gelten Fortschritte bei der Durchimpfung als Markttreiber. Eine überdurchschnittlich hohe US-Sparquote von knapp 15 %, dazu starkes Kreditwachstum in Europa und den USA sind Potenzial für ein gutes Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren und führen auch schon zu wieder steigenden langfristigen US-Inflationserwartungen. Die Kombination aus großzügiger Fiskalpolitik, global lockerer Geldpolitik und der Aussicht auf eine Erholung bei den Unternehmensgewinnen unterstützt die positive Stimmung.

Geld-/Kapitalmarkt: Angst vor „Hyperinflation“ unbegründet

Die globalen Notenbanken haben den Märkten Billionen zugeführt, um die Wirtschaft zu stützen. Solange der monetäre Transmissionsmechanismus aber nicht funktioniert, wird die Inflation auch nicht anziehen, die Angst vor Hyperinflation ist derzeit unbegründet. Bei einer erwarteten raschen Erholung der Wirtschaft – das Gelingen der Covid-19-Impfprogramme vorausgesetzt – könnten mittelfristig Unternehmen wie Beschäftigte wieder stärkere Preis- und Lohnforderungen durchsetzen. Damit würde die derzeit praktisch kaum vorhandene Inflation wieder anziehen. So ist ein leichter Anstieg im zweiten Halbjahr zu erwarten, was von den Notenbanken sogar erwünscht wäre, es stehen ja Ziele um 2 % im Raum.
Dass dennoch schon jetzt Potenzial für Renditeauftrieb vorhanden ist, veranschaulicht die Grafik: Der zuletzt stark steigende Preis des konjunktursensiblen Industriemetalls Kupfer (hier als Index in Gold angegeben) und Druck auf die US-Renditen – in der Vergangenheit war diese Korrelation recht deutlich.

Staats- und Unternehmensanleihen: Noch immer Potenzial

Spielraum für Zinsanhebungen ist – zumindest im Euroraum – de facto nicht vorhanden. Nicht nur Länder wie Italien oder Griechenland, sondern zahlreiche weitere Staaten hätten nach den massiven Fiskalpaketen Probleme mit ihrem Schuldenmanagement. Mittlerweile weisen drei Viertel der Euro-Staatsanleihen negative Renditen auf, die Ertragschancen sind entsprechend. Früher hätte das deutlich erhöhte Angebot gepaart mit negativer Realverzinsung ein erhebliches Kursrisiko dargestellt, nunmehr wird, insbesondere im Notfall, mit weiterem Eingreifen der Notenbanken gerechnet. Auch bei den Unternehmensanleihen kamen nach dem Schock im Frühjahr die Risikoaufschläge wieder in die Nähe der Vor-Covid-19-Niveaus zurück und im abgelaufenen Jahr war dann ein Rekord an Neuemissionen zu verzeichnen, das wird sich 2021 in dieser Form nicht wiederholen. Auch wenn die Ausfallsraten moderat steigen werden, die Risikoaufschläge werden sich dadurch insgesamt kaum ändern. Wir sehen deshalb diese Assetklasse (Investmentgrade und High Yield) weiterhin positiv.

Aktien USA und Europa: Ein neuer Bullenmarkt?

Mit den massiven Fiskalpaketen und insbesondere der aktuell ultralockeren Geldpolitik haben die Investoren offensichtlich jegliche Vorsicht abgelegt, die nachlassende Risikoaversion hat zu starken Bewertungserhöhungen geführt. Die Gewinne der Unternehmen werden 2021 ohne Zweifel gegenüber 2020 deutlich steigen. Ob sie aber bereits wieder das Niveau von 2019 erreichen können, ist fraglich. Insofern werden die Anleger mit den ausgeweiteten Kurs-Gewinn-Verhältnissen leben müssen. Dennoch gibt es mittelfristig auch weiterhin genügend unterstützende Faktoren für die Aktienmärkte: Die Erholung der Wirtschaft könnte dem Bullenmarkt die fundamentalen Grundlagen geben, ein US-Präsident Biden für mehr Stabilität und Berechenbarkeit sorgen, dazu kommen weitere Stimuluspakete und Infrastrukturpläne. Wie so oft hat sich Amerika in der Krise besser gehalten als Europa. Aus dieser Sicht gäbe es nun Aufholbedarf. Der niedrige Anteil an „modernen“ Branchen könnte aber wieder einmal gegen den alten Kontinent sprechen.

Emerging Markets könnten vom Aufschwung profitieren

China und Indien, aber auch andere asiatische Länder, werden im Jahr 2021 hohes Wachstum aufweisen, nachdem sie schon 2020 relativ gut abschneiden konnten. Das ist auch an der Gewinnentwicklung der Unternehmen dieser Region abzulesen. Mit Verzögerung folgen nun auch die anderen Regionen und der erwartete globale Konjunkturaufschwung sollte weiter unterstützen. Die wirtschaftlich schwächer aufgestellten Regionen wie Lateinamerika und Südafrika könnten noch länger brauchen, um sich von der Krise zu erholen. Der Nahe Osten leidet an der Ölabhängigkeit und Emerging Europe muss sich weiter sektoral verbreitern, um die Dominanz von Rohstoff-, Energie- und Finanzunternehmen zu reduzieren. Im zu erwartenden Aufschwung 2021 sollten Emerging-Market-Anleihen, auch auf der Lokalwährungsseite, einer der Nutznießer sein. Nachdem sich der asiatische Raum bereits im abgelaufenen Jahr gut entwickelt hat, werden nun auch Osteuropa und Lateinamerika von der Erholung der westlichen Welt profitieren können. Hier haben auch die Währungen noch Potenzial.

Strategische Asset Allocation

Unter der Stratgeischen Asset Allocation verstehen wir die langfristige Beurteilung der verschiedenen Anlageklassen.

Aktien
Nachdem wir in den letzten sieben Handelstagen im März die Aktienquote von 23,5 % auf 33,5 % aufgestockt haben, sind die wichtigsten Aktienmärkte um 25 bis 45 % gestiegen. Aufgrund der höheren Bewertungen reduzierten wir im Q2 die Aktienquote um 6 Prozentpunkte. Abgesehen von US-Aktien bleiben die meisten Märkte jedoch günstig bewertet.

Staatsanleihen
Die Renditen der europäischen Staatsanleihemärkte befinden sich auf extrem niedrigen Niveaus. Auf Sicht der nächsten fünf Jahre erwarten wir hier niedrige (bzw. zum Teil negative) Erträge. Wir halten noch Positionen in Non-Euro-Staatsanleihen, haben die erneuten Renditerückgänge im ersten Halbjahr 2020 aber genutzt, um Positionen abzubauen.

Unternehmens- & EM-Anleihen
Nachdem die starken Spreadausweitungen im Q1 zu Zukäufen bei Euro-Unternehmensanleihen (IG & HY) sowie Emerging-Market-Hartwährungsanleihen genutzt wurden, sind die Risikoaufschläge zuletzt deutlich gefallen und wir haben im Q2 einen Teil der Aufstockung rückgängig gemacht. Die aufgrund gestiegener Risikoaufschläge bei italienischen Staatsanleihen im Q2 eingegangene Position wurde im Q3 geschlossen.

Reale Assets
Im Laufe des Q1 haben wir den Abverkauf bei Energierohstoffen sowohl bei Derivaten (Energierohstoffen) als auch bei Energieaktien zu Zukäufen genutzt. Aufgrund der seitherigen Gegenbewegung wurde in Q2 und Q3 ein Teil der Risikoaufstockung durch Verkäufe bei Edelmetall- und anderen Rohstoff-Futures rückgängig gemacht. Zuletzt wurde aber auch bei Euro-Inflationsrisiko zugekauft.

Taktische Asset-Allocation Januar

Die Taktische Asset Allocation steuert marktorientierte Mischfonds wie die Raiffeisen-Strategiefonds auf kurze bis mittlere Sicht. Die Positionierungen des Fondsmanagements können sich von anderen Kapitalmarktanalysen (z. B. Raiffeisen RESEARCH) unterscheiden.

Aktuelle Aktiengewichtung in Strategiefonds

  • Konjunktur: Stimmungsindikatoren (PMI, Surprise Indizes) positiv; Emerging Markets mit bester Dynamik, Eurozone klar schwächer; US-Immobilienmarkt weiter stark, Verbrauchervertrauen stabilisiert
  • Unternehmensdaten: Berichtssaison Q3 überraschend gut verlaufen (wie auch Q2); Gewinnrevisionen für Q4 derzeit noch etwas verhalten; Globale Gewinnerwartungen 2021 weiter positiv
  • Marktstimmung: Optimistischere, aber noch nicht exzessive Stimmungsindikatoren; Steigende Infektionszahlen haben etwas an Schrecken verloren; Langfristig konstruktives Bild weiter bestätigt
  • Spezialthemen: Covid-19-Infektionen vs. Hoffnung auf baldige Impfung (Zulassung); Liquiditätsmaßnahmen der Notenbanken & Fiskalpakete der Regierungen
  • Positionierung: Neu: Aktien mit einem Schritt übergewichtet ggü. Euro-Staatsanleihen; Innerhalb der Aktien USA weiter übergewichtet; Anleihen unverändert: Unternehmensanleihen übergewichtet, US- und globale Staatsanleihen nahezu neutral, Emerging Markets und Euro-Staat untergewichtet

RECHTLICHER HINWEIS
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Die Performance von Investmentfonds wird von der Raiffeisen KAG bzw. von Immobilien- Investmentfonds von der Raiffeisen Immobilien Kapitalanlage GmbH entsprechend der OeKB-Methode basierend auf Daten der Depotbank berechnet (bei der Aussetzung der Auszahlung des Rückgabepreises unter Rückgriff auf allfällige, indikative Werte). Bei der Berechnung der Wertentwicklung werden individuelle Kosten wie insbesondere die Höhe des Ausgabeaufschlages bzw. eines allfälligen Rücknahmeabschlages sowie Steuern nicht berücksichtigt. Diese wirken sich bei Berücksichtigung in Abhängigkeit der konkreten Höhe entsprechend mindernd auf die Wertentwicklung aus. Die maximale Höhe des Ausgabeaufschlages bzw. eines allfälligen Rücknahmeabschlages kann dem Kundeninformationsdokument (Wesentliche Anlegerinformationen) bzw. dem vereinfachten Prospekt (Immobilien-Investmentfonds) entnommen werden. Die Performance von Portfolios wird von der Raiffeisen KAG zeitgewichtet (Time Weighted Return, TWR) oder kapitalgewichtet (Money Weighted Return, MWR) [siehe die genaue Angabe im Präsentationsteil] auf Basis der zuletzt bekannten Börse- und Devisenkurse bzw. Marktpreise bzw. aus Wertpapierinformationssystemen berechnet. Perormanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Portfolios zu. Wertentwicklung in Prozent (ohne Spesen) unter Berücksichtigung der Wiederveranlagung der Ausschüttung. Die veröffentlichten Prospekte bzw. die Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG sowie die Kundeninformationsdokumente (Wesentliche Anlegerinformationen) der Fonds der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH. stehen unter www.rcm.at in deutscher Sprache bzw. im Fall des Vertriebs von Anteilen im Ausland unter www.rcm-international.com in englischer (gegebenenfalls in deutscher) Sprache bzw. in Ihrer Landessprache zur Verfügung. Die veröffentlichten Verkaufsprospekte des in dieser Unterlage beschriebenen Immobilienfonds stehen unter www.rcm.at in deutscher Sprache zur Verfügung.