Herdentrieb an den Börsen
An den Börsen der Welt herrschen archaische Tendenzen. Zu ihnen gehört die Orientierung der Anlegerherde an einem Leitbock, wie wir es z.B. aus der Welt der Schafe kennen. Unweigerlich führt derartiges Verhalten zu gleichartigen Mustern. An den Aktienmärkten nimmt die Wall Street die Rolle des Leitbocks wahr. Andere Börsen folgen je nach dem Grad ihrer eigenen Emanzipation.
Angesichts einer verstümmelten Aktienkultur in Deutschland setzt der DAX in der Regel mit Verzögerung die Vorgaben aus New York um. Verstärkt wird diese Tendenz zusätzlich dadurch, dass ca. zwei Drittel der DAX-Aktien in den Händen angelsächsischer Investoren liegen.
Besonders beliebt sind seit Jahren an der Wall Street die großkapitalisierten Internetaktien Apple, Amazon, Google, Facebook, Netflix etc. Auch in diesem Jahr sind diese Titel per Saldo trotz Corona-Pandemie gestiegen und begeben sich mittlerweile wieder auf Rekordjagd. Entsprechend gut läuft es auch beim Tec-DAX, der ein wenig am Schlepptau des amerikanischen Nasdaq Index hängt. Auch hier gab es seit Jahresanfang per Saldo Kurszuwächse.
Die jüngste Trendvorgabe aus den USA deutet jetzt „Value“. Es gibt Anzeichen dafür, dass die seit Jahren zurückbleibenden Werte aus herkömmlichen Industriebranchen eine Aufholjagd starten. Auf dem deutschen Kurszettel sind viele solche Aktien zu finden, denn die Wachstumsfelder Internet und Gesundheit sind in Deutschland an der Börse unterrepräsentiert. Ganz ähnlich ist das Bild in Japan, wo der Nikkei Index zuletzt einen starken Lauf hatte. Vielleicht ist der Anlegergemeinde aufgefallen, dass Nippon von der Corona-Pandemie weitgehend verschont geblieben ist. Abgesehen davon finden sich im Land der aufgehenden Sonne viele Unternehmen mit bärenstarken Bilanzen. Und wenngleich an den Börsen seit geraumer Zeit kaum Wert auf starke Bilanzen gelegt wird, mag es doch sein, dass der weltweite Wirtschaftseinbruch hier zu einem Umdenken führen wird. Ohne Zweifel werden die sechs LOYS-Fonds von einer solchen Entwicklung profitieren.
Ungeachtet dessen hat die Konjunkturdepression einige Klärungen mit sich gebracht. Sie betreffen vor allem den Zinsmarkt, der bereits seit Jahren kein Markt im idealen Sinne mehr ist, weil die Notenbanken als größte Akteure die Preise für festverzinsliche Anlagen bestimmen. Wer noch Zweifel daran hatte, ob die negativen Realzinsen sich längerfristig einnisten werden, der ist nunmehr durch die Aktionen von EZB und Fed eines Besseren belehrt worden. Im Konzert mit der Politik sehen die Notenbanken nur eine denkbare Lösung für wirtschaftliche Schwächephasen: Gelddrucken, Gelddrucken und Gelddrucken.
Das viel zu spät ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, demzufolge die Europäische Zentralbank die Verhältnismäßigkeit ihrer Staatsfinanzierungsaktivitäten prüfen muss, wird letztlich ohne Konsequenzen bleiben. Den Geist des permanenten Gelddruckens, der durch die Zauberlehrlinge Ben Bernanke und Mario Draghi aus der Flasche entschlüpft ist, werden Jerome Powell, der Fed-Chef und die frühere französische Finanzministerin Christine Lagarde, ihres Zeichens heutige Präsidentin der EZB, nicht wieder zurück in die Flasche zurückpferchen. Im Gegenteil, die Schuldenorgien sind so enorm, dass eine neue, viel größere Flasche, nachgerade ein Fass, her müsste, um den Geist wieder dort einzusperren. Gewiss ist aber, dass Zinssparer, Steuerzahler und die Generation unserer Kinder für diese Exzesse mit herben Wohlstandsverlusten werden büßen müssen.
Ihre
Fondsmanager und Mitinvestoren
Dr. Christoph Bruns und Ufuk Boydak
Chicago, Frankfurt a.M. am 31.05.2020
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