Loys Capital Kolumne vom 23.01.2024
Inzwischen lässt es sich kaum noch leugnen, dass Deutschland Reformen benötigt. Der überwiegend selbst gemachte Wohlstandsverlust in Deutschland führt unweigerlich zu Verteilungskämpfen. Angesichts des kleiner werdenden Kuchens bei zugleich steigender Bevölkerungszahl ist das keine Überraschung.
Die Proteste der Bauern, der Lokführer, der Transportunternehmer und anderer geben einen Vorgeschmack auf die sich zuspitzende Lage. Neue Parteien bilden sich. Man kann die Situation wie folgt beschreiben: Trotz seit Jahren üppig sprudelnder Steuereinnahmen ist die Politik nicht in der Lage, mit dem vielen Geld auszukommen. Obendrein wurden in guten Zeiten keine Reserven angelegt.
Auch externe Effekte spielen eine Rolle. Auf Jahre hinaus wird Deutschland einen Teil seines Bruttosozialproduktes für die Ukraine ausgeben müssen. Auch das Thema Palästina wird einen Teil des deutschen Bruttosozialproduktes beanspruchen, um nur die zwei der derzeitigen Hauptkrisen zu benennen.
Vor diesem Hintergrund wird man in Berlin über Prioritäten nachdenken müssen. Jedenfalls wäre es anständig, den Bürger darüber zu informieren, was Sozialstaat, Weltklimarettung und feministische Außenpolitik ihn kosten. Zudem wäre es fair, den Nutzen der eingeschlagenen politischen Richtung kritisch zu beleuchten. Der Bundesrechnungshof hat sich bereits mehrfach sehr kritisch zum Nutzen der auf vielen Politikfeldern eingesetzten Milliarden geäußert.
Nach meinem Eindruck gedeiht Umweltschutz und Gerechtigkeit vor allem dort, wo Wohlstand vorhanden ist und wächst. Die allermeisten Menschen auf der Welt streben Wohlstand an. Über ihn zu klagen ist ein Luxus, dem ausschließlich in wohlhabenden Ländern gefrönt wird. Die in Teilen der Grünen und anderer linken Gruppierungen gewünschte Wirtschaftsschrumpfung führt zwar in Deutschland zu sinkenden Treibhausgasemissionen, hilft jedoch dem Weltklima überhaupt nicht, weil die Produktion andernorts unter oft schlechteren Bedingungen stattfindet. Vielleicht sollte man in der Regierung einmal darüber nachdenken, ob es nicht klug wäre, von anderen Ländern auf gewissen Politikfeldern zu lernen. Hätte man etwa hinsichtlich der Russland-Politik auf das Nachbarland Polen gehört, dann wäre der politischen Elite bis hinauf zum Bundespräsidenten manche Peinlichkeit erspart geblieben. Würde man sich in der Energiepolitik stärker an unseren Nachbarländern orientieren, dann wäre der fatale Alleingang der verkorksten Energiewende unterblieben. Auch in der Migrationspolitik waren andere Nationen wesentlich klüger. Und in der Wohlstandpolitik sollte man sich einmal einen Blick auf das Nachbarland Schweiz erlauben.
Im Ganzen ist Deutschland mit seinen ideologischen Sonderwegen in der Geschichte nicht gut gefahren. Vielleicht ist die Zeit gekommen, um ein Ministerium für Wohlstand zu schaffen und dafür etliche bisherige Ministerien aufzulösen (Familienministerium, Bauministerium, Landwirtschaftsministerium, Finanzministerium etc.). Ein Wohlstandsministerium könnte dann pragmatische Prioritäten setzen und einen wesentlichen Bürokratieabbau einleiten.
Vergessen wir auch nicht die Mahnung des Wirtschaftswissenschaftlers und Wirtschaftsministers Ludwig Erhard, der in seinem Buch „Wohlstand für Alle“ bezüglich des Sozialstaates meinte: "Solche 'Wohltat' muss das Volk immer teuer bezahlen, weil kein Staat seinen Bürgern mehr geben kann, als er ihnen vorher abgenommen hat – und das auch noch abzüglich der Kosten einer zwangsläufig immer mehr zum Selbstzweck ausartenden Sozialbürokratie."
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns
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