MainFirst "MainNews"-Artikel vom 14.01.2022

Hochverzinsliche Anleihen aus Schwellenländern bieten Chancen für attraktive Erträge

Corona, Wirtschaftswachstum, Inflation – Begriffe, die das Jahr 2021 prägten. 2022 stehen die Zeichen auf Normalisierung des Wirtschaftswachstums und darüber hinaus deutet alles auf eine Zinswende hin. Denn das hohe Inflationsniveau in Kombination mit der fortschreitenden Wirtschaftserholung dürften vor allem die US-Notenbank Fed zu ersten Leitzinsanhebung veranlassen. Diesem Beispiel wird Europa voraussichtlich dann Ende 2023 folgen. Turbulenzen an den Rentenmärkten sind da nicht unwahrscheinlich und der Aufwärtsdruck auf die Renditen könnte sich erhöhen.

Somit scheint es als wahrscheinlich, dass Staatsanleihen der Industrieländer Anlegern in 2022 reale Verluste bescheren. Bei Unternehmensanleihen guter Bonität sind die Aussichten etwas besser, dennoch dürften höhere Zinskupons die Kursverluste kaum ausgleichen.

Demgegenüber stehen die Schwellenländer und vor allem deren Unternehmen. Hier schätzen wir das Umfeld im kommenden Jahr sehr positiv ein. Denn trotz moderateren Wirtschaftswachstumes, der möglichen Leitzinserhöhung in den USA und geldpolitischer Straffungen auch in anderen Teilen der Welt dürften sich die Spreads bei hochverzinslichen Anleihen aus Schwellenländern einengen. Sowohl im historischen Vergleich als auch im Vergleich zu den Industrieländern sind die Spreads nach wie vor weit. Vor allem das Hochzinssegment des Marktes bietet einen Aufschlag von rund 100-120 Basispunkten gegenüber der US Hochzinsanleihen. Teilweise geht dies auf die jüngste Neubewertung in Ländern wie China, Peru, der Ukraine und der Türkei zurück und lässt darauf schließen, dass es Spielraum für eine Verengung gibt, wenn sich diese Ereignisse normalisieren und die allgemeine Erholung voranschreitet. Das anhaltend negative Realzinsniveau wird dazu führen, dass der Investitionsschwerpunkt auch weiterhin auf höherverzinslichen Anlageklassen liegt.

Rohstoffmärkte dürften ihre Rallye fortsetzen

Auch die Entwicklung an den Rohstoffmärkten stimmt uns positiv. Nach den deutlichen Preisbewegungen im Jahr 2021 könnten die Schwankungen an den Rohstoffmärkten 2022 etwas abnehmen, der Aufwärtsdruck insgesamt aber anhalten. Nicht nur Edelmetalle, sondern auch Agrarprodukte (Sojabohnen, Protein) erfreuen sich an einem anhaltend hohen Interesse. Vor allem aber Industriemetalle scheinen über weiteres Preispotenzial zu verfügen. Treiber der Nachfrage ist unter anderem die Tatsache, dass das Thema Nachhaltigkeit weiter an Bedeutung gewinnt. Der Umbau zu einer grünen Wirtschaft wird immer stärker vorangetrieben. Es scheint sich mittlerweile auf breiter Front die Überzeugung durchgesetzt zu haben, dass die grüne Transformation der Wirtschaft, zwar Kosten verursacht, letztlich aber langfristig deutlich positive Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung hat. Nicht nur einzelne Industrieländer investieren in den grünen Umbau, nachhaltigeres Wirtschaften ist mittlerweile ein globales Ziel. Da der Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur über einen langen Zeitraum sehr energie- und ressourcenintensiv ist, dürfte die Nachfrage nach traditionellen Rohstoffen langfristig gestützt werden. Davon sollten etwa Kupfer und Eisenerze profitieren.

Auch der Ölmarkt dürfte 2022 seine Rallye fortführen. Bei den aktuellen Ölpreisen von knapp über USD 70 pro Barrel bleibt das Angebot weiterhin relativ limitiert und eine Ausweitung des Angebots im neuen Jahr scheint eher unwahrscheinlich. Längerfristig könnte die Investitionszurückhaltung aufgrund strikterer Umweltauflagen und einer CO2-Bepreisung die Produktionskapazitäten schmälern und den Ölpreis in die Höhe treiben.

Für viele Schwellenländer sind und bleiben Rohstoffe weiterhin wichtige Wachstumstreiber. Mehr als zwei Drittel des investierbaren Universums sind Nettoexporteure von Rohstoffen und in vielen Fällen sind die aus den Rohstoffexporten stammenden Einnahmen beträchtlich. Die positive Preisdynamik wird sich hier durch die gesamte Wertschöpfungskette bemerkbar machen. Das GDP-Wachstum vieler Länder (Angola, Ghana, Kasachstan, Oman, Nigeria, etc.)  dürfte positiv überraschen und die Bilanzen und Ratings vieler Unternehmen aus dem Hochzinssektor der Schwellenländer dürften sich verbessern. Bei einigen Emittenten könnte das zum zweistelligen Umsatz- und EBITDA-Wachstum führen und ein bedeutender Treiber für die Spread-Kompression sein.

Showdown in China

Chinas Wirtschaft sah sich im vergangenen Jahr einigem Gegenwind, resultierend aus Regierungsentscheidungen als auch exogenen Faktoren, konfrontiert. Geldpolitische und fiskalische Straffung, Reformen des Immobiliensektors, regulatorisches Durchgreifen sowie die Kontrolle der Kohlenstoffemissionen sind Maßnahmen zur Erreichung des langfristigen Ziels des gemeinsamen Wohlstands. Allerdings üben die Maßnahmen Abwärtsdruck auf Chinas Wachstum aus und tragen zur chinesischen Marktinstabilität bei. Das Jahr 2022 wird mit der Ausrichtung der Olympischen Spiele und der Bestätigung der unbestrittenen Führung von Präsident Xi für eine dritte Amtszeit zu einem entscheidenden Jahr für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Regierung in Peking dürfte ein großes Interesse daran haben, dieses Ereignis mit soliden Wachstumszahlen zu feiern. Ein aktuelles Ziel ist es, den Immobiliensektor, wo die Straffung der Geldpolitik zum Ausfall einiger Unternehmen geführt hat, zu stabilisieren. Die Regulierungsbehörden haben bereits den Zugang zu Landauktionen erleichtert, und die Kreditvergabe der Banken an den Sektor wurde wieder aufgenommen. Einige Entwickler verkaufen auch Vermögenswerte oder rekapitalisieren durch Eigenkapitalzuführungen. Auch die chinesische Zentralbank scheint sich dafür mit einer flexibleren Geldpolitik bereits positioniert zu haben. Ein partielles Zurückdrehen der verschärften Markt-Regulatorik erscheint ebenso möglich wie eine Zunahme der fiskalischen Maßnahmen. Grüne Investitionen in Solar- und Windenergie, Modernisierung des Stromnetzes und -speicherung sowie Effizienzsteigerungen in verschiedenen Branchen dürften zu einem neuen Wachstumstreiber im Jahr 2022 und darüber hinaus werden. Daher sind wir optimistisch, dass Chinas Wachstum die Talsohle durchschritten und 2022 in einen Aufwärtstrend eintreten wird. Vor diesem Hintergrund erscheint das Hochzins-Segment des Markts besonders attraktiv, da die Spreads gemessen an historischen Niveaus sehr weit sind und viele schlechte Nachrichten bereits eingepreist sind. Die Kreditauswahl ist entscheidend. Nur Unternehmen mit starken Fundamentaldaten, Zugang zu Kapital und reichlich Liquidität werden durch unruhige Gewässer erfolgreich navigieren. Der chinesische Immobiliensektor ist ein Bereich, in welchem wir Risiken hinzugefügt haben, insbesondere indem wir uns auf die Namen konzentrieren, von denen wir glauben, dass sie langfristig tragfähige und starke Fundamentaldaten haben, obwohl wir uns bewusst sind, trotz der hohen Volatilität dieses Marktsegments.

Fazit

Mittelfristig offerieren Unternehmensanleihen aus Schwellenländern ein sehr attraktives Risiko/Rendite-Profil und Performancepotential. Einerseits haben sich Anleihen-Segmente weiterhin nicht vollständig vom März 2020 Tief erholt oder sie handeln andererseits zu ungerechtfertigt hohen Risiko-Spreads. Diese Phase des wirtschaftlichen Zyklus hat ihre eigenen Herausforderungen für riskantere festverzinsliche Anlagen, da sich das Wachstum abschwächt, während die Zentralbanken versuchen, die ultra-expansive Geldpolitik zu beenden. Davon sind aber EM-Unternehmen in der Regel weniger betroffen. Die Spreads haben sich mit der Zinserhöhung der Fed häufiger positiv entwickelt. Deshalb gehen wir davon aus, dass sich die Spreads im Jahr 2022 verengen werden, mit positiven Erträgen. Der Hauptgegenwind in 2021 von China HY-Immobilienmarkt könnte sich im Zuge einer Stabilisierung des Sektors in einen positiven Beitrag verwandeln und 2022 erfolgreich zur Performance beitragen. Auch rohstoffsensible Unternehmen dürften von dem Wirtschaftszyklus profitieren. Somit erwarten wir, dass die Rohstoffmärkte ihre Rallye bei hoher Volatilität der Preise fortsetzen werden. Ähnlich wie im letzten Rohstoffbullenmarkt (2001 bis 2011) dürften Schwellenländer und deren Unternehmen stark davon profitieren.
 

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