Macroscope: Maßnahmen der Zentralbanken: Krönendes Abschluss-Feuerwerk oder Blindgänger?

LFDE Marktkommentar vom 10.05.2023

Mit der Ankündigung einer weiteren Zinsanhebung um 25 Basispunkte (0,25 %) setzt die US-Notenbank (Fed) ihren explosivsten Zinsanhebungszyklus seit einem halben Jahrhundert fort. In nur 14 Monaten hat sie ihre Leitzinsen unablässig erhöht, um insgesamt 5 %. Dasselbe spielt sich bei der europäischen Zentralbank ab, die gerade ihre Zinsen um 0,25 % angehoben hat. Insgesamt blickt sie somit auf eine Erhöhung von 3,75 % in zehn Monaten zurück. Das ist eine Entwicklung, die es in den 25 Jahren seit ihrer Gründung in Frankfurt nicht gegeben hat. Doch in den öffentlichen Äußerungen und in ihrem Kurs unterscheiden sich die beiden Institute.

In New York steht nun offiziell die Möglichkeit einer Pause zur Debatte. Hin- und hergerissen zwischen der weiterhin deutlich über dem Ziel von 2 % liegenden Inflation und den erst allmählich zutage tretenden Konsequenzen der geldpolitischen Maßnahmen, schließt Fed-Chef Powell erneute Anhebungen allerdings nicht aus. Senkungen in den kommenden Monaten kommen für ihn jedoch nicht infrage. Gegenwind hält den Steuermann der Fed davon ab, den von ihm gewünschten Kurs einzuschlagen. Zum einen ist der Arbeitsmarkt weiterhin angespannt, was eine von den Löhnen getragene Inflation befürchten lässt, nachdem zunächst Rohstoffe und dann Gewinne die Treiber waren. Zum anderen wird durch die sich häufenden Bankenausfälle der Kredithahn weiter zugedreht. Eine Pause könnte somit heilsam sein, bis die künftigen Entwicklungen besser absehbar und die Folgen der bisherigen Anhebungen sowie der Bankenkrise besser abschätzbar sind.

Christine Lagarde schließt jedoch eine Pause im Straffungszyklus aus; sie erklärte dazu: „Wir haben noch ein Stück Weg zurückzulegen und wir werden nicht anhalten“. Die Präsidentin der EZB wird zudem ab Juli die Verkürzung ihrer Bilanz beschleunigen, indem sie weder den Kupon noch das Kapital der fällig werdenden Papiere reinvestiert. Dies entspricht etwa 27 Milliarden Euro pro Monat bis Ende des Jahres. Das Feuerwerk wird also weitergehen. Offenbar gab es zudem Meinungsverschiedenheiten innerhalb des EZB-Rates: Eine Minderheit plädierte für eine Anhebung um 0,50 %.

Das Szenario der Fed überzeugt die Marktteilnehmer nicht: Der Zinsmarkt geht von mindestens drei Zinssenkungen bis zum Jahresende aus, während die Notenbanker diese Möglichkeit ausschließen. Die Bank of America unterstreicht, dass in den letzten 50 Jahren der US-Aktienmarkt nach Beendigung eines vergleichbaren Maßnahmenkatalogs der Fed in der Hälfte der Fälle gestiegen ist. In einem Inflationszyklus ging er jedoch systematisch zurück: um durchschnittlich 5 % über einen Zeitraum von drei Monaten. Da die EZB in der Eurozone keine mittel- oder langfristigen Zinsprognosen bekanntgibt, lässt sich die Divergenz zwischen den Erwartungen des Marktes und denen der Zentralbank bezüglich der Zinsen nicht messen. Die einzige Feststellung, die aktuell getroffen werden kann, ist die, das der Markt bis zum Jahresende mit einer weiteren Zinsanhebung rechnet. Dies deckt sich mit dem Kurs, der sich in den bisherigen Äußerungen der EZB abzeichnet.

Ob krönendes Abschlussfeuerwerk oder Blindgänger – die Lunte ist gezündet. Doch ist der Fed und der EZB mit ihrem Feuerwerk an Zinsanhebungen in den vergangenen Monaten ein Glanzstück gelungen? Oder wird die von ihnen entzündete Lunte einen verheerenden Brand für Konjunktur und Märkte entfachen? Die Zukunft wird es zeigen.
 

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