Loys Capital Kolumne vom 22.10.2019

Präsidentenpech

Einen Philosophenkönig, wie ihn Platon sich dachte, gibt es nicht. Auch der Preußen­könig Friedrich II, den wir häufig Friedrich den Großen nennen, war dergleichen nicht. Einen
anderen Weg wollten die Vereinigten Staaten von Amerika gehen. An die Stelle aristokratischer Führerdynastien sollten vom Volk gewählte Präsidenten treten. Mehr noch, der erste Präsident der USA - George Washington, dem man die Königswürde antrug, schlug diese mit Hinweis auf den amerikanischen Geist aus und führte eine Amtszeitbegrenzung von zwei Legislaturperioden ein. Dieser Schritt hat sich als hochgradig weise erwiesen.

Mit  ihren  Präsidenten hatten die Amerikaner aber nicht stets ein glückliches Händ­chen. An den letzten drei Staatslenkern kann man die Malaise paradigmatisch stu­dieren.  George W. Bush wur­de im Jahr 2000 zum Präsi­denten gewählt. Politisch war er eine telegene Marionette - die Macher: Dick Cheney, Donald Rumsfeld und John Ashcroft. Man sprach von den Neokonservativen, zu de­nen auch Paul Wolfowitz und Karl Rove gehörten. Prägend für Bushs Präsidentschaft waren die Terroranschläge des 11. September 2001  und die Subprimekrise ab dem Jahr 2007. Als er aus dem Amt schied, hinterließ der dem Land  zwei offene Krie­ge, eine Weltfinanzkrise und einen riesigen Schuldenberg.

Abgelöst wurde er vom er­sten afroamerikanischen Prä­sidenten der USA, Barack Obama. Selbiger stellte ein politisches Kontrastpro­gramm zu Bush dar. Als be­gnadeter Redner, basierend auf einem guten Bildungsfundament, wusste er rasch die Herzen und Zustimmung vieler seiner Landsleute zu ge­winnen. Der Friedensnobel­preis wurde ihm quasi zum Amtsantritt durch das Nobel­komitee verliehen. ln der Pra­xis des Regierens erwies sich Obama jedoch als ineffektiv, wozu gewiss die republikani­sche Fundamentalopposition das ihrige beitrug.

Der Weiterbetrieb des Folter­gefängnisses ,Guantanamo Bay' steht symbolisch für das Nichterreichen vieler hehrer Ziele. Per Saldo ist Obama wenig Großes gelungen und man wird ihn eher als Gent­leman und großartigen Redner denn als herausragenden Präsidenten in Erinnerung halten.

Mit Donald Trump wurde dann im Herbst  2016 ein völ­lig anderes Kaliber ins Weiße Haus gewählt. Der schillernde Immobilienmogul ist ein talentierter Selbstdarsteller, Medienliebling und Nationa­list. Achtung vor dem Gesetz, der Wahrheit, Verträgen oder sonstigen Traditionen und Gepflogenheiten sind ihm weitgehend fremd. Seit sei­ner Inauguration im Januar 2017 dreht sich alles nur noch um ihn. Trump ist selbstherrlich, aber authen­tisch und verhält sich im Amt nicht anders, als er es in sei­ ner Reality-TV Serie 'The Apprentice' mit Erfolg tat.

ln rascher Folge bringt er Freunde und Familienmitglie­der ins Weiße Haus und feu­ert missliebige Schranzen ad libitum. Beleidigungen und Verleumdungen - und zwar von Freund und Feind  gleichermaßen - gehören ebenso zur aktuellen Tagesordnung in Washington wie mehr oder minder kluge ,Deals', dem Lieblingswort des narzissti­schen Präsidenten.
Ohne Zweifel hat der fünf­undvierzigste Präsident der Vereinigten Staaten eine Disruption des traditionellen politischen Denkens und Han­delns der USA bewirkt, des­sen langfristige Konsequen­zen heute noch nicht ab­schätzbar sind. Ob die Verei­nigten Staaten zu den Profi­teuren dieser historischen Verwerfung zählen werden, ist keineswegs ausgemacht.

Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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