Loys Capital Kolumne vom 09.04.2019

Kapitalmarktunion

Die  Präsidenten  der  französischen  und  der  deutschen  Bundesbank  haben  in der Online-FAZ vom 3. April einen gemeinsamen Artikel  geschrieben, um das­ jenige, was sie eine Kapitalmarktunion nennen,  anzuschieben.  Dabei gelangen Francois Villeroy de Galhau und Jens Weidmann  zu einem einigermaßen nie­derschmetternden Befund für Europa. Er lautet:

"Eigenkapitalfinanzierung ist für die Risikoteilung besonders för­derlich, da Eigenkapitalgeber an Gewinnen ebenso teilhaben wie an Verlusten. Zudem passt Eigen­kapitalfinanzierung besser zu in­novativen Projekten, die oft mit hoher Unsicherheit verbunden sind und erst verzögert Gewinne erzielen. So trugen die erhebli­chen Zuflüsse von externem Ei­genkapital maßgeblich zur Ausweitung von Forschung und Ent­wicklung  in den Vereinigten Staa­ten in den 1990er Jahren bei. Ge­rade Wagniskapital scheint Inno­vationen zu begünstigen. ln der EU ist dieser Markt jedoch immer noch schwach entwickelt. ln Re­lation zur Größe der Wirtschaft ist der Wagniskapitalmarkt in den Vereinigten Staaten mehr als fünfmal so groß wie der europäi­sche."

Leser dieser Kolumne werden sich die Augen reiben. Wie, der Staat kommt langsam dahinter, dass Eigenkapital gegenüber der staatlich präferierten Schuldenmacherei  große  Vorteile aufweist? Nicht minder erstaunlich ist. dass die beiden hohen Staatsangestellten und damit Berufseuropäer als Lösung eine typisch europäisch allgemeine "Kapital- marktunion" vorschlagen. Sprechen wir aber die Wahrheit gleich in ihrer vollen Härte aus: Das ist Quatsch!!!

Wenn der Befund richtig ist, dass die Eigenkapitalkultur in Deutschland und Frankreich schwach ist, dann sind zunächst die nationalen Regierungen gefordert, auf ein Erstarken der Eigenkapitalkultur durch geeignete Maßnahmen hin­zuwirken. Das Subsidiaritätsprin­zip muss hier beachtet werden, ansonsten gerät die Eigenkapitalförderung auf die gleiche Bahn wie die Europäische Zentralbank mit ihrer Dauerstaatsalimentie­rung. Es wäre ja ein Treppenwitz, wenn die Bundesrepublik meint, bei Themen wie Energieversor­gung und Migration national han­deln zu sollen aber bei der Wohl­standskreierung der Bevölkerung EU-Vorstellungen den Vorzug gä­be.

Für Deutschland muss die Regie­rung schleunigst alle Benachteili­gungen der Eigenkapitalanlagen gegenüber Fremdkapital abbau­en. Dabei geht es vor allem um Steuernachteile  (z.B. Doppelbe­steuerung ausgeschütteter Ge­winne) und regulatorische  Aspek­te (z.B. Unterlegung von Aktienengagements bei Banken durch Eigenkapital).

Entscheidend ist aber, dass die Gesamtbevölkerung an den Segnungen der Eigenkapitalanlagen durch Teilhabe partizipiert. Das richtige Instrument dazu ist der Aktienfonds.  Sein bewährtes Kon­zept wurde vor ca. 70 Jahren so gestaltet, dass jedermann mit wenig  Geld (Mindestanlagesumme pro Monat  25 EUR) und mit hohen Sicherheitsstandards an einem breit gestreuten Korb ausgesuchter Unternehmen teil­haben kann. Leider hat die Politik diese Wahrheit seit Jahrzehnten ignoriert und irrigerweise auf den durch die demographische Entwicklung in Teilen obsolet gewordenen 'Generationenvertrag' gesetzt.

Die Notenbankpräsidenten Weid­mann und Galhau haben Recht: Europa hat gegenüber anderen Weltregionen eine verkümmerte Eigenkapitalkultur. Dadurch blieb riesiges  Wohlstandspotential ungehoben. Nicht neue europäische Bürokratiemonster wie die "Kapitalmarktunion" oder MifiD werden daran etwas ändern, son­dern am Anfang muss die   Er­kenntnis stehen, dass materieller Wohlstand nur in den Unternehmen (ob neu oder alt) erwirtschaf­tet wird und daher alles getan werden muss, damit möglichst viele Bürger sich daran mit ihren Ersparnissen diskriminierungsfrei beteiligen können.

Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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