Loys Capital Kolumne vom 06.11.2018

FMNG-Motor gerät ins Stottern

Die aktuelle  Quartalsberichtssaison der börsennotierten Unternehmen hat für die seit  Jahren hochbeliebten FAANG-Aktien  (Facebook, Amazon, Apple,  Net­flix und Google) nicht den Rückenwind erzeugt,  den diese Titel  gewohnt sind. Es waren  vor allem die FAANG-Aktien, die den Gesamtmarkt und insbesonde­re den NASDAO Index seit Jahren befeuerten.

Erst  wenige  Wochen  ist  es  her, dass mit Bewunderung das Über­steigen einer Marktkapitalisierung von 1.000 Milliarden US-Dollar jeweils bei Amazon, Alphabet und Apple registriert wurde. Jedes einzelne der genannten Unter­nehmen ist damit an der Börse ungefähr so viel wert wie alle im DAX zusammengefassten 30 deutschen Großunternehmen. Wer diesen Umstand bedenkt. der wird sich nicht weiter darüber wundern, dass die Börsenkultur weltweit von der US-amerikanischen Geisteshaltung dominiert wird.

Jüngste Quartalszahlen der FAANGs enttäuschen Anleger

Gleichwohl ist zuletzt etwas Sand in das FAANG-Getriebe geraten, denn die veröffentlichten Zahlen zum dritten  Quartal 2018 konnten die hohen Erwartungen der Marktteilnehmer nicht erfüllen. Während aber bei  Amazon und Apple enttäuschende Wachs­tumszahlen beziehungsweise  Er­wartungen zu Verdruss führten, zeigten sich bei Google Kosten­probleme.

Im Fall von Amazon kommt den Marktteilnehmern zunehmend zu Bewusstsein, dass der reine Onli­nehandel zwar enorme Umsätze und Daten, nicht aber üppige Gewinne produziert. Die größten Vorteile des Onlinehandels fallen möglicherweise bei den Logisti­kern an. Für diese Hypothese spricht auch der Versuch Ama­zons, seinerseits eine Ausliefe­rungslogistik aufzubauen. Die Ertragsperlen im Amazon-Konzern befinden sich unterdessen im Da­ten-Cloud-Geschäft  und in den Web-Diensten. Man beachte diesbezüglich auch die deutsche Zalando-Aktie - hier tritt  ebenfalls hohes Umsatzwachstum gepaart mit schwacher  Profitabilität zuta­ge. Ob dreisteilige Kurs-Gewinn­-Verhältnisse hier angemessen sind, darf bezweifelt werden.

Was passiert, wenn FAANG­ Aktien als Motor des Marktes ausfallen?

Völlig  anders liegt der Fall bei Google beziehungsweise dem Mutterkonzern Alphabet. Zwar ist das  Werbegeschäft  von  Google eine zauberhafte  Gelddruckma­schine,  aber außer der Google Suchmaschine  verblassen die an­deren Geschäfte des Hauses. ln­sofern liegt man nicht völlig falsch,  wenn man  die  Abhängig­keit  Alphabets  von der  Suchma­schine als potentielles Problem ansieht. Immerhin verfügt  Alpha­bet  über ein hohes Nettofinanzvermögen, sodass  die  Bewertung nicht so anspruchsvoll wie bei Amazon ausfällt.

Dieses  Argument  gilt  noch  viel mehr für Apple. Das iPhone- Unternehmen aus Cupertino in Kalifornien sitzt geradezu  auf  ei­nem  Geldberg, zumal inzwischen ein großer Teil des in Europa geparkten Geldes repatriiert  wurde. Apple verwendet die starke Bilanz des Unternehmens, um eigene Aktien an der Börse zu kaufen. Auf diese Weise gelingt die Stei­gerung der Gewinne pro  Aktie. Demgegenüber  geht  es  mit  den Verkaufszahlen der Produkte nicht weiter voran und man kann sich des Eindrucks  kaum erweh­ren, dass  Apple nahezu  ein  Ein­produktunternehmen rund um das iPhone geworden ist und der Markt mittlerweile   weitgehend gesättigt ist. Jedenfalls spricht die nicht allzu hohe Bewertung der Apple-Aktie für diese lnterpretation durch die Börsianer.

Der  Gesamtmarkt  wurde in den letzten Jahren zu einem nicht ge­ringen  Teil von den  genannten Aktien gezogen. Die Entwicklung erinnert durchaus etwas an die Zeiten in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts,  als In­ternet-  und Technologieaktien die Börsen nach oben katapultierten. Sollten die FAANG-Aktien als Mo­tor des Marktes ausfallen,  dann müssten andere Sektoren an ihre Stelle treten.     Angesichts der enormen Marktkapitalisierungen der  FAANGs  wird  das nicht  ein­fach sein. Sofern  das organische Umsatzwachstum der FAANGs tatsächlich nachlässt, muss gefragt werden, ob die hohen
Ak­tienrückkäufe die Einschätzung dieser Aktien als Wachstumstitel mit entsprechenden Bewertun­gen nach wie vor rechtfertigt.


Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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