Loys Capital Kolumne vom 04.12.2018

Turbulente Rohstoffmärkte

Wer  meint, an den Aktienmärkten  sei es in diesem Herbst besonders schwunghaft zugegangen, der möge sich einen Blick auf die Rohstoffnotierun­gen gönnen. Dort ist es in den letzten Wochen zu erratischen  Schwingungen der Kurse gekommen.

Der wichtigste Rohstoff der Welt, das Rohöl, erlebte dabei eine flot­te Talfahrt, die ein Fass des "schwarzen Goldes" der Sorte "Brent" von 75 US-Dollar auf 58 US-Dollar absenkte. Während aber die Amplitude der Preisveränderung bereits beeindruckend ist, so überrascht vor allem die Geschwindigkeit des Ab­schwungs, zumal überzeugende ökonomische Argumente für den Verfall kaum zu finden sind.

Vielmehr war man am Ölmarkt zuletzt davon ausgegangen, dass Angebot und Nachfrage einiger­maßen im Gleichgewicht stehen, nachdem jahrelange Unterinvesti­tion in neue Lagerstätten in den letzten Jahren zu einem Nachfra­geüberhang geführt hatte. Freilich mag die aktuell hohe Förderung an amerikanischen Schiefer-Öl ähnlich wie im Jahr 2014 dazu führen, dass die Preise einen Dämpfer erhalten. Auch hatte US­ Präsident Trump Saudi-Arabien angesprungen, damit die Scheichs ihre Ölförderung erhö­hen. Nachdem aber die bizarre Khashoggi-Affäre langsam durch andere Themen konsequenzlos abgelöst wird, könnten sich die Wüstensöhne gesonnen sehen, ihre Förderung angesichts des Preisrückgangs zurückzufahren.

Dem scharfen Abschwung beim Rohöl steht freilich ein nicht minder rasanter Aufschwung beim Erdgaspreis entgegen. ln den USA sprang der Erdgaspreis zu­ letzt von 3 US-Dollar auf über 4,5 US-Dollar. Diese Entwicklung ist dem frühen Wintereinbruch im mittleren Westen des Landes ge­schuldet. Zugleich sind die amerikanischen Gasspeicher derzeit nur mit saisonal niedrigen Füll­ständen ausgestattet.    
Erdgas setzt sich in den letzten Jahren zunehmend als Brennstoff für das Heizen von Gebäuden durch, nicht nur in Amerika.

Kursentwicklung beim Gold sorgt für Überraschung

Nicht minder interessant sind die Entwicklungen bei den Metall­preisen. Für viele Beobachter - zumal  in  Deutschland  - ist  die schwache Kursentwicklung beim Gold überraschend.

Angesichts des ständigen geopo­litischen Getöses und nicht en­den wollender Dauerkrisen hätte man dem als "Krisenwährung" wahrgenommenen Edelmetall in der Tat eine bessere Kursent­wicklung zugetraut. Wesentlich schlechter ist es jedoch dem klei­nen Bruder des Goldes - Silber - ergangen. Von den Höchstkursen aus dem Jahr 2011 von 48 US­ Dollar,  als  man  von  einem  nim­mer endenden "Superzyklus" schwadronierte, ist die heutige Notiz um die 15 US-Dollar weit entfernt. Beide genannten Edelmetalle befinden sich mithin in einer längeren Baisse.


Preise  für  Kupfer,  Zink  und  Ni­ckel im Sinkflug

Industriemetalle mussten in die­sem Jahr ebenfalls Rücksetzer hinnehmen. Darin sehen Mak­roökonomen ein Signal für schwä­chere konjunkturelle Zeiten. Kup­fer, Zink und Nickel liegen für die­ses Jahr zweistellig im Minus und tragen damit zur Dämpfung des Inflationsdrucks bei. Eine Son­derentwicklung  hat sich beim Stahl in den Vereinigten Staaten ergeben, wo die von der US­ Regierung eingeführten Zölle und Tarife dort zu  einer Verteuerung um mehr als 20 Prozent geführt haben.

Etwas  differenzierter sieht es bei Agrargütern aus. Wie  zu erwarten war,  hat  der  heiße  und  trockene Sommer in Europa  zu steigenden Weizennotierungen geführt. Auf der anderen Seite können sich Konsumenten über deutlich gefallene Zucker- und Kaffeepreise freuen, soweit diese  an den  End­verbraucher weitergegeben wer­den.

2018: Korrekturjahr

Per  Saldo sieht es so aus, als wenn alle Anlagegattungen ein Korrekturjahr in 2018 einlegen. Für die Aktienmärkte  außerhalb der USA gilt dieser Befund eben­so wie für die meisten Zinsmärk­te, an denen die  langfristigen Ra­ten in den meisten Ländern seit Jahresbeginn angestiegen sind. Besonders der amerikanischen Zinsstrukturkurve sagt man nach, durch ihren flachen Verlauf auf eine bevorstehende Rezession hinzuweisen.

ln der Tat wurden die Wachs­tumsprognosen weltweit zuletzt deutlich zurückgeschraubt. Immerhin ergibt sich insofern bei Betrachtung aller Anlagegattun­gen ein recht einheitliches Bild.

Aus Chicago

Ihr
Dr. Christoph Bruns