Loys Capital Kolumne vom 04.06.2019

Klima- und Anlagenotstand

Jetzt geht es los - mehrere Städte in Deutschland, darunter auch meine Ge­burtsstadt Münster in Westfalen, haben den Klimanotstand ausgerufen. Weite­re Kommunen werden folgen, denn der Herdentrieb ist wissenschaftlich gut belegt.

Da ich selbst zu wenig vom komplexen Klimasystem der Erde weiß, halte ich mich mit Beurteilungen zurück, wiewohl ich weiß, dass sich der Mensch gerne mit seinem ver­meintlich bestimmenden Ein­fluss auf die Welt schmeichelt. Grundsätzlich bin ich im Leben gut mit der kartesischen Me­thode gefahren, weshalb ich auch hier skeptisch bleibe. Und ob am deutschen Klima­wesen die Welt genesen soll, scheint mir Hybris zu sein. Da­bei bleibt mir nicht verborgen, dass in der Klimadebatte quasireligiöse und totalitäre Elemente die Oberhand ge­winnen können. ln der Diskus­sion um Fleisch- und Fahrver­bote sind entsprechende Vor­boten bereits zu erblicken.

Besser kenne ich mich auf dem Gebiet der Geldanlage aus. Auch dort wird seit Jahren angesichts negativer Real­zinsen von einem Notstand gesprochen, jedoch interes­siert sich kaum jemand dafür, am allerwenigsten unsere Re­gierung. Und die Jugend, die sich besonders um ihre wirt­schaftliche Zukunft Sorgen machen sollte, lässt sich lieber von ihren Gurus im Internet Zeit stehlen. Klar ist jedenfalls, dass die jungen Leute in ei­nem hochverschuldeten Staat leben. Dieser Befund wird da­ durch nicht besser, dass andere Länder noch wesentlich schlechter dastehen. Die zu­nehmende Überalterung Deutschlands sorgt dafür, dass weniger junge Leute mehr alte Menschen finanzieren und ver­sorgen  müssen. Wie ein Blick in  den Staatshaushalt offenbart, ist das Umverteilungsni­veau und die Abgabenlast be­reits heute enorm, Tendenz weiter steigend. Kommende Verteilungskämpfe werfen be­reits ihre Schatten voraus. Wie anders kann man etwa die in Gang gekommene  Enteig­nungsdiskussion deuten?  
Und ist nicht die Vokabel "Respektrente" ein deutliches Zeichen für die schleichende Abkehr von der Leistungsge­sellschaft?  Auch die Inflation beiden guten Schulnoten deu­tet in diese Richtung.

Der Anlagenotstand ist ohne Zweifel menschengemacht Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, sich am Produktivvermögen der Welt - sprich Aktien - zu beteiligen. Zwar trifft zu, dass der Staat vor al­lem durch seine Steuerpolitik dagegen an arbeitet; gleich­wohl wäre es den Bürgern möglich gewesen, sich privat um klügere Wege der Alters­vorsorge zu  kümmern als die mittlerweile obsolet gewordene Zinssparerei. Das Versagen auf diesem Gebiet wird perspektivisch zu Heulen und Zähneknirschen führen. Nicht verstanden zu  haben, dass der gegenwärtige und künftige materielle Wohlstand der Bür­ger von der Prosperität der Un­ternehmen abhängt, hat zu der unterdurchschnittlichen Vermögensbildung in Deutschland beigetragen. Dass die Schweiz, die nicht über nen­nenswerte Rohstoffe verfügt, in der Breite der Bevölkerung das wohlhabendste Land der Erde ist, hat gewiss  auch mit der niedrigen Abgabenlast und der hohen Aktienbesitzquote zu tun. Dort kann man einer überwiegend aufgeklärten und wohlinformierten Bevölkerung sogar komplizierte Sachverhal­te in Volksabstimmungen vor­ legen, ohne Angst vor zu viel Hysterie und Ideologie haben zu müssen, wie dies in vielen anderen Ländern leider der Fall ist.


Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns


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