LOYS AG - Kurz-Interview mit Dr. Christoph Bruns vom 29.07.2020

Dr. Christoph Bruns: Überbeliebtheiten und Unterbewertung!

Dr. Christoph Bruns, Vorstand und Fondsmanager der LOYS AG im Kurz-Interview.

Wir erleben ein ungewöhnliches Börsengeschehen: Die Weltwirtschaft leidet unter der Corona-Pandemie, doch die Aktienmärkte verzeichnen immer neue Höchststände. Wie passt das zusammen?

Dr. Bruns: In der Tat befinden wir uns in einer sehr schwerwiegenden Pandemie und heute ist klarer denn je, dass die Virus­ Erkrankung  morgen noch  nicht  vorbei  sein wird; dies gilt erst Recht auch für die Folgen der Krankheit.

Wir sind in einer Rezession, auch wenn gleichwohl bestimm­te Segmente besonders gut lau­fen - die meisten zwar nicht- so gilt dies insbesondere für die Technologiebranche bzw. die amerikanischen FAANG-Titel. ln diesen Bereichen gibt es einiges an Unterstützung; das hat z.T. strukturelle Gründe: Beispiels­weise die ETF-Zuflüsse, aber auch die Vorteile der Digitalwirtschaft im Zuge dieser Krise.

Die  FAANG-Titel sind in aller Munde! Sollte man als Anleger davon ausgehen, dass die Entwicklung immer weiter nach oben geht? Ist es dann nicht ein probates Mittel, weiterhin über ETFs oder entsprechende Spezial-Fonds auf die digitalen Trends zu setzen?

Dr. Bruns: Das ist zumindest die Antwort aller Chart-Techniker: "Wenn ein Trend vorhanden ist, sollte man auf dessen Fortsetzung hoffen". Doch so funktioniert die Börse eigentlich nicht. Die Historie besagt, dass Bäume am Ende nicht in den Himmel wachsen. Im Gegenteil, es kommt dann später zu bösen Überraschungen. Man kann nicht einfach blindlings darauf setzen, dass das was in der Vergangenheit gelau­fen ist auch in der Zukunft weiterhin funkti­oniert. Denn es gibt neue Risiken, neuen Wettbewerb und ständig verschiebt sich die Wirtschaft. Das wäre zu einfach! Ein kluger Anleger sollte so nicht vorgehen, da es letztendlich zu riskant ist.

Sie sind bekannt  für das Thema "Wertorientierung" - wie  passt dieses Thema in die heutige Börsenphase?

Dr. Bruns: Für  den  Anleger ist immer  entscheidend, in welcher Ausgangssituation er  sich befin­det. Ein junger Investor mit we­nig Geld darf selbstverständlich auch spekulieren - er hat noch viele Arbeitsjahre vor sich und kann einen eventuellen Verlust durch Arbeit wieder aufholen. Wer aber Vermögen verwaltet oder hat und ggf. von den  Erträ­gen leben muss, der darf nicht spekulieren. Jener Investor muss sinnvoll und behutsam anlegen, auf Preis und Wert achten und die Zeit im Blick halten. Das ist die richtige Rezeptur, um langfristige Erträ­ge zu erwirtschaften.

Die Themen "Wertorientierung" und "Value" - jene von Warren Buffett ge­prägten Anlagestile -  scheinen aktuell nicht so richtig zu fruchten. Woran liegt das? Glauben Sie, dass sich diese Trends langfristig auch wieder umkehren wer­den?

Dr. Bruns:  Das stimmt. ln den vergange­nen Jahren sind die genannten Themen merklich in den Hintergrund geraten. Man bevorzugt heute die Verfolgung von allge­meinen Trends. Das beste Beispiel ist der­zeit sicherlich die Tesla-Aktie: Das Unter­nehmen produziert relativ wenige Fahrzeu­ge und ist deutlich mehr wert als alle deut­schen Automobilhersteller zusammen. Das wirkt deutlich überzogen, aber so ist die Börse nun mal; sie war nie frei von Über­treibungen. Glücklicherweise korrigieren sich solche Entwicklungen langfristig.

Warren Buffett selbst hat bereits über sieb­zig Jahre lang Erfahrungen gesammelt. Diese haben ihm gezeigt, dass ein Dollar letztlich immer ein Dollar wert ist - es ist gleichgültig, ob dieser mit Schmierseife, mit Autos oder mit Software verdient wird. Man sollte für einen Dollar daher auch nicht mehr als einen Dollar bezahlen. Deshalb fo­kussiert Buffett sich immer wieder auf das Verhältnis von Preis und Wert. Und das tun wir auch, denn wir wissen, dies ist eigent­lich der einzige Ansatz, der sich in den letz­ten 100 Jahren bewährt hat!

Als  Fondsmanager des LOYS Global MH und des LOYS Global müssen Sie diese Erkenntnisse tagtäglich als Entscheidun­gen im Portfoliomanagement umsetzen. Wie lautet Ihre Handlungsempfehlung für Anleger in der jetzigen Zeit?

Dr. Bruns: Die Börse ist zuletzt sehr asymmetrisch verlaufen, mit einerseits Übertreibungen und Fokussierungen im Be­reich der Digitalwirtschaft und andererseits Vernachlässigungen in anderen Branchen. Daher gibt es eindeutig dort die größten Chancen, wo die Börse Unbeliebtheit ver­breitet hat. Dazu gehören vor allem klassi­sche Branchen, die zwar eine überschauba­re Gewinndynamik aufweisen, aber dies ist in den Preisen längst eingepreist.
Die  Preise  sind  zu günstig  geworden  und eine Erholung von der Pandemie wird dann diese Aktien insbesondere bevorzugen. Und dort wollen wir investieren, denn wir mussen Preis und Leistung (Wert) beach­ten!

Herr Dr. Bruns, vielen Dank für das lnter­view.


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