Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 14.03.2025
Unsere Publikation „Die Woche voraus“ wird abwechselnd von fünf erfahrenen Analysten verfasst, die in Frankfurt, Hongkong und San Diego (Kalifornien) sitzen. Wir beobachten die globalen Märkte aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln und verfügen zusammengenommen über 135 Jahre Finanzmarktexpertise.
Seit Anfang 2025 befasst sich unser Team zunehmend mit möglichen Abwärtsrisiken, die der politische Kurswechsel in Washington mit sich bringen könnte. Daher haben uns die jüngsten Kursschwankungen, die durch Handelskonflikte ausgelöst wurden, ebenso wenig überrascht wie Präsident Trumps Äußerung, dass die Wirtschaft vor einer „Übergangsphase“ stehe.
Marktpessimisten könnten den Begriff „Übergang“ schlicht als Signal für „Rezession“ verstehen. Diese Beobachter argumentieren wie folgt: Einschnitte bei Staatsausgaben stellen jedenfalls kurzfristig eine fiskalische Kontraktion dar. Derweil führen Zölle zu mehr Unsicherheit und wirken inflationstreibend, was die Personalplanung, die Investitionspolitik und die Umsatzprognosen der Unternehmen erschwert. Und gleichzeitig können Massenabschiebungen einen Anstieg von Preisen und Löhnen auslösen und die
US-Konsumnachfrage dämpfen (die meisten Einwanderer kaufen einheimische Produkte und importieren nicht alles aus dem Ausland).
Aus diesen Befürchtungen heraus wird inzwischen über eine Rezession gesprochen. Sie passen durchaus zu unserer bisherigen Sichtweise und erscheinen nicht ungerechtfertigt. Aber einige zentrale Punkte werden dabei nicht beachtet: Warum sollte Präsident Trump sehenden Auges eine Rezession riskieren? Welche Strategie steht hinter seiner Methode? Ahmt er den „Kettensägen-Ansatz“ des argentinischen Präsidenten Javier Milei nach? (Siehe dazu unsere „Grafik der Woche“). Was könnte auch gut laufen?
Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir uns erst einmal klar machen, dass Präsident Trump jetzt handeln muss. So kann er zeigen, dass er es ernst meint, und hat Zeit, die möglichen ungünstigen Folgen rechtzeitig vor den Zwischenwahlen zur Mitte seiner Amtszeit im Jahr 2026 abzufangen.
In der Berichterstattung ging es zuletzt vor allem um die von Präsident Trump ausgelösten Handelskonflikte. Viele seiner Maßnahmen sind jedoch auf Wachstumsförderung ausgerichtet – man denke z. B. an Steuersenkungen, Deregulierung, die Stärkung der einheimischen Produktion und so weiter. Davon könnte die Konjunktur längerfristig profitieren.
Falls die durch die Handelskonflikte ausgelöste Volatilität über Präsident Trumps nicht allzu klar definierte Schmerzgrenze hinausgeht, könnte er außerdem ohne weiteres verkünden, dass bei einem „Deal“ unerwartet große Fortschritte gemacht worden seien. Womöglich ist dies bereits der Fall, bis dieser Kommentar veröffentlicht wird oder Sie ihn lesen.
Außerdem ist ein weiterer Punkt wichtig: Nervosität in Bezug auf das Wachstum der US-Wirtschaft wäre zwar nicht gut für die Märkte, könnte aber den Weg für raschere Lockerungen seitens der US-Notenbank Federal Reserve und umfangreichere fiskalische Impulse frei machen. Und dann könnte Präsident Trump seinen Wählern rechtzeitig vor den Zwischenwahlen im Jahr 2026 erzählen, dass er seine Versprechen gehalten habe.
Die Woche voraus
Halten Sie sich gut fest: In der kommenden Woche dürfte es spannend werden. Neben zahlreichen Wirtschaftsdaten stehen wichtige geld- und fiskalpolitische Entscheidungen an.
In Europa ist die Diskussion über die Schuldenbremse in Deutschland wohl das wichtigste Thema. Für die Anleger stellt sich die Frage, ob der voraussichtliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz sich eine hinreichende Unterstützung für das Vorhaben sichern kann, die fiskalischen Vorgaben zu lockern und deutlich mehr Geld für Verteidigung und Infrastruktur auszugeben. Darüber hinaus steht am 20. März eine Zinsentscheidung der Bank of England (BoE) im Kalender. Möglicherweise bleiben die Zinsen nach einer Senkung im vergangenen Monat jetzt unverändert. Der BoE-Gouverneur stellte vor Kurzem fest, dass die von Präsident Trump ausgelösten Handelskonflikte „beträchtliche“ Auswirkungen haben könnten. Und wichtige Wirtschaftsdaten gibt es in der Region auch, nämlich die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland, das Verbrauchervertrauen für den Euroraum und die Arbeitslosenzahlen für Großbritannien.
In den USA werden nicht wesentliche Dienstleistungen der Bundesbehörden am Freitag, dem 14. März, um Mitternacht eingestellt, wenn der Kongress keine entsprechende Finanzierung verabschiedet. Gleichzeitig könnte Präsident Trump jederzeit überraschend neue Handelskonflikte ankündigen, auch wenn die nächste Runde der US-Zölle erst am 2. April in Kraft treten soll. Vor diesem Hintergrund findet am Mittwoch, dem 19. März, eine Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve statt. An den Futures-Märkten wird derzeit keine Zinsänderung erwartet. Wirtschaftsdaten für die USA gibt es in der kommenden Woche auch, nämlich die Einzelhandelsumsätze, die Industrieproduktion und viele, viele Zahlen für den Immobiliensektor.
In Asien werden die Anleger einerseits die internationalen Entwicklungen im Blick behalten und andererseits wichtige regionale Ereignisse beobachten. So werden die Bank of Japan und die People‘s Bank of China direkt hintereinander geldpolitische Entscheidungen treffen, nämlich am Mittwoch (19. März) und Donnerstag (20. März). Japan ist noch nicht ins Visier von Präsident Trumps Handelskonflikten geraten, aber gegen China wurden bereits zwei Schüsse abgefeuert, weshalb das Land Vergeltungsmaßnahmen ergriffen hat. An Wirtschaftsdaten aus der Region sind die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion in China, die japanischen Importe und Exporte und die Verbraucherpreisinflation in Japan zu erwähnen.
Investieren Sie in Frieden!
Greg Meier
Director, Senior Economist, Global Economics and Strategy