Raiffeisen Capital Management "Märkte unter uns" April 2025
Als eher neue Wortkreation geistert die „Trumpcession“ durch die Schlagzeilen, also eine durch die unkonventionelle Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump ausgelöste Rezession. Ebenso ist immer wieder vom sogenannten „Trump-Put“ zu lesen. Damit verbunden ist die eher zweifelhafte Hoffnung, dass der Präsident durch eine Kehrtwende bei seinen umstrittenen Maßnahmen den sensiblen Aktienmarkt ab einem gewissen Punkt stützen wird.
US-Finanzminister Scott Bessent hat wiederum von einer „detox period“, also einer Entgiftungsphase in Hinblick auf die Wirtschaft gesprochen, was zwar ein Bewusstsein für die problematische Wirkung des aktuellen wirtschaftspolitischen Kurses zeigt, aber auch signalisiert, dass diese offenbar bewusst in Kauf genommen wird. Fakt ist, dass sich die Marktvolatilität als Risikomaß infolge der erzeugten Unsicherheit schon deutlich erhöht hat. Fakt ist, dass die angekündigten Zölle sowohl für das Wachstum wie auch für die Inflation als kontraproduktiv angesehen werden. Fakt ist, dass dementsprechend die Rezessionswahrscheinlichkeit wie auch die Inflationserwartung bereits angestiegen sind. Fakt ist aber auch, dass in Zusammenhang mit all diesen Entwicklungen wieder drei Leitzinssenkungen durch die FED im weiteren Jahresverlauf gepreist werden. In der Eurozone werden zumindest noch zwei weitere Senkungen erwartet. Allerdings haben in der EZB zuletzt auch die restriktiveren Stimmen wieder zugenommen. Nicht zuletzt aufgrund der Zeitenwende in der EU-Fiskalpolitik, insbesondere in Deutschland, nach der Aufhebung der bisherigen Schuldenbremse. Der Plan, mit enormen Fiskalpaketen nicht nur die staatlichen Investitionen in die lange vernachlässigte deutsche Infrastruktur, sondern nun auch in gebotener Eile die Militärbudgets in allen europäischen Ländern sehr deutlich auszuweiten, hat kurzzeitig am Euro-Rentenmarkt einen sprunghaften Anstieg bei Renditen deutscher Bundesanleihen ausgelöst. Was den Ausblick für den globalen und weiterhin US dominierten Aktienmarkt betrifft, wäre die Kombination von steigenden Inflationsraten und stagnierender Wirtschaft in Richtung einer Stagflation eine ungünstige Konstellation. Der jüngste Bruch des bisherigen Aufwärtstrends im globalen Aktienindex mahnt zur Vorsicht und seitens der Makrodaten mehren sich ausgehend von den USA die Anzeichen für einen Wirtschaftsabschwung. Wir haben daher unsere taktische Positionierung neutralisiert.
Marktumfeld – Anleihemärkte
Auf breiter Front schwächer im März
Auch wenn die Medien im März vom eskalierenden Handelskonflikt beherrscht wurden – für den europäischen Anleihemarkt war die Verabschiedung eines großen Infrastrukturpakets in Deutschland (EUR 500 Mrd. auf die nächsten 10 Jahre) und die Weichenstellung für höhere Verteidigungsausgaben in ganz Europa weit relevanter:
Mit der Aussicht auf dadurch mittelfristig stärkeres Wirtschaftswachstum (und damit auch höhere Inflation und höhere Leitzinsen) schossen die langfristigen Anleihezinsen Anfang März steil nach oben: Im Fall zehnjähriger deutscher Staatsanleihen um rund 0,5 Prozentpunkte!
Entsprechend negativ war die Monatsperformance bei EUR-Anleihen, insbesondere bei Staatsanleihen.
Im USD-Raum gab es im März zwar keine vergleichbare Renditebewegung (minimaler Anstieg über‘s Monat) – dort drückte aber der drastisch abwertende USD (-4,1 % im März) auf die Euro-Performance aller USD-Anleihen. In Summe gab es damit im März praktisch kein Anleihe-Segment mit einer signifikant positiven Monatsperformance auf Euro-Basis.
Marktumfeld – Aktienmärkte
Europa und China überholen die USA
Für die Aktienmärkte brachte der März deutliche Rückgänge – allerdings regional hochgradig differenziert:
Schwerpunkt des Marktrückgangs waren die USA und dort vor allem die hoch bewerteten Technologie-Aktien. Der zunehmend eskalierende Handelskonflikt und die Angst, dass davon (auch) die US-Konjunktur Schaden nehmen könnte, führten ab Mitte Februar zu einem Kurseinbruch, der beim NASDAQ sogar mehr
als 10 % erreichte.
Auffällig: Europäische Aktienmärkte (insbesondere DE, AT), aber auch China hielten sich in dieser Korrektur weit besser als die USA, und notieren seit Jahresbeginn immer noch mehr als 10 % im Plus!
Treiber für diese historisch starke Divergenz sind auch hier die großen Konjunkturprogramme in Deutschland (aber auch China), von denen der Markt ein gewisses Gegengewicht zum negativen Wachstumseffekt des Handelskonflikts erwartet. Während in den USA ein solches Konjunkturpaket bisher fehlt.
Marktumfeld – Rohstoffe und Währungen
Gold: Neues Rekordhoch auch im März
Am Währungsmarkt war die dominierende Bewegung im März die starke EUR-Aufwertung gegenüber dem USD. Hintergrund auch hier (wie bei EUR-Anleihen) das massive Konjunkturpaket in Deutschland (samt Aussicht auf höhere Verteidigungsausgaben in ganz Europa). Das führte konsequenterweise zu höheren Zinserwartungen in der Eurozone, während gleichzeitig für die USA sogar zusätzliche Zinssenkungen eingepreist wurden – historisch fast immer ein sicheres Rezept für einen stärkeren Euro vs. USD!
Eine der wenigen Währungen, die im März noch stärker waren als der Euro, war der russische Rubel, getrieben von der Hoffnung auf einen baldigen Waffenstillstand in der Ukraine und in weiterer Folge Lockerung der Wirtschaftssanktionen.
Rohstoffseitig stach im März einmal mehr der Goldpreis hervor, der sogar gegenüber dem aufwertenden Euro 5 % zulegte (gegenüber dem USD entsprechend noch viel mehr). Das Einpreisen zusätzlicher US-Zinssenkungen half hier sicher, mindestens ebenso hilfreich dürfte aber die geopolitische Unsicherheit und anhaltende Notenbankkäufe sein.
Ausblick – Globale Wirtschaft
Langfristiger Konjunkturausblick verbessert
Der aktuelle Konjunkturausblick ist von mehreren konträren Trends geprägt: Am meisten Schlagzeilen macht der weiter eskalierende Handelskonflikt, der in allen betroffenen Ländern den Konjunkturausblick (in unterschiedlichem Grad) verschlechtert. Dementsprechend hat sich der Konjunkturausblick z.B. für die USA in den letzten Wochen zunehmend abgeschwächt (was aber im Konsensus immer noch Wachstum nahe dem lfr. Durchschnitt bedeuten würde).
Sinngemäß gilt das gleiche für die Eurozone – aber dort wurde gleichzeitig in Deutschland ein gewaltiges Infrastrukturpaket beschlossen, das zwar nicht sofort wirksam wird, das aber über die nächsten Jahre die Konjunktur deutlich unterstützt. Dazu kommt die Aussicht auf erhöhte Verteidigungsausgaben in (fast) ganz Europa, die ähnlich wirken. Auch in China ist die Wirtschaftspolitik inzwischen stark expansiv.
Das alles macht Hoffnung, dass das globale Wachstum trotz Handelskonflikt gut unterstützt bleibt. Zumal sich bei den Vorlaufindikatoren inzwischen abzeichnet, dass die lange Rezession im (globalen) Industriebereich heuer zu Ende geht – auch in Europa. Größtes kurzfristiges Abwärtsrisiko: Eine völlige Eskalation des Handelskonflikts.
Ausblick – Inflation und Notenbanken
Inflation (wieder) am Weg nach unten - Zinsen auch
Der Handelskonflikt hat über höhere Zölle natürlich auch das Potenzial, die Inflationsrate nach oben zu treiben; vorerst verbessert sich das Inflationsumfeld in der Eurozone aber noch: Von einem Zwischenhoch um die Jahreswende ist die EUR-Inflation inzwischen wieder auf 2,2 % herunter, und selbst die trägere Kerninflation, die die volatilen Energiepreise ausklammert, liegt inzwischen nur noch bei 2,4 %. Österreich ist hier weiterhin ein Ausreißer nach oben, aber selbst hier ging die Inflation im März auf 2,9 % retour.
Damit hat die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin Spielraum für Zinssenkungen: Der Zinsmarkt geht – wie schon seit Monaten - davon aus, dass bis zum Sommer ein Zinstief von 2,0 % (aktuell: 2,5 %) erreicht wird. Für 2026 preist der Zinsmarkt aber – angesichts der großen Konjunkturpakete und dem daraus erwarteten stärkeren Wirtschaftswachstum – inzwischen wieder erste EZB-Zinsanhebungen!
Auch in den USA hat mit Jahresbeginn die Inflation wieder leicht nach unten gedreht (zuletzt 2,8 %). Die US-Notenbank pausiert zwar derzeit mit ihren Zinssenkungen (Leitzins aktuell 4,25 %), der Markt preist aber weitere Zinssenkungen über die nächsten 12 Monate auf 3,5 %.
Ausblick – Anleihemärkte
Unternehmensanleihen blieben kfr. untergewichtet
Angesichts des starken Renditeanstiegs und den damit verbundenen Kursrückgängen bei Staatsanleihen der Eurozone übergewichten wir jetzt auch deutsche Staatsanleihen und sind damit in Summe bei europäischen Staatsanleihen (IT, FR, DE) übergewichtet.
Untergewichtet bleiben wir dagegen in der aus unserer Sicht weiterhin anfälligsten Unternehmensanleihen-Kategorie, nämlich USD-High-Yield-Anleihen. Daraus ergibt sich in Summe eine Untergewichtung des Blocks Unternehmensanleihen, bei dem die Renditeaufschläge generell nach der starken Outperformance der letzten zwei Jahre bereits sehr geschrumpft sind.
Ähnlich ist das Bild bei Hartwährungsanleihen aus den Schwellenländern, auch dort bleiben wir angesichts der inzwischen historisch niedrigen Risikoaufschläge kurzfristig untergewichtet.
Ausblick – Aktienmärkte global
Neutrale Abwartehaltung im Handelskonflikt
Unsere kurzfristige Aktienmarktstrategie ging davon aus, dass mit der Eskalation des Handelskonflikts zum Jahresbeginn die Aktienmärkte zuerst nachgeben würden (für die USA auch passiert, deshalb im Februar Aktien untergewichtet). Die Erwartung war, dass sich der Aktienmarkt danach aber zunehmend an das Thema gewöhnt, zumal der Handelskrieg keine Dimension erreicht, die eine Rezession hervorruft. Wir wechselten in der ersten Märzwoche entsprechend auf eine kurzfristige Aktien-Übergewichtung.
Die anschließende Aktienmarkterholung war aber leider nur kurz und vorübergehend – und die nächsten Eskalationsschritte im Handelskonflikt stehen mit Anfang April erst noch bevor. Auch wenn einige Stimmungsindikatoren zuletzt schon im stark überverkauften Bereich waren, können wir deshalb nicht ausschließen, dass der Aktienmarkt kurzfristig noch einmal einen Schritt nach unten macht, bevor er zu einer stärkeren Erholungsbewegung ansetzt. Wir positionieren uns daher für diese kurzfristigen Risiken vorerst lieber mit einer neutralen Gewichtung.
Was uns fundamental nach wie vor optimistisch macht (insbesondere mit Blick auf das Gesamtjahr) sind die weiterhin gut unterstützten Konjunkturdaten und die favorable Entwicklung der Unternehmensgewinne samt Aussicht auf weitere Zinssenkungen. Und der längerfristige Ausblick insbesondere für Europa und China hat sich angesichts der jüngsten Konjunkturpakete definitiv verbessert!
Ausblick – Aktienmärkte regional
Selektive taktische Über- und Untergewichtungen
Kurzfristig (taktisch):
Wir bauen das Untergewicht in Europa aus und sind im Gegenzug nun Emerging Markets neutral gewichtet (zuvor untergewichtet). Das aktuelle Zollthema hat Potenzial, Schweden aber auch Deutschland zu schaden. Gleichzeitig erscheinen gerade IT, Taiwan und die Nasdaq relativ stark überverkauft bei immer noch guten Fundamentalzahlen. Für die USA und die Nasdaq bleiben wir entsprechend übergewichtet. Als Sektor-Positionen haben wir aktuell als Positionen: Finanz übergewichtet vs. zyklischer Konsum und IT übergewichtet vs. Materials.
Mittel- und längerfristig erwarten wir unverändert, dass sich der Aktienmarkt- Aufschwung verbreitert, wie im ersten Quartal bereits eindrücklich geschehen. Zwar hat zuletzt v.a. der teuer bewertete US-Technologie-Bereich stark korrigiert, und eine Gegenbewegung in diesem fundamental starken Sektor ist nur eine Frage der Zeit. Die Bewertungen sind aber im US-Technologiebereich nach wie vor historisch eher teuer, während praktisch alle anderen Aktienmärkte normal (Europa) bis billig (EM/China) bewertet sind. Eine stärkere Streuung (geografisch, nach Sektoren und nach Größe) dürfte sich also 2025, vor allem aber langfristig, lohnen.
Strategische Asset Allocation
Aktien
Anfang März 2024 haben wir bei Euro-Aktien und japanischen Aktien Gewinne mitgenommen und im Gegenzug chinesische Aktien neu in das Portfolio aufgenommen.
Wir halten Positionen in europäischen Aktien, Emerging Markets Aktien und japanischen Aktien. US-Aktien sind aus Bewertungsüberlegungen weiterhin unattraktiv.
Staatsanleihen
Wir haben bei Staatsanleihen in den letzten Jahren aufgrund der deutlich attraktiveren Ertragsaussichten markant
zugekauft. Nach den Rendite-anstiegen Anfang November und Mitte Jänner haben wir erneut zugekauft. Anfang März haben wir Non-Euro-Zinsrisiko reduziert und Euro-Zinsrisiko aufgestockt.
Unternehmens- & EM-Anleihen
Ende Juni 2024 haben wir bei französischen Staatsanleihen zugekauft.
Nach deutlichen Spreadeinengungen in den letzten Quartalen haben wir Anfang März Unternehmensanleihen (IG und HY), italienische Staatsanleihen und Emerging Markets Hartwährungsanleihen reduziert.
Reale Assets
Nach einem deutlichen Rückgang bei den Inflationserwartungen haben wir im August unsere Position in inflationsgeschützten Anleihen aufgestockt.
Im Bereich der Rohstoffe (Positionen über Derivate auf Rohstoffindizes) haben wir die tieferen Niveaus bei Industriemetallen im August für eine Aufstockung genutzt.
Taktische Asset Allocation April
- Wirtschaft: Unsicherheit (Zölle) lastet auf US-Wirtschaft, Eurozone bislang noch stabil; Rezessionswahrscheinlichkeit wie auch(US)Inflationserwartung steigt an; Mittlerweile zwei (EZB) bis drei (FED) Zinssenkungen am Markt erwartet
- Unternehmen: Gewinnausblick für die nächsten Quartale bzw. Gesamtjahr weiter positiv; Überwiegend negative Analysten-Revisionen im Vorfeld der Berichtssaison; Gewinnmomentum weiter zugunsten von Europa und EM versus USA
- Stimmung: Überverkaufte Kontra-Indikatoren signalisieren weiterhin Gegenbewegung; Globale Aktien nach zwischenzeitiger Erholung wieder unter 200-Tageslinie; Neue Leadership von Tech zu
Financials hat sich weiter verfestigt - Spezialthemen: Geldpolitik; Geopolitik; US-Handelspolitik
- Positionierung: Aktien neutral gewichtet gegen Euro-Staatsanleihen