Inflation: Notenbanken ziehen rund um die Welt die Zügel an

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 11.11.2022

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) haben die Leitzinsen bei ihren jüngsten Sitzungen sämtlich um 75 Basispunkte (Bp.) angehoben. Die Folgen für die Zinserwartungen an den Forward-Märkten fielen allerdings unterschiedlich aus. In Bezug auf die Fed und die EZB lässt sich das durch die Pressekonferenz des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell erklären, bei der er deutlich signalisierte, dass die Fed ihren Leitzins zur Inflationsbekämpfung längere Zeit auf einem höheren Niveau halten will. Die BoE verfolgt eine etwas weniger restriktive Geldpolitik und warnte vor einer „übermäßigen Straffung'“.

Im Vergleich dazu werden die asiatischen Zentralbanken die Zügel künftig wohl etwas langsamer anziehen – vielleicht, weil die Binnennachfrage in ihren Ländern weiterhin robust ist und die Wechselkurse unter Druck stehen.

In Nordasien dürfte der Straffungskurs fortgesetzt werden, obwohl sich die Nachfrage nach Technologieexporten abschwächt, was zunehmend für Gegenwind sorgt. Wir rechnen mit zwei weiteren Zinsanhebungen der Bank of Korea (BoK) um jeweils 25 Bp., eine im November 2022 und eine im Januar 2023. Die Central Bank of China (CBC) aus Taiwan dürfte ihren Leitzins im Dezember 2022 ebenfalls um weitere 12,5 Bp. erhöhen.

Hoffnungszeichen, die dann auch wieder die Konjunktur entlasten sollten. Sie hat es nötig. Hier haben sich die winterlichen Vorzeichen deutlich verstärkt. Unser „Macro Breadth Index“, der die konjunkturelle Entwicklung rund um den Globus erfasst, hat sich weiter abgeschwächt, während gleichzeitig die Wachstumserwartungen weiter zurückgenommen wurden. Die Rezession in Europa scheint so gut wie im Kasten zu sein.

In Südostasien erwarten wir im Januar einen Zinsschritt der Bank Negara Malaysia (BNM) um 25 Bp. Die BNM hat vor allem die relativ solide Binnenwirtschaft und weniger das immer schwierigere externe Umfeld im Blick. Darüber hinaus rechnen wir mit zwei weiteren Zinserhöhungen der Bank of Thailand (BoT) um jeweils 25 Bp., mit einer Zinsanhebung der Bank Indonesia (BI) um 100 Bp. und mit einem Zinsschritt der Bangko Sentral ng Pilipinas (BSP) um 125 Bp. Die Reserve Bank of India (RBI) wird ihren Leitzins wohl nur noch einmal um 60 Bp. erhöhen, da die Inflation ihren Höchststand erreicht haben dürfte und die Risiken für das Wachstum zunehmen.

Die Bank of Japan (BoJ) und die People‘s Bank of China (PBoC) bleiben im Zinsanhebungszyklus wohl weiterhin außen vor. In beiden Ländern ist die Binnennachfrage schwach, und es ist kein langfristiger Lohn-Preis-Zyklus zu erkennen. Die BoJ dürfte ihr geldpolitisches Rahmenwerk jedenfalls noch während der restlichen Amtszeit von Gouverneur Kuroda bis April 2023 beibehalten. In China halten wir höhere Mindestreserveanforderungen und Zinssenkungen für möglich, die allerdings wohl nicht besonders umfangreich ausfallen dürften.

Die Woche voraus

Am Dienstag werden in China Makrodaten für Oktober veröffentlicht (Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze, Entwicklung der Anlageinvestitionen). Außerdem stehen im Euroraum die ZEW-Konjunkturerwartungen, in Japan die BIPWachstumszahlen für das dritte Quartal und in den USA der Produzentenpreisindex (PPI) für Oktober und der Empire Manufacturing Survey für November an. Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Makrodaten für China wegen der Belastung durch die Null-Covid-Politik schwächer als im Vormonat ausfallen. Auch in Japan dürfte sich das Wachstum von 3,5% im zweiten auf 1,1% im dritten Quartal verlangsamt haben. In den USA blieb die Produzentenpreisinflation im Oktober wahrscheinlich hoch, und der Empire Manufacturing Survey für November sollte erneut schwach ausfallen.

Am Mittwoch und Donnerstag wird sich die Aufmerksamkeit vor allem auf US-Makrodaten richten. Am Mittwoch stehen die Einzelhandelsumsätze für Oktober an, bei denen am Markt mit einem Anstieg um 0,9% gegenüber dem Vormonat (gg. Vm.) gerechnet wird. Das Wachstum der Industrieproduktion dürfte sich im Oktober von 0,4% gg. Vm. (September) auf 0,2% gg. Vm. verlangsamt haben. Die Kapazitätsauslastung ist im Oktober voraussichtlich im Vergleich zum Vormonat leicht auf 80,5% angestiegen. Das Wachstum der Lagerbestände der Unternehmen könnte sich im September von 0,8% gg. Vm. (August) auf 0,5% gg. Vm. abgeschwächt haben. Am Donnerstag werden dann die Baubeginne im Oktober (-2,7% gg. Vm.) und die Baugenehmigungen (-2,8% gg. Vm.) veröffentlicht; hier erwarten die Marktteilnehmer erneut schwache Zahlen. Darüber hinaus stehen der Konjunkturausblick (Business Outlook) der Philadelphia Fed und die Erst- und Folgeanträge auf Arbeitslosenunterstützung im November an. Der Markt rechnet mit einem erneut schwachen Konjunkturausblick und einem Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung.

Und zum Wochenschluss am Freitag werden noch die Altbauverkäufe in den USA veröffentlicht; hier ist eine weitere Verlangsamung (-7,4% gg. Vm.) zu erwarten. Außerdem stehen in Japan der Verbraucherpreisindex (VPI) und die Kernrate des VPI für Oktober an. Der Markt rechnet mit weitgehend unveränderten Zahlen.

 
Kommen Sie gut durch die Zinsanhebungszyklen rund um die Welt!

Christiaan Tuntono
Senior Economist, Asia Pacific

 

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