Hilfreich oder Hilfe, es reicht
Es ist soweit, die US-Notenbank kam diese Woche den Sparern und Konsumenten zu Hilfe und beschloss die erste Zinserhöhung seit 2018 in Höhe von 0,25%, um die galoppierende Inflation zu bekämpfen. Ja, das Signal ist hilfreich, denn es signalisiert jetzt auch den Skeptikern von Zinserhöhungen, dass wir in ein neues Finanzmarktregime eingetreten sind. Und sechs weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr in den USA sind damit sehr wahrscheinlich geworden. Und wenn Sie jetzt denken, das werden die ohnehin nicht durchziehen, dem sage ich: Hilfe, das reicht nicht! Je länger jetzt aufgeschoben wird, desto länger wird uns die hohe Inflation begleiten. Die Zweitrundeneffekte bei Löhnen und erneuten Lieferkettenunterbrechungen haben schon begonnen. Die Lebensmittelpreise werden deutlich anziehen, Mietpreise weiter steigen und die Notenbanken werden beginnen, neben Zinsanpassungen auch wieder die Bilanzen zu verkürzen. Glauben Sie nicht? Ich schon. Denn aus meiner Sicht ist die FED, aber vor allem die EZB, weit hinter der Kurve. Hier wird gerade im Namen der Flexibilität nur reagiert und nicht agiert. Werfen Sie einmal einen Blick auf die Entstehung der Inflation in den Siebzigern. Sie werden ähnliche Argumentationsketten finden wie damals, um alles erst einmal laufen zu lassen. Bis der damalige US Notenbankchef Paul Volcker dem Ganzen ein radikales Ende gesetzt hat. Und was machen Sie jetzt aus dem Wissen:
Time in the market or timing the market
Ich habe es bereits in der letzten Ausgabe geschrieben: Alle, die in solchen volatilen Zeiten versuchen, die besten Ein- oder Ausstiegspunkte zu suchen, werden scheitern. Die stärksten Anstiege an den Börsen erfolgen häufig nach sehr schwachen Tagen. Hin und her macht Taschen leer lautet das geflügelte Bonmot. Aber nicht wegen der häufig zitierten Transaktionskosten, sondern wegen der verpassten Tage. Mein Rat: Vergleichen Sie die Marktschwankungen mit den Schwankungen des eigenen Depots. Gibt es an schwachen Tagen stärkere Rückgänge bei Ihren Anlagen als beim Marktgeschehen, dann sind Sie vielleicht zu aggressiv aufgestellt. Sie sollten sich dann fragen, ob dies Ihrer Risikoneigung entspricht!? Wenn Sie das mit Ja beantworten können, dann ist alles ok. Wenn sie jetzt noch monatlich zusätzlich sparen, dann ist es noch besser. Im Markt investiert und diversifiziert zu sein, innerhalb der eigenen Komfortzone des Risikos, wird am Ende des Tages mehr Rendite bringen, als ein hektischer, emotionsgetriebener Timing-Versuch, die jeweiligen Höchst- oder Tiefstkurse zu erwischen. Mit anderen Worten: Time in the market beats timing the market. Und wer macht dies wieder einmal eindrucksvoll vor? Investorenlegende Warren Buffett, dessen Unternehmen Berkshire Hathaway mit 11% Plus im laufenden Jahr auf einem neuen Allzeithoch steht. Apropos Höchststand:
Tankstelle oder „Nein Tanke“
Ich weiß aktuell nicht, ob ich mich für manche Mitmenschen eher schämen oder aufregen soll. Während Menschen unter Bombenhagel sterben oder ohne Hab und Gut auf der Flucht sind, erzürnt sich der Deutsche gerne an der Tankstelle. Peinliche Videos von Politikern oder pauschale Schelte am Staat oder den Mineralölkonzernen. Dabei spiegeln die aktuellen Preise ohnehin nur das wider, was unvermeidlich auf uns zukommen wird, wenn wir es mit der Klimarettung ernst meinen. Leider viel Heuchelei bei der Druckbetankung über die sozialen Medien. „Nein Tanke“, das wäre mal ein Slogan. Der erfordert aber zu viel Courage. Ich verstehe, dass dies für geringe Einkommen und da, wo man auf das Auto angewiesen ist, ein Problem darstellt. Wenn ich allerdings Menschen, die gut situiert, mit mehrfachen Urlauben im Jahr und Drittwägen in der Einfahrt jammern höre, da fehlt mir jegliches Verständnis. Ich tanke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ihr Volker Schilling
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