Flossbach von Storch - Marktkommentar vom 01.08.2018

Keine Zinswende ohne Krise

Die Zinsperspektiven für Europa lassen sich auf eine einfache Formel bringen: Wenn Italien im Euro bleiben soll, darf es keine Zinswende geben. Der Risikoaufschlag italienischer Staatspapiere zu Bundesanleihen liegt bei deutlich mehr als zwei Prozent. Sofern es nicht zu der von der italienischen Regierung geforderten bedingungslosen  Vergemeinschaftung aller wirtschaftlichen Risiken – sprich Staatsschulden und Einlagensicherung für Banken – kommen sollte, dürfte der Risikoaufschlag weiter hoch bleiben oder gar noch zunehmen. Wenn die EZB dem Beispiel der USNotenbank folgen und die Zinsen in den nächsten Jahren deutlich erhöhen würde, wären Renditen von mehr als vier Prozent bei italienischen Staatsanleihen zu erwarten. Dies hätte für das mit 131 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verschuldete Land äußerst unangenehme Folgen.
Aber auch in USA ist die Zinswende nicht so eindeutig, wie es scheint. Zwar hat die Fed die kurzfristigen Leitzinsen bereits auf 1,75 bis zwei Prozent erhöht und die nächsten Schritte Richtung drei Prozent schon in Aussicht gestellt, doch hatte dies praktisch keine Auswirkungen auf die Rendite langlaufender Staatspapiere. Während zweijährige Titel mit
2,53 Prozent rentieren, liegt die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen mit 2,86 Prozent nur noch 0,33 Prozentpunkte höher. Damit ist die Zinsstrukturkurve so flach wie seit 2007 nicht mehr. Eine flache Kurve signalisiert normalerweise eine sich abkühlende Wirtschaft. Sollte sich die Kurve gar invertieren, weil die Renditen langlaufender Anleihen unter die Renditen von Anleihen mit kurzer Laufzeit fallen, könnte das eine nahende Rezession ankündigen.
Dies war zumindest historisch regelmäßig der Fall. Inzwischen gibt es aber noch einen anderen Grund für eine flache Zinsstrukturkurve: Das extrem niedrige Zinsniveau in der Eurozone wirkt einem stärkeren Anstieg der US-Renditen entgegen. Daran dürfte sich aufgrund der Tiefzinspolitik der EZB auch zukünftig wenig ändern, zumal es weltweit einen großen Bedarf an sicheren Staatsanleihen gibt. Deshalb erwarten wir trotz des relativ starken Wirtschaftswachstums und einer anziehenden Inflation keinen deutlichen Anstieg der langfristigen Renditen in den USA.
Die Zinswende in den USA findet bis dato also vor allem am kurzen Ende statt, das unmittelbar von der Geldpolitik der Notenbank bestimmt wird. Dagegen rentieren zehnjährige Titel heute immer noch unter ihrem Niveau von Ende 2013. Schreitet man die Zinskurve noch etwas weiter hinaus und schaut auf die Entwicklung der Rendite dreißigjähriger US-Staatsanleihen, lässt sich eine Zinswende nicht mal ansatzweise erkennen. Man stellt sich zwangsläufig die Frage, was mit den Anleiherenditen erst passieren würde, wenn der fast zehn Jahre alte Konjunkturzyklus einmal endet.
In diesem Umfeld bleiben Aktien erstklassiger Unternehmen unseres Erachtens die Anlageklasse mit dem derzeit besten Chance-Risikoprofil.



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