Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 29.11.2024
In der Regel ebbt das Marktgeschehen nach dem Thanksgiving-Feiertag allmählich ab, denn mit Blick auf den Jahreswechsel fahren Banken ihre Bilanzen zurück und die geringere Liquidität sorgt dafür, dass Anleger auf die gestiegenen Kosten für Positionsänderungen achten. Selbst wenn sich die historischen Muster wiederholen, dürfte in diesem Jahr eine Reihe wesentlicher Risikoereignisse den Anlegern reichlich Stoff zum Nachdenken bieten.
In der Eurozone haben jüngste Meldungen zur Konjunkturlage enttäuscht. So deutete die Flash-Schätzung für den Einkaufsmanagerindex (PMI) im November darauf hin, dass die Wachstumsdynamik bis zum Jahresende womöglich nachlässt. Der Gesamtindex rutschte von 50 auf 48,1 und lag damit zum ersten Mal seit Jahresbeginn wieder deutlich unter 50. Der schleppende private Konsum, der in vielen Euroländern zu beobachtende Trend hin zu einer restriktiveren Haushaltspolitik sowie die vom künftigen US-Präsident Trump zu erwartenden Zollerhöhungen dürften die Zurückhaltung der Unternehmen zusätzlich verstärkt haben.
Diese Sachlage stellt die EZB (Europäische Zentralbank) vor ein Dilemma. Einerseits ist die Gesamtinflation in der Eurozone zwar wieder auf das von der Notenbank angestrebte Ziel von 2% zurückgegangen. Da die Kerninflationsrate aber seit dem Frühjahr zum Erliegen gekommen ist, sind die Währungshüter abgeneigt, zu weit nach vorne zu blicken (Kerninflation ohne Berücksichtigung von Lebensmitteln und Energie liegt seitdem bei 2,75% im Jahresvergleich). Andererseits räumte die EZB in den letzten Quartalen ein, dass das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben sei. So senkte sie nach der Bekanntgabe enttäuschender PMI-Daten Anfang September die Leitzinsen um 25 Basispunkte, auch wenn im selben Monat kaum Anzeichen für eine Verbesserung der Inflationsentwicklung vorlagen. Es ist davon auszugehen, dass die EZB auf ihrer Dezember-Sitzung die Wachstumsprognose abermals nach unten korrigieren wird. Da ist es durchaus sinnvoll, ihre Handlungsoptionen noch einmal auszuloten.
Davon die erste und zugleich behutsamste wäre, die Leitzinsen zunächst im Dezember um 25 Basispunkte und anschließend quartalsweise um jeweils 25 Basispunkte zu senken. Daraus ergäben sich kurzfristige Zinssätze von rund 2,15% im dritten Quartal 2025.
Alternativ würde die Notenbank die Leitzinsen in einem Tempo von 25 Basispunkten auf jeder Sitzung reduzieren. Bei dieser Variante würden die Zinssätze bis September 2025 auf rund 1,40% fallen, wenn sie bei jeder der bis dahin anstehenden sieben Sitzungen gesenkt würden.
Als dritte Möglichkeit käme in Frage, das Zinssenkungstempo kurzfristig zu beschleunigen und anschließend zu verlangsamen. Das Groß der Marktteilnehmer hält diese Vorgehensweise für am wahrscheinlichsten. Somit rechnet der Markt mit einem Leitzins im September nächsten Jahres von 1,70%.
Warum spielen die verschiedenen Szenarien eine so große Rolle? Auf der nächsten Seite werden die Entwicklung der Zinssätze und ein plausibler Bereich für den neutralen Zinssatz (d.h. ein Zinsniveau, das die Konjunktur im Euroraum weder bremst noch stützt) gegenübergestellt, der unserer Einschätzung nach zwischen 2,0 und 2,5% liegt.
Eine Zinssenkung um jeweils 25 Basispunkte im Quartal hätte zur Folge, dass die Geldpolitik bis zum nächsten Sommer restriktiv bleibt. Angesichts des nach wie vor mäßigen Wirtschaftswachstums erscheint dieser Zeitraum unnötig lang. Wenn aber die EZB die Leitzinsen auf jeder Sitzung um 25 Basispunkte senken würde, ergäbe sich ein Leitzinsniveau von bereits 2,5% im März und 2,0% im Juni.
Der Markt hält dagegen eine Zinssenkung der EZB um 50 Basispunkte im Dezember und/oder Februar für denkbar, so dass der Leitzins im März bei 2,15% und im Juni bei 1,80% läge. Diese Strategie hätte den Vorteil, dass es so früh wie möglich zu einem geldpolitisch neutralen Bereich käme und dass die Zentralbank im späteren Jahresverlauf den Umfang weiterer Lockerungsschritte beurteilen könnte.
Im Dezember dürfte es nicht zu einer Vorentscheidung der EZB zugunsten einer der genannten Optionen kommen. Es spricht allerdings immer mehr dafür, das Tempo und gegebenenfalls auch die Größenordnung der Zinssenkungen zu erhöhen. Diese Entwicklung sollten Anleger bei der Bewertung der möglicherweise geringeren Bargeldrendite im nächsten Jahr im Auge behalten.
Die Woche voraus
In der ersten Woche des letzten Kalendermonats werden die Einkaufsmanagerindizes für alle wichtigen Länder veröffentlicht, von denen China der wohl spannendste sein dürfte. Seit der Ankündigung diverser Lockerungsmaßnahmen im September gibt es erste Anzeichen für eine Erholung der Binnennachfrage im Reich der Mitte. Unabhängig davon dürften die von vielen erwarteten Zollerhöhungen in der zweiten Amtszeit von US-Präsident Trump die Nachfrage seit der Wahl beeinflusst haben. Welcher dieser Aspekte den stärksten Einfluss ausübt wird die Markteinschätzung zur Wachstumsdynamik bis ins neue Jahr hinein prägen.
In der kommenden Woche werden in den USA die Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Weil der Oktober maßgeblich von Unwettern und Streiks gekennzeichnet war, dürften sich die Auswirkungen dieser Faktoren in den Zahlen der nächsten Woche wieder auflösen. Im Ergebnis sollte sich die Beschäftigung im privaten Sektor merklich erholt haben. Allerdings deuten jüngste Daten darauf hin, dass Personen, die arbeitslos werden, länger auf Arbeitssuche sind. Dies lässt auch auf eine womöglich höhere Arbeitslosenquote schließen.
In der Eurozone dürfte die abschließende Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt im 3. Quartal eine bessere Dynamik bestätigen. Doch angesichts des jüngsten Abwärtstrends beim Einkaufsmanagerindex scheint diese Verbesserung zum Teil nur temporär gewesen zu sein. Ebenfalls im Euroraum werden nächste Woche die Einzelhandelsumsätze Aufschluss über die Verbrauchernachfrage zu Beginn des 4. Quartals geben, während die Arbeitslosenquote trotz der schwachen Konjunktur auf einem historischen Tiefstand verharren dürfte.
Verfolgen Sie die das Geschehen gemeinsam mit uns genau im Vorfeld des letzten Zinsentscheids der EZB für das Jahr 2024.
Sean Shepley
Senior Economist
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