Ethenea Portfolio Manager Update "Ethna-Defensiv" vom 31.03.2023

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Die enorme Volatilität an den Anleihemärkten war die Folge zweier idiosynkratischer Risikofälle im Bankensektor
  • Den Zentralbanken ist es bisher gelungen, die vorübergehende Panik zu zähmen
  • Die Inflation ist sowohl in den USA als auch in Europa weiterhin viel zu hoch
  • Wir haben uns von Short-Positionen in deutschen und US-Staatsanleihen wegen höherem Rezessionsrisiko getrennt bzw. diese wesentlich reduziert
  • Strategische Umschichtung von US-Unternehmensanleihen in europäische Unternehmensanleihen aufgrund zu hoher Sicherungskosten und relativer Attraktivität europäischer Pendants
  • Wir streben europäische Unternehmensanleihen mit Renditen von 4 %  und höher an

31.03.23 - Das Hauptmerkmal des vergangenen Monats war zweifelsohne die enorme Volatilität der Anleihemärkte in den USA und Europa. Auslöser dieser Volatilität waren zwei bedeutende Ereignisse im Bankensektor auf beiden Seiten des Atlantiks. Zunächst gab die Silicon Valley Bank in einer Pressemitteilung bekannt, dass sie ein Insolvenzverfahren eingeleitet habe.  Dies war der zweitgrößte Bankenzusammenbruch in der Geschichte der Vereinigten Staaten und der größte seit der Finanzkrise 2007–2008. Das zweite Ereignis war die Übernahme der schwer angeschlagenen Traditionsbank Credit Suisse durch den Erzrivalen UBS für einen Bruchteil dessen, was Credit Suisse noch vor einem Jahr gekostet hatte. Die Marktteilnehmer waren durch diese Entwicklungen massiv verunsichert und suchten sichere Häfen wie US-amerikanische und deutsche Staatsanleihen. In den darauffolgenden Tagen handelten die Investoren ihre Renten hin und her, was die Volatilität auf den höchsten Stand seit 2008 trieb. Netto sanken die Renditen der langlaufenden amerikanischen und deutschen Staatsanleihen um ca. 40 Basispunkte im Vergleich zum Vormonat, was zusammen mit der Volatilität auf beinahe Rekordniveau auf die Unsicherheit unter den Anlegern hindeutete.

Die Unsicherheit nahm auch deshalb zu, da die künftige Politik der Fed und der EZB nicht leicht vorhersehbar war. Das Hauptrisiko bestand darin, dass die Krise des Finanzsektors auf die Realwirtschaft übergreifen und diese in eine Rezession stürzen könnte. Die EZB-Vorsitzende Lagarde verwies jedoch auf der Pressekonferenz am 16. März auf das Trennungsprinzip der Funktionen der EZB: Als Lender-of-Last-Resort reagiere die Zentralbank auf Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität, während die Zinspolitik der Preisstabilität diene. Die Entscheidung, den Leitzins um 50 Basispunkte anzuheben, war auf die letztgenannte Funktion der EZB zurückzuführen und zielte auf die viel zu hohe Inflationsrate im Euroraum ab. Nach der erfolgten Credit Suisse-Übernahme gab es keine weiteren Anzeichen der Schwäche im europäischen Bankensektor. In den USA stellte die Fed eine großzügige neue Liquiditätslinie zur Verfügung, um den Banken zu helfen, die Mittelabflüsse durch Kunden als Panikreaktion abzufedern und sich mehr Spielraum für die Inflationsbekämpfung zu verschaffen.

Und diesen Spielraum werden die Zentralbanken brauchen: Sowohl in den USA als auch im Euroraum ist die Inflation alles andere als niedrig. Am Ende des Monats lagen die Inflationszahlen nach wie vor deutlich über dem Ziel der Zentralbanken: Die Kerninflationsrate im Euroraum lag bei 5,7 %, der PCE-Deflator in den USA bei 5 %. Daher sind wir einerseits der Ansicht, dass die Zentralbanken ihren Kampf gegen die Inflation fortsetzen und die Zinsen länger auf einem hohen Niveau halten müssen. Andererseits halten wir das Rezessionsszenario für wahrscheinlicher. Angesichts der (selbst auferlegten) restriktiveren  Kreditvergabe der  Banken und der geringen  Bereitschaft der Kunden, Geld auf ihren ertragsschwachen Bankkonten zu halten, scheinen die Volkswirtschaften anfälliger zu sein und könnten bald in eine Rezession abgleiten. Aus diesem Grund haben wir unsere Short-Position in Futures auf 5-jährige deutsche Staatsanleihen halbiert (derzeit bei 18,2 %) und auf 10-jährige deutsche und US-Staatsanleihen vollständig geschlossen. Diese Entscheidung hatte uns in den letzten zwei Märzwochen geholfen, weil die Zinsen netto niedriger lagen als vor unserer Trennung von Short-Positionen.

Ein weiterer strategischer Schritt für unser Portfolio im letzten Monat war die Umschichtung von amerikanischen in europäische Unternehmensanleihen. Die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa führt derzeit zu hohen Sicherungskosten von rund 160 Basispunkten. Da europäische Unternehmensanleihen mit einem relativ geringen Ausfallrisiko eine durchschnittliche Rendite von über 4 % aufweisen, müssen US-amerikanische Pendants eine Mindestrendite von 5,6 % aufzuweisen, um ähnlich attraktiv zu sein. Da dies derzeit nicht der Fall ist, haben wir unsere Positionen in amerikanischen Unternehmensanleihen deutlich reduziert und streben europäische Unternehmensanleihen mit Renditen um 4 % an. Dies würde auch dazu beitragen, unsere laufende Rendite bis Ende 2023 auf rund 5 % zu erhöhen, indem wir kontinuierlich  Anleihen mit niedrigem Coupon gegen Anleihen mit höherem Coupon tauschen. Auf diese Weise sind wir im Falle einer Rezession durch ein hohes durchschnittliches Kreditrating des Portfolios geschützt und versuchen gleichzeitig, die hohen Renditen zugunsten unserer Anleger durch eine stetig steigende laufende Rendite zu nutzen.

Autor:
Dr. Volker Schmidt
Senior Portfolio Manager

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