Erneut verschoben: Die Renaissance von Value
Wenn Anleger die Entwicklungen an den Aktienmärkten diskutieren, steht ein Thema oft an erster Stelle: Die extrem unterschiedliche Entwicklung in den beiden Anlagestilen Value und Growth. Seit Jahren entwickeln sich Wachstumsaktien nun schon deutlich besser als Substanztitel. In 11 der letzten 12 Jahre konnten Growth-Aktien global die bessere Performance für sich verbuchen. Nach der globalen Finanzkrise 2008/09 war 2016 das einzige Kalenderjahr, in dem Value-Aktien ihre Wachstumspendants auf den zweiten Platz verweisen konnten. Je lauter die Stimmen in den vergangenen Jahren wurden, die eine Trendumkehr und damit die Renaissance von Value propagierten, umso ausgeprägter war im Nachgang die jeweilige Fortsetzung der Outperformance von Growth. Die vermeintliche Renaissance dauerte jeweils nur wenige Wochen bis Monate. Grund genug, sich mit diesem Thema nochmals etwas intensiver auseinanderzusetzen.
Bereits bei der Definition von Value und Growth gibt es unterschiedliche Ansätze, die sich im Anspruchsdenken unterscheiden. Die einfachere und populärere Herangehensweise basiert auf relativ simplen Bewertungskennzahlen, wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder dem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Deren Ausprägungen bestimmen, ob eine Aktie günstig ist und einem Value-Index zugerechnet wird oder ob es sich um wachstumsstarke Aktien handelt, die ihren Platz in Growth-Indizes finden. Auf solchen Annahmen und Indizes basieren nahezu alle quantitativen Aussagen zu der Thematik.
Doch es geht auch anspruchsvoller. Professionellere Value-Anleger argumentieren nicht mit der vergleichsweise einfachen Methodik der Indexanbieter, sondern mit dem Konzept der Sicherheitsmarge. Die Grundidee des Value-Investierens besagt, dass für jedes Unternehmen ein innerer bzw. ökonomischer Wert der Aktie berechnet werden kann, welcher im Idealfall alle relevanten Erwartungen an die Zukunft sowie das aktuelle Kapitalmarktumfeld berücksichtigt. Liegt der am Markt gehandelte Kurs der Aktie ausreichend weit unter diesem inneren Wert, kann die Aktie der Theorie nach mit einem Sicherheitsabschlag gekauft werden und in Zukunft zu einem hoffentlich höheren Kurs mit Gewinn wieder verkauft werden. Dieser Zusammenhang wird schematisch hundertfach in Anlegerpräsentationen dargestellt.
So eindrücklich solche Darstellungen die Vorteile der Value-Philosophie auch vermitteln mag – sie beinhalten eine implizite Annahme, die in der Praxis durchaus hinterfragt werden kann und vielen Anlegern oftmals gar nicht bewusst ist. Der Fokus der Value-Strategie liegt eindeutig auf der Bewertung, das heißt auf der aktuellen Abweichung des Kurses vom erwarteten fairen oder inneren Wert der Aktie.
Dass der innere Wert in Zukunft steigen wird, ist dabei keine ausgemachte Sache. Strukturelles Wachstum ist für viele Unternehmen ein rares Gut geworden. Aber ohne nennenswertes Wachstum stellt sich die Frage, warum der Wert eines Unternehmens längerfristig steigen sollte. Der Fehler liegt an dieser Stelle in einer grundsätzlichen Bewertungsannahme. Viele Bewertungsmodelle legen für den Detailplanungshorizont, der meist um die fünf Jahre in die Zukunft reicht, differenzierte Wachstumsprognosen zugrunde. Darüber hinaus wird pauschal eine unendliche Unternehmensexistenz mit einer konstanten Wachstumsrate angenommen. Bleibt dieses angenommene Wachstum allerdings aus, wird ein deutlich realistischeres Bild der weiteren Entwicklung des inneren Wertes vermittelt als die hoffnungsschwangere vorangegangenen Thematiken. Realistischer, aber kaum geeignet für eine ansprechende Werbemitteilung.
Nichts ist ohne Grund günstig. Die wenigsten Value-Anleger leugnen das. Jedoch ist die Frage durchaus berechtigt, warum sich ein heute existierender Abschlag zum inneren Wert einer Aktie in Zukunft auflösen bzw. sich evtl. sogar in eine Prämie zum fairen Wert ändern sollte. Nahezu alle Bereiche des wirtschaftlichen Lebens durchlaufen aktuell extreme Transformationsprozesse, die sowohl Gewinner als auch Verlierer produzieren. Begegnet man dieser Entwicklung nicht mit der ihr gebührenden Objektivität und Flexibilität, läuft man Gefahr, sich als Anleger psychisch wie physisch in eine Ecke zu manövrieren, aus der man anschließend kaum noch herauskommt.
Ein Paradebeispiel stellt seit Jahren der Automobilbereich dar. Value-Anleger berufen sich auf die mitunter extrem niedrigen Bewertungen traditioneller Automobilbauer, die mit KGVs im einstelligen Bereich bereits seit Jahren das untere Ende der Aktienbewertungen bilden. Das Bewertungsargument gewinnt dabei kontinuierlich an Gewicht, da das Bewertungsniveau der Gesamtmärkte im Kontext der niedrigen Zinsen sukzessive nach oben geklettert ist. Aber wie sieht es auf der anderen Seite aus? Growth-Anleger verweisen gerne auf die disruptiven Geschäftsmodelle der heutigen Wachstumsstars, die oftmals – wie beispielsweise der US-Elektroautopionier Tesla – unmittelbare Wettbewerber der günstig bewerteten Unternehmen sind. Allerdings rückt bei diesen die aktuelle Bewertung der erwarteten zukünftigen Umsätze und Gewinne immer stärker in den Hintergrund. Das Problem ist, dass inhaltlich beide Lager (Un-)Recht haben. Erstere werden durch disruptive Wettbewerber in ihrem Wachstum beschnitten, womit die künftige Annäherung des Kurses an den inneren Wert in Frage gestellt werden kann. Letztere entkoppeln sich nach oben von ihrem inneren Wert, was zu heftigen Kursrückgängen führen kann, sollte das vom Markt prognostizierte Wachstum einmal nicht erreicht werden. Damit sind weder Value-Aktien noch Wachstumstitel pauschal gute oder schlechte Investments.
Wie kann ein Ausweg aus dem Value-Growth-Dilemma aussehen? Mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen beider Anlagestile im Hinterkopf kann man bereits die gröbsten Fehler umgehen. Es ist schlichtweg beides von Bedeutung: Wachstum ebenso wie die Bewertung. Je weiter man jedoch nach vorne schaut und je längerfristig die individuelle Investmentidee ausgelegt ist, umso dominanter wird das Vorhandensein struktureller Wachstumstreiber. Der Einfluss von kürzerfristigen Schwankungen in der Bewertung verliert dabei im Zeitverlauf an Einfluss.
Solange die Extreme an den Bewertungsrändern mit erhöhten Risiken versehen sind, sollte für umsichtige Anleger der Weg durch die Mitte führen. Mitte ist dabei nicht mit Mittelmaß zu verwechseln, sondern steht für qualitativ hochwertige Unternehmen mit strukturellen Wachstumstreibern und soliden Bilanzen bei gleichzeitig fairer Bewertung. Mit dem Augenmerk auf genau jene Unternehmen ist es auch dem aktienfokussierten Ethna-DYNAMISCH – dem offensivsten der drei Ethna Funds – gelungen, in den letzten Jahren der immer wieder scharf gestellten Value-Falle zu entgehen. Wie auch bei den anderen Ethna Funds ist es generell sinnvoll, eine auf höchste Flexibilität bedachte Anlagestrategie zu verfolgen, um über verschiedenste Marktphasen hinweg eine nachhaltig attraktive Rendite zu erwirtschaften, ohne dabei zu stark von wechselnden Marktregimen wie Value- oder Growth-Zyklen abhängig zu sein.
Rechtliche Hinweise