Loys Capital Kolumne vom 21.03.2023
Fast 15 Jahre nach der Kulmination der Subprime-Krise durch die Pleite der Lehman Brothers im Herbst 2008 ist in den Vereinigten Staaten von Amerika eine neue Bankenkrise virulent geworden. Nach der Implosion der spekulativen Krypto-Blase, in deren Folge FTX, Silvergate und andere vor die Wand fuhren, ist es bei der Silicon Valley Bank zu einem klassischen ´Run´ auf die Einlagen dieser Bank gekommen.
Die Notenbank Fed sah sich zum Eingreifen gezwungen, schloss das Institut und garantierte die Einlagen. Weitere Regionalbanken gerieten in den Sog und mussten ebenfalls gerettet werden. Bei der First Republic Bank schießen sechs amerikanischen Großbanken Geld ein, so dass eine Zahlungsunfähigkeit abgewendet wird. Freilich besorgen sich die ´systemrelevanten´ Großbanken das Geld von der Notenbank, die hierzu einen eigenen Diskontrahmen neben anderen Finanzierungsfazilitäten bereitstellt.
Prima facie könnte man den Eindruck haben, es handele sich genau wie bei der Subprime-Krise um eine rein amerikanische Regionalbankenkrise. Tatsächlich zeigen aber die Börsenkurse von Banken und Finanzunternehmen einmal mehr, dass die Krise weltweite Abstrahlungseffekte besitzt. Commerzbank und Deutsche Bank stürzten stärker ab als JP Morgan, Bank of America und Citigroup. Europaweit kamen Banken und Finanzwerte unter heftigen Verkaufsdruck, wie die Kursentwicklungen bei Unicredit, BNP, ING Group, Standard Chartered und Barclays demonstrieren. Angesichts der Leitbörsenfunktion der amerikanischen Finanzmärkte für die weltweiten Kursentwicklungen liegt die beschriebene Entwicklung im Rahmen der Börsentradition. Schließlich führte die Subprime-Krise vor allem in Europa zu schweren Schäden und Verwerfungen. Seither hängt die Commerzbank am Zügel des Staates und etliche deutsche staatliche Landesbanken wurden nebst IKB und Hypo Real Estate insolvent.
Damit nicht genug: Das seit vielen Monaten anhaltende Siechtum der schweizerischen Großbank Credit Suisse infolge hoher Eigenkapital-, Ansehens- und Vertrauensverluste während der Greensill-Pleite und dem Untergang des US-Hedgefonds Archegos veranlasste die Schweizer Nationalbank dazu, das Institut zu retten, wie sie es bereits in der großen Finanzkrise tat. Eine erzwungene Übernahme durch die UBS war nachgerade unvermeidlich. Weil aber die Bankenwelt stark miteinander verwoben ist, bestehen berechtigte Sorgen einer allgemeinen Ansteckungsgefahr. Dabei muss gesehen werden, dass die notwendig gewordene Zinswende nach vielen Jahren ultra billigen Geldes und dadurch begünstigter galoppierender Inflation viele Finanzinstitute auf dem falschen Fuß erwischt hat. Das Annus horribilis 2022 für die Anleihemärkte sorgt dafür, dass viele Banken hohe Buchverluste bei ihren Anleihebeständen vor sich herschieben. Der Sparkassenverband in Deutschland wies unlängst darauf hin, dass der deutsche Sparkassensektor ein kumuliertes Kursdefizit in Höhe von fast acht Milliarden Euro aufgetürmt habe. Da aber Anleihen, die bis zur Endfälligkeit gehalten werden sollen, nicht zu Marktpreisen bilanziert werden müssen (ein Privileg gegenüber der Aktienanlage), zehren die Buchverluste das Eigenkapital nicht auf.
Wie stark die Abstrahlungseffekte der erneuten staatlichen Bankenrettungen sind, zeigt ein Blick auf Japan. Im Land der aufgehenden Sonne erfolgte weder eine Zinswende noch besteht eine materielle Verbindung zu den in Schwierigkeiten befindlichen US-Regionalbanken. Dennoch wurden die japanischen Finanzwerte wie z.B. Mizuho Financial, Sumitomo Mitsui Financial, Nomura Holdings und Mitsubishi UJF Financial in den Abwärtsstrudel gezogen.
Sollte die Vergangenheit einmal mehr Modell für die derzeitige Krisenbewältigung sein, dann dürfte mit einer erneuten Geldflut seitens der Zentralbanken sowie einer Flucht in den US-Dollar gerechnet werden.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns
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