Amundi Marktkommentar vom 17.05.2022
Die hohe Inflation, rückläufige Wachstumserwartungen und der Regimewechsel in der Geldpolitik sowie die Zukunft des nachhaltigen Investierens waren die Schwerpunkte im Interview mit Thomas Kruse, CIO von Amundi Deutschland, auf der jüngsten Amundi Investment Konferenz am 10. Mai. Warum er für eine breite Streuung, Tourismustitel, globale Tech-Riesen oder ESG-Unternehmen plädiert, lesen Sie im ausführlichen Interview.
Herr Kruse, wie schätzen Sie die aktuelle Inflationsentwicklung ein?
Ich denke, wir müssen uns einstweilen von der Idee verabschieden, dass die Inflation nur temporär ist. In den USA ist man bei aktuell 8,5% Preisauftrieb und 6,5% Kerninflation schon etwas weiter als in Europa. Mit gestiegenen US-Lohnkosten von 5,5% kann man mittlerweile mit Fug und Recht von einer gewissen Lohn-Preis-Spirale sprechen. Deshalb musste die Fed auch deutlich reagieren. In Europa sind wir mit 7,5% Inflation und 2,9% im Kern noch in einer etwas anderen Phase, aber wer beispielsweise die aktuelle IG-Metall-Forderung eines Lohnaufschlags von 8,2% richtig deutet, der sollte auch hier die mögliche Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale erkennen.
Die US-Notenbank realisiert gerade die Wiederkehr des Zinses, wie viele Zinsschritte der deutlich zögerlicheren EZB erwarten Sie in diesem Jahr?
Aktuell rechnen wir noch mit zwei Schritten, doch da muss man die Entwicklung abwarten. Auch ein dritter Schritt wäre möglich. Es spielt beispielsweise auch der weitere Verlauf des Ukrainekriegs eine Rolle, und die damit zusammenhängende Entwicklung der Rohstoffpreise. Insgesamt sollte die EZB, auch wegen der relativ hohen Verschuldung der südlichen Länder des Euroraums sowie Frankreichs, recht ausbalanciert vorgehen, um nicht zu sehr die Konjunktur zu bremsen.
Fällt der mit dem Auslaufen der Pandemie erhoffte Konjunkturschub nun aus?
Jedenfalls hat der Ukrainekrieg vieles verändert, ein unbeschwertes Re-Opening, wie viele dachten, wird es jetzt wohl kaum mehr geben. Auch weil die Lieferkettenprobleme durch den Konflikt eher wieder angeheizt werden und auch das Wiederaufflammen von Corona in China zu großen Lockdowns und Verzögerungen im Schiffsverkehr führt, was das Problem zusätzlich verschärfen kann.
Was bedeutet das für Anleger konkret?
Im inflationären Umfeld setzen wir derzeit vor allem auf Unternehmen mit Marktmacht, die höhere Preise auch an die Kunden weiterreichen könnten. Die Branchen sehen wir differenziert: Wir glauben nicht, dass beispielsweise unser Nachholbedarf bei Reisen, Touristik oder auch Restaurants so schnell verfliegt. Bei den Tech-Werten sollte man wegen der steigenden Zinsen genauer auf das Maß der Verschuldung und die aktuellen Gewinne schauen. Deshalb sind wir bei den Tech-Riesen, insbesondere aus den USA, weiterhin zuversichtlich. Junge Unternehmen, die ihre Gewinne erst noch in der Zukunft erwirtschaften wollen, meiden wir. Und auch nachhaltige Investments sehen wir weiter positiv.
Diese ESG-Anlagen haben aber doch jüngst etwas eingebüßt?
Das ist unserer Überzeugung nach ein Sondereffekt und erklärt sich in Relation zu der Outperformance der fossilen Energieträger in Folge des Ukrainekrieges – langfristig bleiben die guten Aussichten nachhaltiger Unternehmen intakt. Erst kürzlich wurde beispielsweise der Klimafonds der Bundesregierung um weitere 30 Mrd. Euro erhöht. Übrigens sehen wir hier die europäischen und vor allem deutschen Unternehmen im Vorteil gegenüber beispielsweise den US-amerikanischen. Wegen der weitgehenden Energieunabhängigkeit der USA ist dort in Sachen ESG auch weniger Innovationsdruck als in Europa.
Was bedeutet das mit Blick auf die Zukunft?
Wir glauben, die Energieverknappung durch die Folgen des Krieges von Russland gegen die Ukraine könnte in Deutschland und Europa eine Triebfeder für die nachhaltige Energiewende werden und zu einer schnelleren Energieautarkie führen. In den USA spricht man aktuell beispielsweise noch über fossile Schiefergasförderung – mit dieser unterschiedlichen Akzentsetzung wird sich der Abstand bei den alternativen Energietechnologien vermutlich weiter ausprägen und die USA „hinterher“ bleiben.
Wie blicken Sie derzeit auf China und die aktuellen Covid-Fälle?
Das komplette Herunterfahren von Industriezentren wie Shanghai mit rund 25 Millionen Einwohnern und einem Hafen von globaler Bedeutung bleibt natürlich nicht folgenlos. Zwar hatten wir Anfang des Jahres mit einem Wachstum von 4,8% für 2022 gerechnet, vor allem weil die chinesische Notenbank recht expansiv war. Doch die aktuellen Verwerfungen lassen uns nur noch auf rund 3,5% BIP-Wachstum hoffen, was im Vergleich zu den Vorjahren schon ein tiefer Einschnitt wäre.
Wie sollten Anleger ihr Portfolio in diesem Umfeld ausrichten?
Möglichst breit streuen, wie es etwa Multi-Asset-Portfolios machen. In reale Werte – wie Aktien – investieren und rohstoffnahe Titel bevorzugen sowie solche mit Preissetzungsmacht. Auch inflationsgeschützte Anleihen oder langlaufende Staatsanleihen könnten eine Rolle spielen. Langfristige Anlagen, etwa nachhaltige ESG-Titel, könnten indes weiterverfolgt oder bei Kursrückgängen sogar etwas aufgestockt werden – denn der Megatrend zu Klimaschutz und mehr Verantwortung ist intakt.
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Rechtliche Hinweise
Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 10.05.2022. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.