Kanada eröffnet den Tapering-Reigen
Die Bank of Canada beginnt mit der Post-Covid-Normalisierung, die Anleihekäufe werden gedrosselt. Andere Zentralbanken dürften folgen und die Devisenmärkte reagieren.
Die Kanadier sind mal wieder früh dran. Die Bank of Canada (BoC) hat begonnen, ihre wöchentlichen Anleihekäufe um 25 Prozent zu reduzieren. Das nennt sich Tapering und ist seit Jahresbeginn ein heiß diskutiertes Marktthema. Während die Welt mehr oder weniger gleichzeitig in die Covid-Krise stürzte, sieht es beim Ausstieg anders aus. Einige Länder erholen sich deutlich schneller und stärker als andere – sei es, weil die Eindämmung der Pandemie schon früh gelang, die Fiskalpolitik half oder es schneller mit dem Impfen geht. Nach der kanadischen Entscheidung blicken nun viele auf Australien und Neuseeland, zwei weitere Covid-Erfolgsgeschichten, die bald mit dem Tapering anfangen könnten.
Was spricht für Tapern, wenn gleichzeitig die Zinsen niedrig gehalten werden? Von der Bank of Canada hieß es neulich, dass "bis Ende April 2021 die Anleihebestände kanadischer Staatsanleihen voraussichtlich der mit Abstand größte Teil des Bilanzvermögens sein werden". Dies allein wäre noch nicht allzu ungewöhnlich, doch „unsere Käufe von kanadischen Regierungsanleihen allein seit dem letztem März machen schon etwas mehr als 35 Prozent des insgesamt ausstehenden Volumens aus.“ Wie unser Chart der Woche zeigt, halten die Zentralbanken unterschiedlich hohe Anteile der jeweiligen Staatsanleihen.
So hält die Reserve Bank of Australia (RBA) lediglich 19 Prozent der australischen Staatsanleihen. Auch die Inflationsdaten bleiben in Australien verhalten. Zuletzt lagen sie bei 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, deutlich unter dem Zielbereich der RBA von 2 bis 3 Prozent. Dagegen pirscht sich die BoC bereits viel näher an ihrem Ziel von durchschnittlich 2 Prozent heran – zuletzt lag die Inflation in Kanada bei etwa 1,9 Prozent. Diese beiden Datenpunkte sprechen dafür, dass die RBA dem kanadischen Beispiel nicht ganz so schnell folgen wird, wie es manche Marktteilnehmer glauben.
Die Reserve Bank of New Zealand (RBNZ) bremst bei den Käufen bereits etwas, wenn auch nur implizit. Das erweiterte Programm zur quantitativen Lockerung, das im März 2020 gestartet wurde, lässt bis Juni 2022 insgesamt bis zu 100 Milliarden Neuseeland-Dollar (NZD) zu. Bisher hat die RBNZ jedoch nur 43 Milliarden NZD ausgegeben. Die Bank of England (BoE) dürfte ihre Einkäufe ebenfalls glätten, allein schon um innerhalb der Parameter ihres QE-Programms zu bleiben. Die Wiedereröffnung Großbritanniens hat gerade erst begonnen. Da dürfte es noch eine Weile dauern, bis sich die Inflationsdaten erholen. Beim Schutz von Arbeitsplätzen haben sich sowohl Großbritannien als auch Neuseeland noch besser geschlagen als Kanada.
In Summe bedeutet dies unserer Meinung nach, dass man für die Beurteilung, wann eine Zentralbank mit dem Tapern anfängt, nicht nur auf Inflations-, Arbeitslosen- und Wachstumszahlen gucken sollte. Je höher der Bestand an heimischen Staatsanleihen, desto eher könnten die Zentralbanken gewillt sein, das Tapern zu beginnen. Dies war unseres Erachtens bereits bei der BoC der Fall, und dies könnte entsprechend auch bei der RBNZ und der BoE eine Rolle spielen.
Für die Devisenmärkte hat das Folgen. Regierte 2020 in erster Linie Risikoaversion die Währungsmärkte, zählen jetzt wieder andere Faktoren. Unter anderem der Renditeunterschied zwischen verschiedenen Währungsräumen. Entsprechend wichtig wird es nun, frühzeitig zu erkennen, welche Notenbank wann und warum als nächstes die Kaufprogramme drosseln wird. Denn die Renditeunterschiede dürften größer werden.
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DWS Investment GmbH; Stand: 28.04.2021
082244_5 (04/2021)