Sektorallokation neu gedacht
Warum ESG für Investoren und Performance eine so wichtige Rolle spielt und dies für alle Unternehmen, Branchen und Subsektoren?
In diesem Beitrag untersuchen wir die ESG-Risiken und Chancen verschiedener Subsektoren mit Hinblick auf Umwelt- und Sozialstrategie sowie der Unternehmensführung. Außerdem fassen wir einige unserer bisherigen Erkenntnisse zusammen. Wir beginnen mit einer kurzen Einführung unserer Vorgehensweise, wie wir das Klimarisiko (CTRR-Rating), das Risiko kontroversen Verhaltens bzw. der Normenverletzung (Normen-Rating) und den Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG-Rating) ermitteln. Interessierte Leser verweisen wir auf frühere Ausgaben des CIO Quarterly mit detaillierten Erläuterungen zu unserem methodischen Vorgehen.[1] Anschließend beschreiben wir, wie uns diese Ergebnisse immer mehr bei unseren Entscheidungen zur Sektorenallokation unterstützen und auch dabei helfen, die Entwicklung in einzelnen Unternehmen, Branchen und Subsektoren zu verstehen.
Mit unserem Normen-Rating wollen wir zeigen, ob ein Unternehmen in seinen Geschäftspraktiken internationale Standards wie den Global Compact der Vereinten Nationen beachtet oder nicht. Dieses Rating berücksichtigt die Schwere und Häufigkeit derartiger Verstöße bei Geschäftsabläufen, Produkten oder Dienstleistungen sowie in der Unternehmensführung. Mit Hilfe des Klimarisiko-Ratings (CTRR) lässt sich ermitteln, welche Unternehmen den Übergang zu einer kohlenstofffreien Welt mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgreich gestalten könnten. Und unser SDG-Rating ermittelt schließlich den Nettobeitrag zu den von den Vereinten Nationen festgelegten SDGs. Wir filtern die Unternehmen heraus, die Einkünfte im Einklang mit SDGs erzielen und setzen einen Kontrollmechanismus ein, mit dessen Hilfe wir die "klaren" Vorreiter bestimmen können. Letzteres erreichen wir dadurch, dass wir Wertpapiere ausschließen, bei denen schwerwiegende Probleme entweder bei der mit unserem eigenen DWS SynRating ermittelten ESG-Qualität oder aufgrund von Normenverletzungen oder Verbindungen zu kontroversen Branchen festgestellt werden.
Durch diese Bewertung versuchen wir Sektoren und Subsektoren herauszufiltern, die in diesen drei Bereichen entweder höhere Risiken bergen oder höhere Chancen bieten. Seit 2018 sind globale ESG-Trends Bestandteil unseres DWS CIO Views. Durch die Berücksichtigung von ESG-Informationen wollen wir unsere Anlagerisiken verringern und Geschäftsbereiche mit wachsender Nachfrage erkennen. Neben dem finanziellen Erfolg wollen wir außerdem messbar positive gesellschaftliche Akzente setzen. Wir betrachten die Berücksichtigung von ESG-Auswirkungen bei unserer Assetallokation und Portfoliostruktur als wertvolle Ergänzung unseres Anlagenprozesses. So können wir unter anderem ein Portfolio optimieren, das nicht nur die Klima-, Finanz- und Reputationsrisiken berücksichtigt, sondern Investitionen auch in die Unternehmen lenkt, die den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft fördert und einen positiven Beitrag zu SDGs leistet.
Die Analyse der Ergebnisse unserer detaillierten Branchen- und Subsektorenuntersuchungen unter Berücksichtigung aller Risiken in diesen drei Bereichen hat ergeben, dass die Subsektoren mit den höchsten Risiken bei zyklischen Konsumgütern, Energie und Grundstoffen zu finden sind. Diese drei Branchen haben die höchste Zahl "klarer CTRR-Nachzügler" und verstoßen häufig gegen internationale Standards. Dagegen gehören zu den Sektoren mit dem höchsten Anteil "klarer SDG-Vorreiter" und "Lieferanten von Klimalösungen" Technologie, erneuerbare Energie und Industriewerte.
Bei den zyklischen Konsumgütern leidet die Automobilbranche unter unzureichender Unternehmensethik, einem Vermächtnis des Dieselskandals, sowie aufgrund ihrer Fahrzeugmodelle, die mit traditionellem Verbrennungsmotor ein hohes Klimarisiko aufweisen. Auf lange Sicht leistet die Automobilbranche aber aufgrund der zunehmenden Verlagerung auf Elektrofahrzeuge auch einen Beitrag zum 13. SDG-Ziel (Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels) und bietet so Chancen für Klimalösungen.
Im Energiebereich gibt es in allen Subsektoren übermäßig viele Klimanachzügler, und bei vielen Unternehmen sind ernsthafte Normenverstöße festzustellen. In den meisten Fällen geht es um umweltschädliches Verhalten und Menschenrechtsverletzungen. Schließlich treten im Grundstoffsektor bei Metallen und Bergbau sowie Baustoffen außergewöhnlich hohe Klimarisiken und schwere Normenverletzungen auf, zum Beispiel durch Emissionen, Abfall, Wasserstress zu Lasten der lokalen Bevölkerung. Daher gehen wir davon aus, dass durch den hohen Bedarf an Wasser und Energie in diesem Bereich aus physischen und finanziellen Gründen nicht unbegrenzt neue Betriebsstätten errichtet werden können.
Zur Verbesserung unseres Asset-Allokationsprozesses wollen wir angesichts des permanenten Neubewertungsrisikos die durch das Klima- und Normenrisiko entstehenden Risiken verringern und gleichzeitig kohlenstoffarme und SDG-konforme Anlagemöglichkeiten nutzen. Aber wir bestimmen nicht nur die Sektoren mit hohem Klima- und Normenrisiko, wir konnten und können auch die Sektoren, Subsektoren und einzelne Wertpapiere identifizieren, bei denen der Kampf gegen den Klimawandel und die Unterstützung von SDG-Zielen die besten Chancen bieten könnten.
Wir haben festgestellt, dass sich Anlagechancen vor allem in den Sektoren Informationstechnologie, Industrie und Versorger konzentrieren. Im IT-Sektor ist der Anteil an SDG-Vorreitern in allen drei Subsektoren hoch. Daneben werden IT-Produkte in der Regel aus Gründen der Energieeffizienz eingesetzt und sind auf das 13. Ziel (Maßnahmen zum Klimaschutz) ausgerichtet; dieses trifft auch für bestimmte Geräte im Halbleiter-Subsektor zu. Bei den Versorgern sind es die Wasserversorger und ein kleiner Teil unabhängiger Stromversorger, die vor allem auf erneuerbare Energien setzen, während bei den Industriewerten die Subsektoren Elektroausrüstung, Bauproduktion und Schiene gut positioniert sind.
Innerhalb dieses Analyserahmens kamen wir zu dem Schluss, dass sich zuletzt gelohnt hat, auf ESG Qualität zu achten. Wir haben zur Veranschaulichung Portfolios als Untermengen des MSCI AC World EUR Index gemäß dem Klimarisikorating, dem Normenrating und SDG-Rating konstruiert, und die Performance mit der des breiten Markts verglichen.
Der Vorsprung war mit Blick auf das Klimarisiko am größten – hier schlug das Klimalösungsportfolio das Klimarisikoportfolio im bisherigen Jahresverlauf um 73 Prozent. Das Klimarisikoportfolio bestand hauptsächlich aus Unternehmen der Bereiche Energie, Versorger und Grundstoffe, während das Klimachancenportfolio stark in Informationstechnologie und Industriewerte investiert war. Das Normenrisikoportfolio blieb nur um 2 Prozent hinter dem breiten Markt zurück. Das SDG-Chancenportfolio schlug den Markt bisher um 14 Prozent, vor allem wegen des deutlichen Übergewichts bei Gesundheitsversorgung und Informationstechnologie (IT) auf Kosten der Untergewichtung beinahe aller anderen Sektoren (mit Ausnahme von Immobilien).
Was bedeutet dies alles? Unsere Analyse deutet darauf hin, dass globale Investoren zunehmend dazu tendieren, ESG-Informationen in ihre Anlageentscheidungen einzubinden. Dies könnte in den ersten acht Monaten 2020 die Performance verschiedener Sektoren und Subsektoren unterstützt haben. Darüber hinaus zeigt sie auch, wie nützlich ein formaler Rahmen bei der Bewertung von Emittenten anhand von festgelegten Kriterien ist, wenn es darum geht, einen globalen Ausblick für eine Sektorallokation abzuleiten. Durch die Berücksichtigung von ESG-Informationen im Allgemeinen und Klima-, Normen- und SDG-Informationen im Besonderen wollen wir unsere Anlagerisiken minimieren und Anlagechancen nutzen. Damit unterstützen wir nicht zuletzt Bemühungen, um im Bereich Klimaschutz und für andere aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen nachhaltige Lösungen zu finden.
Klimawandelvorreiter gegen Klimawandelnachzügler
Aktien von Unternehmen mit dem höchsten Rating bezüglich Klimanachhaltigkeit schneiden im bisherigen Jahresverlauf wesentlich besser ab als der breite Markt.
RECHTLICHER HINWEIS
Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten und hypothetischen Modellen oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können. Wertentwicklungen in der Vergangenheit sind kein verlässlicher Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
DWS Investment GmbH; Stand: 16.09.2020
CRC 078521 (09/2020)