Exklusivinterview mit Kapitalmarktforscher
Donald Trump hat die Börsen auf Talfahrt geschickt. Weltweit. Von Japan über Frankfurt bis nach New York trennen sich Investoren von Aktien. Denn die beschlossenen Zölle werden von vielen Investoren als ein massiver Bremsklotz für den Welthandel angesehen, vor allem wenn nach China noch weitere Länder mit Gegenzöllen reagieren. Zugleich heizen sie die Inflation an und schüren nicht nur in den USA die Befürchtungen, dass es zu Stagflation kommt. Mit diesem Begriff bezeichnen Ökonomen eine Phase, in der die Wirtschaft bei hohen Preissteigerungsraten stagniert.
Diesseits des Atlantiks treiben derweil die neuen Milliardenschulden Deutschlands vielen Anlegern Sorgenfalten auf die Stirn. Und dass es weder in der Ukraine noch im Nahen Osten nach einer Lösung der Konflikte aussieht, beruhigt auch nicht unbedingt. Diejenigen, die Geld auf die Seite gelegt und in Wertpapiere investiert haben, kommen schon mal ins Grübeln: Wäre es angesichts der großen Unsicherheit nicht vernünftiger, riskanten Anlageklassen wie Aktien den Rücken zu kehren?
5 Fragen an Dr. Andreas Beck
Wie sinnvoll eine solche Entscheidung ist, darüber hat die Fondsplattform MorgenFund mit Dr. Andreas Beck gesprochen. Der Mathematiker und Kapitalmarktforscher ist einer der bekanntesten Finanzexperten im deutschsprachigen Raum. Beck hat das Institut für Vermögensaufbau gegründet, eine bankenunabhängige Gesellschaft zur Förderung der Anlagekompetenz bei Privatanlegern, und managt erfolgreich ETF-Portfolios.
Herr Dr. Beck, aktuell scheint eine Krise die nächste zu jagen. Zu allem Überfluss straucheln nun auch noch weltweit die Börsen. Mancher Anleger denkt jetzt vielleicht: „Nichts wie raus aus Aktien.“ Eine gute Idee?
Das ist nie sinnvoll, da an den Märkten nicht Ereignisse, sondern Informationen die Kurse bestimmen. Wenn schlechte Nachrichten bekannt sind, dann sind sie schon in den Kursen eingepreist. Es macht keinen Sinn, dann noch davor wegzulaufen. Da niemand die Zukunft kennt, sollte man grundsätzlich immer nur moderat handeln. Also zum Beispiel die strategische Aktienquote von 60 Prozent auf 50 Prozent senken oder auf 70 Prozent erhöhen.
Welche Fehler begehen Anleger am häufigsten?
Sie verwechseln die Vergangenheit mit der Zukunft. Was gut lief, ist spitze. Was schlecht gelaufen ist, taugt nichts. Man könnte aber auch sagen: Was gut lief, ist unattraktiv teuer. Und was schlecht lief, attraktiv billig. Beides ist gleichermaßen wahr und falsch.
Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse dabei helfen, typische Anlegerfallen zu vermeiden?
Es gibt seit Jahrzehnten Daten zu den Kapitalmärkten und den verschiedenen Portfoliostrategien. Man kann daraus lernen, was langfristig sicher funktioniert, was mit Sicherheit langfristig scheitert und welche Strategien sich positiv als auch negativ entwickeln können.
Und was lässt sich aus den verfügbaren Daten als wichtigste Grundregel beim Investieren ableiten?
Einmal eine sinnvolle Portfoliostruktur festlegen, gerne auch mit Hilfe eines Beraters oder durch eigene Recherche. Und dann daran festhalten, also sich weder von Gier noch von Panik davon abbringen lassen. Ein Beispiel für eine Portfoliostruktur könnte lauten: 60 Prozent Aktien, international breit gestreut, über Fonds oder ETFs und 40 Prozent Anleihen in Euro, auch breit gestreut. So eine Struktur hat langfristig immer funktioniert und man darf annehmen, dass sie das auch weiterhin schafft.
Vielen Dank fürs Gespräch.
Das Interview führte Andreas Hohenadl, GFD – Gesellschaft für Finanzkommunikation
Kühlen Kopf bewahren im Börsentief?
„Was gut lief, ist spitze. Was schlecht gelaufen ist, taugt nichts.“ So sei die Sicht vieler Anleger auf Aktien und die Börse, sagt Kapitalmarktforscher Dr. Andreas Beck im vorherigen Beitrag. Doch das sei nur die halbe Wahrheit. „Man könnte auch sagen: Was gut lief, ist unattraktiv teuer. Und was schlecht lief, attraktiv billig“, so Beck. Sind die in den zurückliegenden Wochen abgestürzten Aktienkurse in Wirklichkeit eine Einladung, genau jetzt zu investieren? Kaufen also, wenn die Kanonen donnern, um es mit einer etwas martialischen Börsenweisheit auszudrücken?
Beginnen wir mit einer Standortbestimmung: Welche Kursverluste mussten Anleger zuletzt hinnehmen? Und wie lassen sich diese im historischen Vergleich einordnen?
Beim deutschen Standardwerte-Index DAX ging es seit dem Höchststand am 18. März mit den Kursen um rund 15 Prozent nach unten (Stand: 8. April). Das ist ein deutlicher Rückgang, liegt aber noch oberhalb der Grenze, bei der Experten von einem Bärenmarkt bzw. einer Baisse sprechen. Diese ist definiert als Marktphase, in der die Kursverluste eines Index vom letzten Hoch gerechnet größer als 20 Prozent sind. Nach diesem Kriterium trat der breite US-Aktienindex S&P 500 am 7. April mit einem Minus von 21 Prozent seit dem letzten Hoch in einen Bärenmarkt ein. Beim Technologie-Index Nasdaq 100 war das einen Handelstag früher der Fall.*
Und wie sieht es mit dem Weltaktienindex MSCI World aus, der sich in Form von börsengehandelten Indexfonds (ETFs) in vielen Depots befindet? Bei dem steht ein Kursverlust von rund 16 Prozent seit dem Hoch am 19. Februar zu Buche. Mit Blick auf den globalen Aktienmarkt kann man also ebenfalls noch nicht von einer „offiziellen“ Baisse sprechen. Zumindest wenn man den MSCI-World-Index mit seinem hohen Anteil an US-Aktien als Maßstab heranzieht.
Kleiner Krisen-Überblick
Welche Aktienmarkteinbrüche auf Bärenmarkt-Niveau gab es überhaupt in den vergangenen 20 Jahren? Hier ein kleiner Überblick:
1. Finanzkrise
In der globalen Finanzkrise, die sich aus der Schieflage des amerikanischen Immobilienmarkts entwickelte, fiel der US-Aktienindex S&P 500 von Oktober 2007 bis März 2009 um etwa 57 Prozent. Die Folgen der Finanzkrise erfassten viele Länder weltweit. Die Erholung der Märkte dauerte bis März 2013, also etwa vier Jahre.
2. Corona-Pandemie
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie fielen die Kurse an den weltweiten Aktienmärkten im März 2020 rapide. So brach der US-Index S&P 500 innerhalb eines Monats um rund 34 Prozent ein. Anschließend erholten sich die Märkte – unterstützt durch massive Fiskalpakete weltweit und Zinssenkungen – überraschend schnell und erreichten bereits im August 2020 wieder das Vorkrisenniveau.
3. Ukraine-Krise
Als Folge des russischen Angriffs gegen die Ukraine erlebten die Märkte einen starken Rückgang ab Februar 2022. Viele westliche Staaten bemühten sich vehement, ihre Energieversorgung von Russland zu entkoppeln, die Preise für Energie und Rohstoffe verteuerten sich zeitweise extrem. Der S&P 500 verzeichnete bis zum Oktober 2022 einen Kursverlust von rund 25 Prozent. Ende 2023 waren die Märkte dann wieder auf dem Vorkrisenniveau angelangt.
Der kleine Rückblick zeigt: Die Aktienmärkte haben Schwächephasen stets mehr oder minder zügig überwunden und neue Höchststände erreicht – wie zuletzt der DAX im März 2025. Doch die Zeitspanne, bis Aktienkurse nach einem Absturz wieder ihr altes Niveau erreichen, kann unterschiedlich lang sein. Im aktuellen Zollstreit ist es noch zu früh für eine fundierte Abschätzung. Die Hoffnung ist, dass der Druck auf US-Präsident Trump und seine Regierung bald so groß werden wird, dass es letztlich zu vernünftigen Lösungen kommt. Sollten sich die Befürchtungen eines eskalierenden globalen Handelskriegs nicht bewahrheiten, könnte es relativ rasch zu einer nachhaltigen Erholung an den Börsen kommen.
Hinweis: Erwarten sollte man allerdings, dass die Kurse in den kommenden Wochen noch heftig schwanken werden, da das Risiko gegenseitiger Vergeltungsmaßnahmen hoch bleibt und für Verunsicherung sorgen wird.
Doch selbst dann sollten Investierende mit längerem Anlagehorizont einen kühlen Kopf bewahren und ihr Depot allenfalls moderat anpassen. Ganz wie es Finanzexperte Beck empfiehlt. Achten Sie dabei auf die Kosten, denn Gebühren schmälern die Rendite. Mit FondsSuperMarkt als Vermittler profitieren Sie von dauerhaften Sonderkonditionen und schichten Ihr Fondsdepot ohne unnötige Gebühren um!