„Bleibt alles anders (?)“

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 10.01.2025

Während viele Menschen im Angesicht von Kriegen und politischen Umwälzungen das Jahr 2024 in mäßig guter Erinnerung behalten, kann sich die Bilanz aus Anlegersicht sehen lassen: Bei den Aktien legte der US-Leitindex S&P 500 in lokaler Währung rund 25% zu, der pan-europäische Stoxx-600 Index immerhin um knapp 10%. Auch auf den Anleihemärkten hat sich das Setzen auf Risikoprämien (sogenannte Credit Spreads) erneut gelohnt – Hochzinsanleihen brachten in den USA und der Eurozone Erträge um die 8% ein. Dagegen schafften 2024 Staatsanleihen der Kernstaaten nicht den Kaufkrafterhalt. Auf den Rohstoffmärkten konnte man sehr unterschiedliche Trends beobachten: Kakaopreise explodierten, Gold haussierte, während Öl am Ende lediglich seitwärts tendierte. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Streuung über viele Anlageklassen hinweg – wie fast immer – gut funktioniert hat.

Weiterhin bleibt vom Jahr 2024 vor allem eins im Gedächtnis: die Dominanz der USA auf den globalen Aktien- und Währungsmärkten – „America First“ nicht nur als Motto der neuen US-Regierung, sondern auch der globalen Kapitalanleger. Schaut man sich die im letzten Jahr üppig ausgefallenen Zuflüsse in die Vermögensklasse Aktien an, so entfällt ein sehr großer Anteil (fast 75%) auf USAktien. Innerhalb des US-Aktienmarktes haben die viel beschriebenen „Glorreichen Sieben“, also die bekannten Plattform-Konzerne aus dem Technologie-Umfeld, erneut eine große Portion der Indexsteigerung und der Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Sonderstellung konnten sie im Wesentlichen durch eine dem Gesamtmarkt überlegene Gewinnentwicklung untermauern, allerdings sind auch ihre Bewertungskennziffern zuletzt merklich gestiegen.

Die Erwartungshaltung an den USAktienmarkt als globales Zugpferd aller risikobehafteten Vermögensklassen ist also hoch und zuletzt gestiegen. Kernszenario für die wirtschaftliche Entwicklung ist weiter eine Kombination aus auskömmlichem Wachstum in der Nähe der Normalauslastung und sinkender Inflationsraten (die allerdings bis auf Weiteres über dem 2%-Ziel verbleiben dürften). Die Erwartung an die S&P 500-Gewinne liegt mit 15% auch nicht gerade im bescheidenen Bereich, bei ca. 6% Umsatzwachstum müssten die Gewinnmargen weiter historisch hoch bleiben damit die Rechnung aufgeht. Politisch kann die Erwartungshaltung etwas ausgeglichener bezeichnet werden: neben hilfreichen Themen wie Steuersenkungen und Deregulierung wird auch lebhaft über steigende Zölle sowie die Einwanderungspolitik diskutiert. Das Fazit für die US-Märkte für 2025 lautet: Hoher Zuspruch, hohe Erwartungen, aber auch erhöhtes Enttäuschungspotenzial.

Ganz anders dagegen die Ausgangslage für weite Teile der übrigen Welt: Gerade für die Eurozone liegt die 2025er Messlatte tief: Der Konsens erwartet ein Wirtschaftswachstum um 1%, und für die Gewinne der im Eurostoxx50 enthaltenen Unternehmen wird ein Wachstum von ca. 7.5% erwartet – das bedeutet, die Gewinne müssten nur halb so stark wachsen wie in den USA, um die Erwartungen zu erfüllen. Politische Unabwägbarkeiten in Frankreich und Deutschland werden dabei bereits vorausgesehen.

Gar nicht so verschieden von Europa stellt sich die Situation in China dar: Die bekannten Probleme wie Konsumschwäche und Immobilienmarkt dürften sich kaum von selbst lösen, Erwartungen und Bewertungen sind aber ähnlich gedämpft wie in Europa. Möglicherweise gilt: je stärker die Repressionen durch die neue US-Regierung auf der Handelsseite, je mehr dürften Unterstützungsmaßnahmen von Seiten der inländischen Wirtschaftsplaner zu erwarten sein.

Die Erfahrung der letzten Jahre lehrt die Anleger, dass ein starker Grundkonsens im Jahresverlauf meist an eine andere Faktenlage angepasst werden musste, sei es durch die Corona-Pandemie, überraschend starke Inflation oder Zinserhöhungen. Womöglich bleibt also auch 2025 alles anders.

Zum Jahresstart 2025 liegt folgende taktische Allokation für Aktien und Anleihen nahe:

  • Die globalen Aktienmärkte dürften sich am Zusammenspiel von Wachstum und Inflation orientieren, dabei sollten vorwiegend die US-Daten beachtet werden. Je beständiger das Wachstum und je sanfter die Inflation, desto erfreuter dürften Anleger reagieren. Gängige Wachstumsindikatoren für die USA geben zum Jahresstart weiterhin positive Signale. Auf der Inflationsseite gibt es dagegen Fragezeichen: US-Daten signalisierten zuletzt ein Einpendeln der Inflationsraten deutlich näher an 3% als am Inflationsziel von 2%. Dies könnte weitere Zinssenkungen der USNotenbank Federal Reserve verzögern oder sogar ganz ausfallen lassen.
  • Regional läuft die Entwicklung der Aktienbewertungen stark auseinander: Während sich in den USA einige Bewertungskennzahlen historischen Höchstständen annähern, befinden sich die Bewertungen für Europa und China auf oder sogar leicht unter historischen Durchschnitten. Das verschiebt das längerfristige Chance-/Risikoverhältnis zugunsten der Nicht-US-Aktienmärkte. Ähnliche Tendenzen verstärken sich auch innerhalb des Aktienmarktes: Vernachlässigte Bereiche wie Substanz- oder Nebenwerte weisen sehr günstige Bewertungen auf, während in Wachstums- und vor allem Technologiewerte hohe Erwartungen eingepreist werden.
  • Der ausbleibende Fortschritt beim Absenken der Inflationsraten in den USA hat auf den Anleihemärkten zuletzt entsprechend seinen Widerhall gefunden. Anleiherenditen in den USA aber auch in Europa sind merklich gestiegen. Damit steigt die Attraktivität für Anleihen als Portfolio-Absicherung gegenüber unvorhergesehenen Risiko-Ereignissen. Ein höherer und unsichererer Inflationspfad erschwert aber den Kaufkrafterhalt. Dieser bleibt zum Beispiel mit zehnjährigen deutschen Bundesanleihen weiter unsicher.
  • Im Kielwasser robuster Aktienmärkte bleiben die Risikoaufschläge („Spreads“) für Unternehmensanleihen historisch gering. Das bedeutet, dass Anleger wenig Sorge vor einer Verschlechterung der Kreditqualität von Unternehmen haben und die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten störungsfrei läuft. Die Prämie, die Anleger für das Kreditrisiko zusätzlich zu Staatsanleihen verdienen können, fällt aber entsprechend mager aus.
  • Auf den Währungsmärkten galt zuletzt „America First“, entsprechend wertete der Dollar gegenüber fast allen anderen Währungen auf. Dies spiegelt die Erwartung von Anlegern wider, dass die Zinsen in den USA weniger stark fallen als anderswo, zudem dürfte auch die Antizipation einer aggressiven Handelspolitik durch die neue US-Regierung eine Rolle spielen. Diese Aufwertungsbewegung könnte im Jahresverlauf einen Gipfel finden, da der Dollar inzwischen gemäß Kaufkraftparitäten hoch bewertet erscheint.

Investmentthema: Kapitaleinkommen in Zeiten der Disruption

  • Demographie: Die Weltbevölkerung wächst, aber die Zuwächse werden immer geringer, während die Menschen immer länger leben. Die Weltbevölkerung wird insgesamt älter, das Erwerbspersonenpotenzial geht zurück – am stärksten in den Industriestaaten.
  • Digitalisierung: Die „smarten Maschinen“ führen zu massiven Veränderungen der Beschäftigungsstrukturen.
  • Neben der Frage, welche Arten von Arbeiten für den Menschen noch bleiben werden und wie viele Stellen es geben wird, tritt zwangsläufig auch die Frage, nach deren Bezahlung. Arbeitsökonom Richard Freeman sieht hier einen Paradigmenwechsel im Zusammenspiel von menschlicher und Maschinenarbeit. Mit leichter Ironie bringt es Freeman auf den Punkt mit der Frage: „Arbeitest Du für die Roboter, oder arbeiten die Roboter für Dich?“.1
  • Zeit also, über Kapitaleinkommen nachzudenken, welches das Arbeitseinkommen ergänzt. „Roboter“ und „Demographie“ sprechen dafür.
  • Gerade im Zeitalter der smarten Maschinen und gesetzlicher Rentenkassen, die unter dem Druck der Demographie stehen, brauchen wir mehr Kapitaleinkommen. Aber nicht nur das. Natürlich gibt es für Kapitaleinkommen noch sehr viel mehr angenehme Verwendungsmöglichkeiten. Ein zusätzliches Urlaubsgeld, Geld für laufende Anschaffungen, ein „Großeltern Bafög“ aus dem die Enkel in Ausbildung und Studium unterstützt werden, …
  • Kapitaleinkommen kann sich dabei aus zwei Quellen speisen: Zinsen aus Bankeinlagen, Kupons, die auf Anleihen bezahlt werden oder Dividenden, die auf Aktien ausgeschüttet werden.
  • Zeit also, bei seinen Investitionen nicht nur auf die Gesamtrendite zu achten, sondern auch auf die zu erwartenden Zahlungsströme. Warum sollte unser Geld (respektive die „Roboter“) auch nicht für uns arbeiten?

Ich wünsche Ihnen ein gesundes und glückliches Jahr 2025,

Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy
 

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Fußnote

1 Freeman, R. B. (2018). Employee and citizen ownership of business capital in the age of AI Robots. CSR und Mitarbeiterbeteiligung: Die Kapitalbeteiligung im 21. Jahrhundert–Gerechte Teilhabe statt Umverteilung, 101-108. SpringerGabler. Wiesbaden.