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Raiffeisen Capital Management "Märkte unter uns" Juni 2024

Auf dem Aktienmarkt hat zuletzt ein Regimewechsel stattge­funden. Nach einer längeren Phase, in der positive Überraschun­gen bei den Wirtschaftsdaten zu erfreulichen Entwicklungen geführt hatten, weil damit die Aussicht auf eine verbesserte Gewinnsituation bei den Unternehmen untermauert wurde, hat der Markt zuletzt auch auf etwas schlechtere (US-)Daten posi­tiv reagiert. Grund dafür ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit für Zinssenkungen. Zwischenzeitlich wurde gar keine Senkung mehr für 2024 erwartet, sondern im Gegenteil, vereinzelt sogar von der Möglichkeit einer Zinsanhebung ausgegangen. Grund dafür war die zähe Inflation infolge der robusten US-Wirtschaft. Doch nun – nach einigen schwächeren Makrodaten und ver­mehrten Anzeichen für eine Entwarnung an der Inflationsfront – erhöht sich auch für die Fed der Spielraum für Zinssenkungen. Sollte sich diese Tendenz im weiteren Jahresverlauf bestätigen oder gar verstärken, wird sich der Markt ab einem gewissen Punkt die Frage stellen, ob dieser Schritt der Notenbanken wirk­lich nur positiv zu sehen ist.
Denn die Inflation sinkt in der Regel dauerhaft nur in Ver­bindung mit einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung, was folglich die Diskussion über eine drohende Rezession auch in den USA wieder in Gang setzen wird. Schließlich wird von einzelnen Marktexpertinnen und -experten noch immer eine US-Rezession erwartet. Sie argumentieren, dass die dämp­fenden Wachstumseffekte der nun länger schon restrikti­ven Geldpolitik früher oder später überhandnehmen werden und folglich auch die aktuellen Gewinnschätzungen, insbe­sondere für 2025, zu optimistisch sind. Und spätestens dann könnte der Markt zur Ansicht kommen, dass sich schlech­te Nachrichten nicht mehr positiv, sondern tatsächlich ne­gativ auswirken, zumindest bei riskanteren Assetklassen. Und damit wäre der Wechsel ins nächste Regime vollzogen. Ob und wann es in den nächsten Monaten dazu kommen wird, bleibt noch abzuwarten. Zumal die abflauende Inflationsdyna­mik in Kombination mit den immer noch soliden Wirtschafts­daten und der bislang sehr positiven Entwicklung bei den Un­ternehmensgewinnen ein weiterhin konstruktives Markt­umfeld darstellt. Unsere Indikatoren stellen sich für riskante Assets im Juni nahezu unverändert dar, somit bleiben wir hier auch weiterhin positiv gestimmt.

Marktumfeld – Anleihemärkte

Outperformance von Unternehmensanleihen (auch) im Mai

Im Mai bewegten sich die deutschen Staatsanleiherenditen neuerlich leicht nach oben (zehnjährige deutsche Staatsanleiherendite Ende Mai knapp über 2,6 Prozent), was entsprechenden weiteren leichten Ab­wärtsdruck auf die Anleihekurse ausübte. Als Treiber hinter dieser Entwicklung stehen zuletzt etwas höhere Inflationsdaten im Euroraum und ein verbesserter Konjunkturausblick. Dass die EZB im Juni bereits mit Zinssenkungen beginnen dürfte, brachte hier keine Abhilfe. Auf Jahres­sicht preist der Zins- und Anleihemarkt inzwischen in Summe sogar we­niger Zinssenkungen ein als noch vor einem Monat.
Der verbesserte Konjunkturausblick ist dagegen für Unternehmens­anleihen sehr unterstützend. Dementsprechend entwickeln sich Un­ternehmensanleihen, wie erwartet, seit Jahresbeginn und auch im Mai deutlich stärker als besser geratete Staatsanleihen. Am stärksten ist die­ser Effekt naturgemäß bei High-Yield-Anleihen, wo der hohe Rendite­aufschlag und die Konjunkturaussichten die Kursentwicklung dominieren. Mit High-Yield-Anleihen in der Eurozone waren seit Jahresbeginn ent­sprechend bereits rund 2,5 Prozent Ertrag zu verdienen. Ebenfalls deut­lich positiv seit Jahresbeginn, weil ebenfalls hohe Renditeaufschläge und besserer Ausblick: Anleihen aus Schwellenländern (Emerging Markets).

Marktumfeld – Aktienmärkte

Aktienmarkt: Neue Höchststände im Mai

Nach der kleinen Korrektur im April, schwenkte der Aktienmarkt im Mai wieder in seinen Aufwärtstrend zurück, der für die meisten Aktienin­dizes im abgelaufenen Monat sogar neue Allzeithöchststände mit sich brachte.
Ein Auspreisen von Zinssenkungserwartungen kann vorübergehend für schwächere Börsen sorgen – wie im April passiert. Solange das aber nur zum Teil wegen etwas langsamerem Inflationsabbau, vor allem aber wegen eines besseren Konjunkturausblicks geschieht, ist das für den Ak­tienmarkt üblicherweise nichts dauerhaft Negatives. Mit dem nach wie vor positiven Konjunkturausblick (steigende Konjunkturvorlaufindikato­ren seit letztem Herbst) entwickelt sich damit auch der Aktienmarkt in diesem Zeitraum sehr erfreulich.
Insbesondere in der Eurozone liegen die Börsen seit Jahresbeginn rund 10 Prozent im Plus. Eine spürbar negative Entwicklung verbuchten im Mai nur Japan und Lateinamerika.

Marktumfeld – Rohstoffe und Währungen

US-Dollar holt Schwäche des Vormonats wieder auf

Sah es im April noch so aus, als würde parallel zum Auspreisen von US-Zinssenkungen der US-Dollar gegenüber dem Euro abwerten (frühe­re Zinssenkungen schwächen üblicherweise eine Währung), so konn­te im Mai ein Großteil der Schwäche aus dem April wieder aufgeholt werden. Euro/US-Dollar notierte Ende Mai mit knapp über 1,08 prak­tisch wieder nahe dem Durchschnittswert der letzten sechs Monate. Davon abgesehen gab es im Mai wenig Bewegung bei den großen Währungspaaren – seit Jahresbeginn zählen Schweizer Franken und Japanischer Yen (als Tiefzinswährungen) nach wie vor zu den schwächsten Währungen in den Industriestaaten.
Auf der Rohstoffseite beeindruckt weiterhin die Preisentwicklung bei den Edelmetallen: Der Goldpreis konnte im Mai seine Allzeithochs verteidigen, der Silberpreis legte sogar noch kräftig zu! Seit Jahres­beginn ist ein breiter Edelmetall-Index (in Euro) damit schon rund 15 Prozent im Plus!

Ausblick – Globale Wirtschaft

Rezession im Euroraum überwunden

Mit den jüngsten Revisionen qualifizierte sich die Konjunkturschwäche in der Eurozone im 2. Halbjahr 2023 haarscharf als (leichte) Rezession (zwei Quartale in Folge schrumpfendes BIP). Aber noch wichtiger: Mit dem ersten Quartal 2024 verzeichnete der Euroraum bereits wieder ein Quartal mit deutlich positivem Wirtschaftswachstum – die Rezes­sion ist also seit Beginn 2024 auch schon wieder vorbei.
So hatten es auch die wichtigsten Konjunkturvorlaufindikatoren (Unternehmensumfragen, PMIs) seit letztem Herbst bereits angezeigt. Und: Diese Vorlaufindikatoren deuten in allen drei großen Wirtschafts­räumen nach wie vor auf eine weitere Konjunkturerholung (Europa) bzw. anhaltendes Wachstum (USA, China) hin.
Wenig überraschend, steigen doch die Realeinkommen in praktisch allen Industriestaaten 2024 das erste Mal seit mehreren Jahren deut­lich an (dank hoher Lohnabschlüsse bei gleichzeitig deutlich niedri­gerer Inflation), was die Nachfrage ankurbelt. Auch der bremsende Effekt der starken Zinsanhebungen ist langsam verdaut. 2025, wenn die kommenden Zinssenkungen Zeit hatten zu wirken, sollte die Zins­entwicklung sogar einen positiven Effekt auf die Konjunktur haben.

Ausblick – Inflation und Notenbanken

Zinssenkungen haben begonnen – vorerst nur in Europa

Jetzt ist es endlich so weit: Am 6. Juni gab es seitens der Europäischen Zentralbank die erste Leitzinssenkung (Einlagesatz um 0,25 Prozent auf 3,75 Prozent). Und weitere werden folgen, wenngleich nicht so schnell wie vor einiger Zeit noch vom Markt erwartet. Angesichts der Konjunktur-Stabilisierung und der zuletzt nicht mehr weiter gesunke­nen Inflation (zuletzt zwischen 2,4 und 2,6 Prozent p. a. seitwärts) hat die EZB offensichtlich keine große Eile.
Die Zinsmärkte preisen auf Jahressicht vier weitere 0,25 Prozent Sen­kungen auf 2,75 Prozent bis Sommer 2025. Aus heutiger Sicht realis­tisch, wenn sich die Konjunktur nicht zu stark erholt und damit der In­flationsdruck 2025 nicht bereits wieder nach oben dreht. In den USA, wo die Konjunktur zuletzt noch deutlich stärker als in Europa war, si­gnalisiert die Notenbank dagegen noch eine Wartepause zumindest über den Sommer. Da aber auch in den USA Inflations- und Lohndruck abnehmen, rechnen wir auch dort heuer noch mit dem Beginn von Zinssenkungen. Der Markt erwartet die US-Leitzinsen bis Sommer 2025 um 1,25 Prozent tiefer (was historisch nur eine sehr schwache US-Zins­senkungsrunde wäre).

Ausblick – Anleihemärkte

Anleihemärkte: Unternehmensanleihen (und EM) weiterhin bevorzugt

In den letzten Monaten sind die Anleiherenditen von einem Zwischen­tief zu Jahresbeginn wieder deutlich angestiegen. Während in den USA damit bereits historisch hohe Renditeniveaus erreicht sind, liegt das Renditeniveau im Euroraum immer noch relativ tief. Zehnjährige deut­sche Staatsanleiherenditen notieren bei rund 2,6 Prozent, was tiefer ist als das vom Zinsmarkt gepreiste Leitzinstief von rund 2,75 Prozent für Mitte 2025. Sollte die Konjunktur 2025 wieder brummen und die In­flation dann nicht mehr stark weiter fallen, könnte es für langlaufende Staatsanleihen schwer werden, dieses tiefe Renditeniveau (und damit ihr Kursniveau) zu halten.
Anders als in früheren Zinssenkungsrunden bedeuten diesmal sinkende Leitzinsen deshalb nicht automatisch auch sinkende langfristige Zin­sen und damit steigende Anleihekurse! Denn die Staatsanleihen prei­sen derzeit schon viele Zinssenkungen ein.
Wir bleiben deshalb Aktienmärkte übergewichtet (und profitieren so von der stärkeren Konjunktur) und Anleihen untergewichtet. Innerhalb der Anleihemärkte bleiben wir Unternehmensanleihen (und EM-Anlei­hen in Hartwährung) übergewichtet gegenüber Staatsanleihen.

Ausblick – Aktienmärkte global

Aktienmarkt: Neue Allzeithochs

Zu einem gesunden Aktien-Bullenmarkt gehören auch zwischenzeitige Korrekturen, die dafür sorgen, dass die Marktstimmung nicht überhitzt. So geschehen im April. Aber bereits im Mai erreichten die großen Aktien- indizes in Europa und den USA neue Allzeithochs. Denn solange der Konjunkturausblick positiv ist (wie derzeit), ist der Weg des geringsten Widerstandes für Aktienmärkte nach oben.
Mit der gerade erst einsetzenden Erholung der globalen Industrie nach rund zwei Jahren Industrie-Rezession quer um den Globus, ist die Wahr- scheinlichkeit stark steigen der Unternehmensgewinne über die nächs­ten 12 Monate sehr hoch. Und dabei sind die meisten Aktienmärkte gerade erst einmal normal bewertet (Schwellenländer sogar billig), und nur die gro­ßen US-Tech-Unternehmen wegen des KI-Sonderthemas historisch teuer.
Genug Platz also für weitere Kursgewinne – selbst wenn es in den Som­mermonaten oder kurz vor der US-Wahl Anfang November einmal kurz- fristige Rücksetzer geben sollte. Dass mit sinkenden Zinsen mittelfristig sogar höhere Bewertungen gerechtfertigt wären, ist da nur mehr das Sahnehäubchen. Anders formuliert: Sollten die Notenbanken wegen einer noch besseren Konjunkturentwicklung (und damit auch etwas höheren In­flationsraten) die Zinsen 2025 nicht so stark senken, wie derzeit erwartet, wäre das für Aktienmärkte strukturell kein nachhaltiges Problem (weit eher dagegen für langlaufende Anleihen).

Ausblick – Aktienmärkte regional

Selektive taktische Über- und Untergewichtungen

Kurzfristig (taktisch) haben wir für Juni bei der regionalen Aus­richtung Europa (vor allem UK) auf Untergewicht gedreht und Pazifik (vor allem Japan) auf Übergewicht (spiegelbildlich zum Vormonat). Nordamerika bleibt wie schon seit längerem ein Übergewicht.
Betreffend Sektoren haben wir für Juni keine kurzfristigen Positionen.
Für das Gesamtjahr 2024 erwarten wir allerdings unverändert, dass die Aktienmarkterholung auf mittlere und längere Sicht breiter wird: Also nicht mehr eine Handvoll großer US-Tech-Konzerne überpropor­tional profitieren wird, sondern es sich lohnen wird, das Aktienmarkt­portfolio breiter aufzustellen. Wir sind auf Jahressicht entsprechend bullisch (auch) für die Aktiensegmente Europa, Japan, Healthcare, den breiten Technologiesektor abseits der großen Tech-Konzerne und Unternehmen aus dem Bereich der Energiewende.

Strategische Asset Allocation

Aktien
In Q1 2024 erfolgte eine modell-getriebene Aufstockung bei Euro- Aktien. Anfang März haben wir bei Euro-Aktien und japanischen Aktien Gewinne mitgenommen und im Gegenzug chinesische Aktien neu in das Portfolio auf- genommen.
Wir halten Positionen in europäi­schen Aktien, Emerging Markets Aktien und japanischen Aktien. US-Aktien sind aus Bewertungsüber­legungen weiterhin unattraktiv.

Staatsanleihen
Wir haben bei den Staatsan­leihen in den letzten Quartalen (letzter Schritt im April) deut­lich zugekauft. Beginnend bei Non-Euro-Anleihen dann auch bei europäischen Staatsanleihen.
Mitte Dezember haben wir unsere Positionierung im Zins­bereich aufgrund der Rendite­rückgänge leicht reduziert. Nach den erneuten Rendite-anstiegen haben wir Mitte April bei US-Zinsrisko erneut zugekauft.

Unternehmens- & EM-Anleihen
Nach deutlichen Spreadeinen­gungen in den letzten Monaten haben wir Anfang März Unter­nehmensanleihen (IG und HY), italienische Staatsanleihen und Emerging Markets Hartwäh­rungsanleihen reduziert.
Bei Emerging Markets Währungen haben wir 2023 in mehre­ren Schritten Gewinne mitge­nommen.

Reale Assets
Im September 2023 haben wir die starke Performance bei Energierohstoffen zu einer Reduktion genutzt.
Neben Positionen in inflations­geschützten Anleihen halten wir noch Positionen in den Rohstoffsektoren (über Deri­vate auf Rohstoffindizes) Edelmetalle, Industriemetalle und Energierohstoffen.

Taktische Asset Allocation Juni

  • Wirtschaft: US-Dynamik schwächt sich ab, globales Bild stabil bis verbessert; Inflation weiter zäh, Abkühlung erwartet; Erste EZB-Leitzinssenkung am 6. Juni 2024
  • Unternehmen: US-Unternehmensgewinne deutlich über Erwartung, auch Europa überrascht positiv; Revisionen tendieren mittlerweile in allen Regionen nach oben; An­steigendes Gewinnmomentum auf Quartals- und Jahres­sicht erwartet
  • Stimmung: Neue Höchststände am Aktienmarkt bestä­tigen den Aufwärtstrend; Solide Marktbreite, Technik- Indikatoren derzeit im Neutralbereich; Spezialthemen
  • Spezialthemen: Geldpolitik; Geopolitik; Superwahljahr 2024
  • Positionierung: Aktien mit 2 Schritten (von 4) überge­wichtet (unverändert); Konkret: Globale Aktien überge­wichtet gegenüber Euro-Staatsanleihen Kurzläufer


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