Kein gewöhnlicher Zinszyklus
- Die Probleme auf der Angebotsseite dürften noch einige Monate anhalten und für höhere Inflationsraten sorgen.
- Sofern die Geldpolitik keine Fehler macht, werden die Zinsen weiter sehr niedrig bleiben, womit die mittelfristigen Aussichten günstig sind.
- Dennoch bewegen wir uns auf ein Umfeld mit leicht höheren Zinsen und die Mitte des aktuellen Zyklus zu, weshalb nuancierte Portfolioanpassungen gerechtfertigt sein dürften.
Inflation dürfte noch eine Zeitlang anhalten
Es herrscht nach wie vor Einigkeit darüber, dass der weltweit zu beobachtende Anstieg der Inflation nur vorübergehend ist. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass Ökonomen, Investoren und die geldpolitischen Entscheidungsträger insgesamt von der Geschwindigkeit und dem Ausmaß des Inflationsanstiegs und den damit verbundenen Störungen auf der Angebotsseite überrascht wurden. Das allein zeigt schon, wie komplex die globale Wirtschaft ist. Auch wird das veränderte Verhalten von Verbrauchern und Unternehmen das Angebot auf den Arbeits- und Gütermärkten sowie im Dienstleistungssektor noch einige Zeit beeinflussen. Engpässe bei allen Arten von Waren werden wahrscheinlich noch mindestens einige Monate andauern, bis die Unternehmen wieder funktionierende Lieferketten aufgebaut haben. Somit dürfte auch die Inflation noch eine Zeitlang anhalten.
Bereiten wir uns auf höhere Zinsen vor
Im Hinblick auf die Finanzmärkte ist wichtig, dass sich all dies auf die makroökonomischen Daten auswirken und die Stimmung der Anleger beeinträchtigen kann. Die vielleicht problematischste Entwicklung wäre es aber, wenn die Geldpolitik einen Fehler begehen würde. Die Zentralbanken könnten auf den Inflationsanstieg über ihre Zielvorgaben hinaus reagieren, indem sie rasch zu einer restriktiveren Haltung übergehen. Sowohl die Federal Reserve (Fed) als auch die Bank of England (BoE) haben die Märkte in der vergangenen Woche weiter auf das Ende der extrem unterstützenden Geldpolitik vorbereitet. Dabei deutete die Botschaft der Fed eindeutig auf eine Ankündigung des Tapering bereits im November hin. Die Ankäufe von derzeit 80 Milliarden US-Dollar an US-Staatsanleihen und 40 Milliarden US-Dollar an hypothekarisch gesicherten Wertpapieren pro Monat würden dann schrittweise reduziert werden.
Grund zur Panik gibt es nicht
Wir sollten dabei aber nicht zu dramatisch werden. Die Zentralbanken handeln höchstwahrscheinlich verantwortungsbewusst. Sie schlagen keine allzu schnelle Rückkehr zu einer langfristigen ‚Normalität‘ vor und auch die Märkte preisen noch keine allzu drakonischen Maßnahmen ein. Ebenso ist es unwahrscheinlich, dass die Politik den Fehler begeht, die Inflation zu lange zu stark ansteigen zu lassen. Was an den Anleihemärkten derzeit für eine gewisse Besorgnis sorgt, sind die veränderten Erwartungen in Bezug auf den Zeitpunkt künftiger Zinsschritte, nicht aber auf deren Richtung und Ausmaß. Auf der Grundlage dessen, was der Markt aktuell einpreist, ist die erste Zinserhöhung der Fed für Ende 2022 zu erwarten. Der Fed Fund Futures-Kontrakt sieht den Leitzins nicht vor Ende 2023 bei einem Prozent. Insgesamt aber dürfte der Kerngedanke sein, dass wir uns auf ein Umfeld mit leicht höheren Zinsen zubewegen.
Vertrauen in die Zentralbanken
Vorerst sollten wir also davon ausgehen, dass die Zentralbanken es richtig machen. Ein frühzeitiger Ausstieg aus der quantitativen Lockerung, gefolgt von Zinserhöhungen, ließe sich recht schnell wieder rückgängig machen, wenn Inflation und Wachstum rasch sinken oder die Finanzmärkte schlecht reagieren. Und das ist, angesichts der Besorgnis über das weltweite Verschuldungsniveau, ein durchaus realistisches Szenario. Das Szenario ‚Inflation laufen lassen‘ hingegen ist unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, wie lange die geldpolitischen Entscheidungsträger auf ein Anziehen der Inflation gewartet haben. Sicherlich haben sie einen guten Plan, damit umzugehen.
Anpassungen in der Zyklusmitte
Anleger sollten berücksichtigen, dass dies ein ungewöhnlicher Zyklus ist. Allerdings gibt es gibt typische Muster, und es scheint, dass wir uns von einer frühen Phase der Erholung zu so etwas wie der Mitte des Zyklus bewegen. Die Nachfrage ist nicht das Problem, doch die freien Kapazitäten werden ausgeschöpft und aufgrund der Schwierigkeiten auf der Angebotsseite ist es dieses Mal kompliziert. In einem typischen Konjunkturzyklus geht der Übergang von der Erholung zur Expansion in der Regel mit höheren Zinsen, einer steileren Renditekurve, mehr Preissetzungsmacht und steigender Inflation einher. Für Anleiheinvestoren ist die unmittelbare Sorge wieder eher ein Anstieg der Renditen als sich ausweitende Credit-Spreads. Aktienanleger bevorzugen in der Mitte des Zyklus eher Qualitätsunternehmen mit stabilem langfristigem Wachstum als die operativ ausgerichteten zyklischen Unternehmen, die in den ersten Phasen des Aufschwungs gut abschneiden.
Was es zu bedenken gibt
Trotz alledem gibt eine mögliche ‚Risk-off‘-Phase an den Märkten noch Anlass zur Sorge – insbesondere in der vorletzten Woche, als sich die Aufmerksamkeit auf den chinesischen Immobiliensektor und eine mögliche Ansteckung anderer Sektoren und Märkte konzentrierte. Doch zum Ende der Woche kletterten die Renditen wieder und Aktien legten kräftig zu. Zumindest scheint das übliche saisonale Muster höherer Marktvolatilität um die Herbst-Tagundnachtgleiche auch dieses Mal zu gelten. Unser vierteljährlicher Rückblick auf die Märkte kam auf der Anleiheseite zu dem Fazit, dass die Renditen angesichts der Inflations- und geldpolitischen Aussichten bis zum Jahresende leicht steigen werden.
Zusätzlich beschäftigt uns, dass die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen bei 1,44 Prozent liegt. Wenn die Inflation und die US-Notenbank die treibenden Kräfte wären, müsste sie wahrscheinlich höher liegen. Das Gewicht des weltweiten Kapitals, das in risikofreie Anlagen fließen kann, wenn die Lage besorgniserregend wird, sollte nicht unterschätzt werden. Möglicherweise könnte der Ausbruch am Donnerstag, der die Renditen von US-Staatsanleihen auf 1,45 Prozent, die von Bundesanleihen auf -0,22 Prozent und die Renditen von Gilt-Anleihen auf 0,96 Prozent trieb, etwas übertrieben gewesen sein.
Weniger Risiko im Portfolio
Aus einer Reihe von Gründen könnte es deshalb ratsam sein, das Risiko in den Portfolios zu reduzieren. Kurz gesagt: Stellen Sie sich auf eine leichte Veränderung des Zinsumfelds im Jahr 2022 ein, die den Beginn eines geldpolitischen Straffungszyklus markieren wird. Wir gehen nicht davon aus, dass die Anleiherenditen deutlich steigen werden, aber eine Begrenzung der Duration könnte für Anleiheanleger kurzfristig eine umsichtige Strategie sein. Grundsätzlich ist die Unterstützung für Unternehmensanleihen nach wie vor recht hoch und technische Faktoren deuten darauf hin, dass sich die Renditenaufschläge ohne einen Schock wahrscheinlich nicht wesentlich ausweiten werden. Angesichts der aktuellen Spreads sind die Aussichten bezüglich der Gesamtrendite bei Credits jedoch begrenzt, und mittelfristig könnte ein leicht angespannteres finanzielles Umfeld zu einer tendenziellen Ausweitung der Spreads führen. Auf der Aktienseite sind auf niedrige Volatilität/Qualität und Nachhaltigkeit fokussierte Strategien als Kerninvestment attraktiv. Das Wachstum wird sich fortsetzen, die Erträge werden stark sein, aber den Höhepunkt des Wachstums werden wir im Jahr 2021 erreichen.
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