Raiffeisen Capital Management "Märkte unter uns" Februar 2025
Das Jahr 2025 und nun auch die zweite Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident haben begonnen. Damit verbunden ist die Ungewissheit, in welcher Intensität verschiedene, angekündigte Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Jedenfalls wird der Kapitalmarkt, der von der Aussicht auf Trump 2.0 bereits seit geraumer Zeit geprägt ist und manches schon eingepreist hat, insbesondere in den ersten Wochen der neuen US-Administration noch deutlich stärker als sonst auf politische und insbesondere wirtschaftspolitische Entscheidungen fokussiert sein. Die bisherigen Marktreaktionen waren bekanntermaßen vor allem steigende Renditen am Anleihemarkt infolge erhöhter Inflationserwartungen aber auch eine volatilere – wenn auch in der Grundtendenz weiter positive – Entwicklung am Aktienmarkt. Darüber hinaus sind Kryptowährungen deutlich angestiegen, aber auch der US-Dollar hat zuletzt stark aufgewertet. Zu den wesentlichen Ankündigungen, die den Kapitalmarkt in nächster Zeit beschäftigen werden, zählen die Einführung oder Anhebung von Zöllen, Ausfuhrbeschränkungen von US-Technologie, Deregulierungen in einigen Wirtschaftsbereichen wie auch Steuersenkungen.
Eine weitere Ankündigung betrifft die deutlich restriktivere Einwanderungspolitik und darüber hinaus sind wohl auch einige maßgebliche geopolitische Initiativen zu erwarten. Nahezu alle diese Punkte werden Implikationen auf das globale Wirtschaftswachstum und die Inflation haben.
Gemäß den aktuell vorliegenden Prognosen stellen sich die Rahmenbedingungen für das Gesamtjahr sowohl für die Aktien - wie auch für die Anleiheseite weiter konstruktiv dar. Auf Sicht der nächsten Wochen, dürfte jedoch für den Kapitalmarkt ein Zeitfenster mit erhöhter Unsicherheit beginnen, in welchem sich die politisch beeinflussten Rahmenbedingungen erst konkretisieren werden. Jedenfalls ist durch die Politik der „Trumponomics“ von Zurückhaltung seitens der FED in Hinblick auf weitere Zinssenkungen auszugehen. Im Euroraum hingegen scheint der Zinssenkungspfad für die EZB jedenfalls in den nächsten Monaten abgesichert zu sein. Im Rahmen der kurzfristigen Taktischen Asset Allocation überwiegen für uns daher aktuell jene Faktoren, die zunächst für eine Übergewichtung von Euro Staatsanleihen gegenüber globalen Aktien sprechen.
Marktumfeld – Anleihemärkte
Konstruktiver Jahresstart
Nach dem in Summe ausgezeichneten Anleihejahr 2024 startet der Jänner 2025 mit einer bemerkenswert ähnlichen Ertragssituation: Während sich reine Staatsanleihenschwer taten im Jänner eine relevant positive Performance zu erzielen, wurde der Griff zu weniger guten Bonitäten neuerlich belohnt:
Unternehmensanleihen mit guter Bonität brachten eine erfreulich positive Monatsperformance, übertroffen noch von Unternehmensanleihen mit schlechterer Bonität (High-Yield), und von Anleihen aus den Schwellenländern. Zwar sind die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen bereits relativ niedrig – solange diese Aufschläge aber nicht wieder (deutlich) steigen, erzielen sie eine Outperformance versus Top-Staatsanleihen. Und trotz aller Wachstumsschwäche und einzelner, Aufsehen erregender Firmenpleiten in der Eurozone liegen die Ausfallsraten in Summe auf historisch tiefen Niveaus.
Wenig Unterschied gab es dagegen bei der Performance von Euro-Anleihen versus Anleihen aus dem USD-Raum, da sich EUR/USD im Jänner in Summe seitwärts entwickelte.
Marktumfeld – Aktienmärkte
Starker Jänner für die Börsen
Nach einem beeindruckend starken Börsenjahr 2024 beginnt auch 2025 mit einer kräftigen Jänner-Performance an den meisten Aktienmärkten. Und das trotz aller geopolitischer Konflikte und zwischenzeitiger Störfeuer: So kamen beispielsweise die Lieblingskinder der Börsenrallye 2024, die großen KI-Aktien in den USA, im Jänner spürbar unter Druck (Stichwort „Deepseek“) und verzeichneten teilweise zweistellige Kursrückgänge. Und auch die Zollpolitik Trumps warf Ende Jänner schon ihre Schatten voraus. Aber zumindest im Jänner stand das einer in Summe positiven Aktienmarktperformance (noch) nicht im Wege.
Wenn man aus der KI-Korrektur im Jänner eine Lehre ziehen möchte, dann vielleicht, dass es sich zunehmend lohnen könnte die Aktienveranlagung (auch geografisch und thematisch) breiter aufzustellen: So war die Performance der US-Märkte im Jänner nur im Mittelfeld – die Performance-Spitzenahmen dagegen europäische Indizes ein! (zusammen mit Brasilien, das aber 2024 einer der schwächsten Märkte war und dementsprechend Aufholbedarf hat; der Dax hatte dagegen auch schon 2024 rund 20 % Performance gebracht). Im Jänner dagegen weitgehend unverändert: Die Börsen in Asien (China war aber dafür 2024 auch einer der stärksten Märkte!)
Marktumfeld – Rohstoffe und Währungen
Gold: Auch 2025 mit neuem Rekordhoch
Zumindest was den Jänner betrifft startete das neue Jahr 2025 so, wie 2024 endete: Mit neuen Allzeithochs beim Goldpreis, der (in USD) Ende Jänner erstmals die Marke von USD 2800 deutlich übersprang. Und das in einem Umfeld, das zinsseitig eigentlich gar nicht besonders vorteilhaft für den Goldpreis ist. Denn was die US-Zinsen betrifft (historisch einer der wichtigsten Einflussfaktoren für den Goldpreis), so geht der Markt inzwischen von nur mehr einer US-Zinssenkung aus, gefolgt von anhaltend relativ hohen Zinsen bei rund 4 %. Historisch konnte der Goldpreis dagegen vor allem in Rezessionen und damit bei stark fallenden Zinsen profitieren. Insofern ein klares Zeichen relativer Stärke. Andere Rohstoffe wie Energie (Angst vor Angebotsausweitungen der USA bzw. OPEC) und Industriemetalle schafften dagegen im Jänner nur ein kleines Plus.
Die Währungsentwicklung im Jänner (Stand VOR den US-Zöllen gegen Kanada, Mexiko und China) war geprägt vom Comeback einiger Emerging-Markets-Währungen (z. B. dem brasilianischen Real, BRL). Beim größten Wechselkurspaar EUR/USD gab es dagegen im Jänner in Summe Stillstand. Setzt Trump seine diversen Zolldrohungen um, würde hier aber bald massive Bewegung hineinkommen: Technisch würden die Währungen von Ländern, gegen die US-Zölle erhoben werden, deutlich abwerten, während der USD aufwerten würde.
Ausblick – Globale Wirtschaft
Positiver Konjunkturausblick 2025 –trotz Wachstums-Risiken
Für die globale Wirtschaft wird heuer ein (reales) Wachstum von gut 3 % erwartet – ähnlich wie 2024 und im langjährigen Schnitt. Regional allerdings (wieder) mit großen Unterschieden: Neuerlich Wachstum über Trend in den USA, und wieder Wachstum (knapp) unter Trend in der Eurozone (mit dem Schwächepol weiterhin in DE & AT). Zwar schwächelt auch in den USA (wie weltweit) der Industriebereich - im viel größeren Dienstleistungssektor deuten die Vorlaufindikatoren aber nach wie vor auf starkes Wachstum. In der Eurozoneschrumpfte das BIP dagegen 2024. In Industrie-dominierten Volkswirtschaften wie Deutschland und Österreich schon das zweite Jahr in Folge. Hoffnung besteht dagegen weiterhin für 2025, wenn die (sich fortsetzenden) Zinssenkungen zunehmend positive Wirkung auf Kreditwachstum und Nachfrage entwickeln sollten, und die Industrierezession endet – auch in Europa. In China scheint nach der jüngsten Runde an Konjunkturpaketen das Wachstum jetzt schon wieder etwas zuzulegen. Größtes Konjunktur-Risiko für 2025 ist die US-Zollpolitik: Vorübergehende Zölle als Druckmittel oder in Höhe von maximal 10 % wären verkraftbar - werden sie aber dauerhaft in Höhe von 25 % (wie in CA und MX) auch gegen Europa verhängt (und gegen China vielleicht noch höher), würden sie 2025 die Konjunktur deutlich belasten.
Ausblick – Inflation und Notenbanken
Inflationsrückgang pausiert zu Jahresbeginn
Um die Jahreswende hat der steile Inflationsrückgang der beiden Vorjahre eine Pause eingelegt. Der Grund dafür ist aber (noch) nicht besorgniserregend: Wie zu erwarten fallen jetzt nach einem Jahr die steilen Energiepreisrückgänge aus der Berechnung der Jahresrate heraus. Ohne zusätzliche Energiepreisrückgänge 2025 nähert sich die Inflation damit jetzt wieder der „Kern-“Inflation (ohne Energiepreise) an, die in der Eurozone seit vielen Monaten bei 2,7 % p. a. liegt. Besonders ausgeprägt war der Inflationssprung in Österreich, wo mit Jänner auch der Strompreisdeckel wegfiel. Ein neuerlicher Inflationstrend nach oben ist nicht zu erwarten, im Gegenteil: Die schwache Konjunkturlage 2024 (und 2025) sollte nachlaufend die Inflationsrate 2025 bald wieder leicht nach unten drücken in Richtung EZB-Ziel von 2,0 %. Entsprechend hat die EZB Ende Jänner den Leitzins neuerlich abgesenkt, auf aktuell 2,75 %. Weitere Zinssenkungen auf rund 2,0 % bis Mitte 2025 werden unverändert erwartet. Ganz anders in den USA, wo man seit den Wahlen und angesichts Trumps Ankündigungen einen vorübergehenden Inflationsauftrieb für 2025 erwartet (von derzeit 2,7 % p. a. Inflation). Entsprechend hat der Zinsmarkt seit den Wahlen rund 1 Prozentpunkt Zinssenkungen ausgepreist und erwartet für 2025 nur mehr eine Zinssenkung (von aktuell 4,25 % auf 4,0 %).
Ausblick – Anleihemärkte
Unternehmensanleihen inzwischen relativ teuer
Nachdem 2024 vor allem „riskantere“ Anleiheklassen sehr stark performt haben, sehen wir dort inzwischen kurzfristiges Korrektur-Risiko:
Die Renditeaufschläge von Unternehmensanleihen zum Beispiel liegen mittlerweile nahe ihrer Allzeit-Tiefstände. Nachdem wir diese Anleiheklasse lange übergewichtet hatten (v. a. EUR IG Corporate Bonds), nehmen wir nun einen Schwenk in Richtung einer Untergewichtung vor. Diese Untergewichtung gilt dabei insbesondere für USD High-Yield-Unternehmensanleihen, deren Risikoprämien mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld sowie dem teuren Refinanzierungsumfeld nicht mehr im Einklang stehen. Ähnlich das Bild bei Hartwährungsanleihen aus den Schwellenländern, dementsprechend sind wir dort ebenfalls kurzfristig untergewichtet.
Dagegen rechnen wir nach den teilweise starken Renditeanstiegen Ende 2024 bei globalen Staatsanleihen mit einer Gegenbewegung und übergewichten v. a. USD-Staatsanleihen. Bei EUR-Papieren bevorzugen wir in erster Linie IT-und FR-Staatsanleihen, zu Lasten von DE-Staatsanleihen.
Ausblick – Aktienmärkte global
Aktien: kurzfristig untergewichtet, optimistisch für 2025
Für das Gesamtjahr 2025 bleibt unser Aktienmarkt-Ausblick konstruktiv: Auch im vergangenen Jahr gab es eine Fülle an (geo-)politischen Krisen, Konflikten, und Störfeuer durch Drohungen der neuen US-Regierung. Und das dürfte sich 2025 fortsetzen – zum Beispiel gleich zu Jahresbeginn mit eskalierendem Zoll-Streit. 2024 hat aber auch schön gezeigt, dass der Aktienmarkt sich von solchen Themen nicht nachhaltig beeindrucken lässt, solange die fundamentalen Trends passen. Und das sollten sie auch 2025 weiterhin: Mit weiteren Zinssenkungen, einer wachsenden Wirtschaft in allen großen Volkswirtschaften, und vor allem steigenden Unternehmensgewinnen.
Zwischenzeitige Korrekturen dürften aber auch bei positiver Jahresperformance unvermeidbar sein. Und der Beginn der Amtszeit der neuen US-Regierung dürfte aus unserer Sicht für den Kapitalmarkt ein Zeitfenster mit erhöhter Unsicherheit darstellen (z. B. betreffend neuer Zollpolitik), in welchem sich die politisch beeinflussten Rahmenbedingungen erst konkretisieren werden und sich der Kapitalmarkt darauf einstellen muss. Auch der Spielraum für US-Zinssenkungen ist durch die Politik der „Trumponomics“ geringer. Im Rahmen der kurzfristigen Taktischen Asset Allocation überwiegen für uns daher aktuell jene Faktoren, die zunächst für eine Übergewichtung von Euro Staatsanleihen gegenüber globalen Aktiensprechen.
Ausblick – Aktienmärkte regional
Selektive taktische Über-und Untergewichtungen
Kurzfristig (taktisch): Während wir zuletzt die USA (überzogene Erwartungen) untergewichtet und Europa (übertriebener Pessimismus) übergewichtet waren, drehen wir jetzt unsere US-Positionierung wieder auf übergewichten. Die relative Bewertung hat sich in den USA zuletzt verbessert und die Entwicklung der Mikro- und Makrodaten ist stärker als im Rest der Welt. Dafür drehen wir in Europa auf kurzfristig untergewichten. Innerhalb Europas sind wir nur in Deutschland übergewichtet, während wir UK, Frankreich, Niederlande und Eurozone untergewichtet sind. In der Region Japan/Pazifik behalten wir unsere kleine Shortposition in Japan, gehen aber in Australien Long. In den Emerging Markets (EM) bleiben wir leicht übergewichtet.
Mittel-und längerfristig erwarten wir unverändert, dass sich der Aktienmarkt-Aufschwung verbreitert: Die KI-Euphorie und damit auch die Bewertung der (insbesondere großen) US-Tech-Konzerne ist inzwischen schon sehr hoch (trotz der Korrektur im Jänner). (Zu?) hohe Bewertungen hatten historisch kaum Auswirkungen auf die Marktperformance der nächsten 1 bis 2 Jahre – sie reduzieren aber die langfristigen Ertragserwartungen, wenn es diesen Konzernen nicht gelingt dauerhaft sehr hohes Wachstum zu halten. Zum Glück sind praktisch alle anderen Aktienmärkte normal (Europa) bis billig (EM) bewertet. Eine stärkere Streuung (geografisch, nach Sektoren und nach Größe) dürfte sich also 2025, vor allem aber langfristig, lohnen.
Strategische Asset Allocation
Aktien
Anfang März 2024 haben wir bei Euro-Aktien und japanischen Aktien Gewinne mitgenommen und im Gegenzug chinesische Aktien neu in das Portfolio aufgenommen.
Wir halten Positionen in europäischen Aktien, Emerging-Markets-Aktien und japanischen Aktien. US-Aktien sind aus Bewertungsüberlegungen weiterhin unattraktiv.
Staatsanleihen
Wir haben bei den Staatsanleihen in den letzten 2 Jahren aufgrund der deutlich attraktiveren Ertragsaussichten markant zugekauft.
Im August haben wir das Zinsrisiko auf ein neutrales Niveau zurückgenommen, nach den Renditeanstiegen aber Anfang November und Mitte Jänner erneut zugekauft.
Unternehmens- & EM-Anleihen
Nach deutlichen Spread-einengungen zu Jahresbeginn haben wir Anfang März Unternehmensanleihen (IG und HY), italienische Staatsanleihen und Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen reduziert.
Ende Juni haben wir bei französischen Staatsanleihen zugekauft.
Reale Assets
Nach einem deutlichen Rückgang bei den Inflationserwartungen haben wir im August unsere Position in inflationsgeschützten Anleihen aufgestockt.
Im Bereich der Rohstoffe (Positionen über Derivate auf Rohstoffindizes) haben wir die tieferen Niveaus bei Industrie-metallen im August für eine Aufstockung genutzt.
Taktische Asset Allocation Februar
- Wirtschaft: US-Daten bis dato sehr gut, Start der Trump-Policy temporär Risikofaktor; Inflationserwartung steigt (Trump & Ölpreis), FED in „wait and see“-Modus; EZB-Zinssenkungspfad erscheint hingegen bis auf Weiteres abgesichert
- Unternehmen: Starker Dollar könnte hohe Erwartungen an US Earnings-Season dämpfen; Abhängigkeit vom MAG7-Wachstum, breite Gewinnerholung steht noch aus; Ausblick auf die nächsten Quartale und das Gesamtjahr 2025 bleibt positiv
- Stimmung: Stimmung auf Neutralniveau abgekühlt, aber noch kein Kontraindikator; Globale Aktien (in Lokalwährung) seit Dezember in Konsolidierungsphase; Marktbreite hat abgenommen, Financials & Zykliker mit relativer Stärke
- Spezialthemen: Geldpolitik; Geopolitik; US-Handelspolitik
- Positionierung: Aktien 1 Schritt untergewichtet gegen Euro-Staatsanleihen