Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 25.10.2024
Jetzt stehen die Präsidentschaftswahlen in den USA kurz bevor. Am 5. November, einem Dienstag, werden die Amerikaner ihren neuen Präsidenten oder ihre neue Präsidentin wählen. Die Stimmabgabe vor dem eigentlichen Wahltag hat bereits begonnen. Auch in einigen „Swing States“, von denen der Wahlausgang abhängen kann, können die Wähler schon abstimmen. Weltweit befassen sich die Anleger mit der Frage, welche Auswirkungen die Wahlen auf die Märkte haben können. Nach wie vor ist das Rennen so knapp, dass keine verlässliche Prognose möglich scheint.
Wie zu erwarten, spricht sich Vizepräsidentin Harris weitgehend für eine Fortsetzung der Politik von Präsident Biden aus. Falls sie gewinnen sollte, können die Anleger also mit einer gewissen politischen und wirtschaftlichen Kontinuität rechnen.
Der ehemalige Präsident Trump dagegen will seine „America First“-Politik noch intensiver verfolgen. Sollte er Präsident werden, könnte ein abrupter Kurswechsel anstehen: höhere Zölle, Deregulierung in einigen Sektoren, schärfere Grenzkontrollen und weniger Rücksicht in der US-Außenpolitik.
In der Fiskalpolitik haben beide Lager interessante Steuersenkungs- und Ausgabenprogramme vorgelegt. Trumps Vorschläge würden mehr kosten, nämlich rund 7,5 Billionen USDollar verglichen mit 3,5 Billionen USDollar für Harris‘ Vorhaben (die Zahlen stammen vom parteiunabhängigen Think Tank „Committee for a Responsible Budget“).
Aus Anlegersicht könnten fiskalpolitische Impulse das Wachstum kurzfristig ankurbeln (wobei auch Inflationsraten, Zinsen usw. ansteigen würden), würden aber gleichzeitig Amerikas ohnehin langfristig nicht tragbare Schuldenlast weiter erhöhen. Eins sollte man jedoch nicht vergessen: Der Haushalt wird vom Kongress und nicht vom Präsidenten beschlossen. Für größere fiskalpolitische Vorhaben benötigt der Präsident oder die Präsidentin also die Zustimmung beider Kammern, des Repräsentantenhauses und des Senats. Damit diese Zustimmung gesichert ist, müssten entweder die Republikaner oder die Demokraten am Wahltag nicht nur das Weiße Haus, sondern auch die Mehrheit in beiden Kongresskammern gewinnen.
Womit ist am Wahltag zu rechnen? Den Umfragen zufolge ist das Rennen außerordentlich knapp, sodass gegebenenfalls auf Tage oder sogar Wochen hinaus kein amtliches Ergebnis zu erwarten ist. Allerdings bewegen sich die Ergebnisse der meisten Umfragen innerhalb der statistischen Fehlertoleranz. Für globale Anleger – und viele US-Wähler – wäre es wohl günstig, wenn bald Klarheit über den Wahlausgang herrschte.
Die Woche voraus
Neben den neuesten Nachrichten aus dem US-Wahlkampf stehen in der kommenden Woche auch Unternehmensberichte und Wirtschaftsdaten an. Die Gewinndaten der Unternehmen sollten die Aktienkurse weiter stützen; die geschäftigste Woche der Berichtssaison für das dritte Quartal 2024 steht an. Bei den Wirtschaftsdaten geht es am Montag erst langsam los und wird dann spannender.
In Europa dürfte vor allem Deutschland im Rampenlicht stehen: Am Dienstag wird der GfK-Verbraucherklimaindex veröffentlicht, und am Mittwoch folgen Arbeitslosenzahlen, Inflationsdaten und das vorläufige Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im dritten Quartal 2024. Insbesondere die BIP-Daten aus Deutschland dürften viel Beachtung finden; Analysten rechnen damit, dass zum sechsten Mal innerhalb von acht Quartalen eine Kontraktion verzeichnet wird.
Im Euroraum stehen in dieser Woche vor allem Daten zum Verbraucher-, Industrie- und Geschäftsklima sowie Arbeitslosenzahlen und das BIP-Wachstum im dritten Quartal 2024 an.
In Asien werden sich die Anleger wohl vor allem für die Sitzung der Bank of Japan (BoJ) am Freitag interessieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen wichtigen Zentralbanken hebt die BoJ ihren Leitzins langsam an, um die Inflation zu bekämpfen, die seit einigen Jahren über dem Zielwert von 2% liegt. Weithin wird erwartet, dass die BoJ ihre Zinsen in dieser Woche unverändert lässt. Aber es stehen neue Daten an, darunter Arbeitslosenzahlen sowie die Industrieproduktion, die Einzelhandelsumsätze und die Baubeginne.
Auch in den USA werden für Anleger, die neben der Wahlberichterstattung noch andere Meldungen zur Kenntnis nehmen, wichtige Daten veröffentlicht. Unter anderem stehen am Dienstag Zahlen zu Hauspreisen, zum Verbrauchervertrauen und zu offenen Stellen an, am Mittwoch das BIP für das dritte Quartal 2024, am Donnerstag Zahlen zu Einkommen und Ausgaben der privaten Haushalte und Inflationsdaten und am Freitag der Arbeitsmarktbericht für Oktober. Dabei ist zu beachten, dass die jüngsten US-Daten zum Teil wohl von den Hurrikanen Helene und Milton beeinflusst wurden. Diese Effekte dürften in den kommenden Monaten abklingen, wenn sich die betroffenen Regionen erholen. Falls aber Anzeichen für eine Konjunkturschwäche zu erkennen sind, könnten die Daten noch wichtig für den Wahlkampf um das Weiße Haus werden.
Bleiben Sie im Rennen!
Greg
Director, Senior Economist, Global Economics and Strategy
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