Amundi Marktkommentar vom 22.07.2021

„Die Inflationsraten dürften 2022 wieder sinken“

Thomas Kruse ist als CIO oberster Investmentstratege bei Amundi Deutschland. In seiner aktuellen Marktanalyse erläutert er, wie Anleger die anziehende Inflation bewerten sollten, wie man von einer Sektorrotation im Portfolio profitieren könnte und warum der ESG-Trend diese Dekade beherrschen wird.

Wie bewerten Sie die Inflationssorgen, die viele Anleger derzeit beschäftigen?

In der Tat haben relativ hohe Monatsinflationsraten in den USA – für April 3,6% und im Mai sogar 5,0% – offenkundig sogar die Fed etwas überrascht. Da stellt sich natürlich die Frage, ob die US-Notenbank bald handeln muss und die expansive Fiskalpolitik zurückfährt oder gar die Zinsen erhöht. Für unsere Bewertung ist entscheidend, wie temporär oder nachhaltig diese Inflationsentwicklung ist.

Wo also kommt die relativ hohe Inflation konkret her und was bedeutet das für das laufende und nächstes Jahr?

Das sind zum einen Nachholeffekte der vorangegangenen Lockdowns, aber auch Basiseffekte aufgrund gestiegener Rohstoffpreise. Hinzu kommen Verwerfungen bei den Lieferzyklen, die man augenscheinlich im Markt nicht so recht erwartet hatte. Die Fed hat sich hier eindeutig positioniert und geht von temporären Effekten aus, was wir als Szenario unterstützen. Zudem scheut die Fed eine restriktivere Fiskalpolitik und Zinserhöhungen, weil der US-Arbeitsmarkt lange noch nicht auf „Vor-Corona-Niveau“ ist. Auch für Deutschland könnten wir kurzfristig Inflationsraten um 4% sehen, die sich aber mit Rückgang der Lieferengpässe wieder normalisieren sollten. Wir rechnen damit, dass im nächsten Jahr die Inflation in den USA und auch bei uns wieder auf etwa 2 – 2,5 % zurückkommt – sie ist in Zahlen aktuell also relativ hoch, aber nicht nachhaltig.

Viele Anleger fragen sich nun, ob sie Value- oder Growth-Titel im aktuellen Umfeld bevorzugen sollten. Wie stehen Sie zu dieser Frage?

Die taktische Positionierung spielt gerade eine wichtige Rolle, denn unterhalb der Entwicklung der breiten Aktienindizes gibt es eine deutliche Sektorrotation. Die starken Technologiewerte, die ein wesentlicher Teil des Growth-Universums sind, waren ein Ausfluss der Coronakrise. Im ersten Quartal 2021 performten noch vor allem konjunkturzyklische Titel, im zweiten der defensive Sektor, Nahrungsmittel und Gesundheit. Aktuell sind die Tech-Werte, vor allem wegen der rückläufigen US-Zinsen, nochmal stark im Aufschwung. Im zweiten Halbjahr könnte, auch durch die Erwartung leicht steigender Zinsen, der Value-Sektor dann wieder outperformen. Doch ähnlich wie bei der Inflation gilt es hier, die Fristigkeit zu beachten – den Value-Aufschwung halten wir für lediglich temporär, den Growth-Sektor sollte man nicht aus den Augen verlieren.

Auch das Thema ESG beschäftigt aktuell Investoren weltweit. Wie steht es hier: Temporär oder nachhaltig?

Ganz klar nachhaltig – und das im doppelten Wortsinn! Wir haben es hier mit einem mittel- bis langfristigen Trend zu tun, der gleich von drei entscheidenden Treibern hoch priorisiert wird: Den Asset Managern, den Unternehmen selbst und den Kunden wie Konsumenten. Das ist alles andere als eine Blase und wird uns mindestens die nächsten zehn Jahre begleiten. Darauf sollten sich Anleger bereits heute einstellen.


Rechtliche Hinweise

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Informationen in diesem Dokument von Amundi Asset Management und sind aktuell mit Stand 08.07.2021. Die in diesem Dokument vertretenen Einschätzungen der Entwicklung von Wirtschaft und Märkten sind die gegenwärtige Meinung von Amundi Asset Management. Diese Einschätzungen können sich jederzeit aufgrund von Marktentwicklungen oder anderer Faktoren ändern. Es ist nicht gewährleistet, dass sich Länder, Märkte oder Sektoren so entwickeln wie erwartet. Diese Einschätzungen sind nicht als Anlageberatung, Empfehlungen für bestimmte Wertpapiere oder Indikation zum Handel im Auftrag bestimmter Produkte von Amundi Asset Management zu sehen. Es besteht keine Garantie, dass die erörterten Prognosen tatsächlich eintreten oder dass sich diese Entwicklungen fortsetzen.