Hitzewelle
Die Wirtschaft kommt wieder auf Touren – die Welt arbeitet sich aus einer tiefen pandemiebedingten Rezession heraus. Inzwischen sieht es zunehmend so aus, als ob die Konjunktur mit dem kräftigen Einbruch im April bzw. Mai das Schlimmste überstanden habe und sich mit der erneuten Öffnung der Volkswirtschaften wieder belebe. Dabei haben sich die Wirtschaftsdaten nicht nur verbessert, sondern übertreffen in zahlreichen Fällen auch die Erwartungen. Das Frühstadium der globalen Erholung ähnelt allmählich der V-Form, die im März an den Finanzmärkten zu erkennen war.
Wie geht es jetzt weiter? Wenn man von der Entwicklung an den Märkten ausgeht, könnte sich der Aufschwung der letzten Zeit verlangsamen. Seit dem Beginn der Öffnung Anfang Juni verharrte der MSCI World Index innerhalb seines Korridors und bewegte sich zumeist seitwärts. Gleichzeitig breitet sich die Pandemie mit der Rückkehr der Verbraucher in Restaurants, Friseursalons, Fitnessstudios und Einkaufszentren wieder beschleunigt aus. Das wieder verstärkte Auftreten des Virus hat Konsequenzen für die Wirtschaft. In den vergangenen Wochen wurden in einigen europäischen und asiatischen Ländern sowie 10 US-Bundesstaaten erneute Restriktionen verhängt. Die Hoffnungen für die sommerliche Tourismussaison wurden gedämpft, da Reiseverbote oder Quarantänen für Einreisende aus Gebieten mit hohen Infektionszahlen verhängt wurden.
Dabei muss man sich sorgfältig klar machen, was dies bedeutet: gezielte Maßnahmen schaden einigen Unternehmen und Regionen. Insgesamt sollten die wirtschaftlichen Auswirkungen jedoch geringer ausfallen als es bei neuerlichen landesweiten Lockdowns der Fall wäre.
Außerdem muss man im Auge behalten, dass das Wirtschaftswachstum auf Angebot und Nachfrage basiert. Durch die erneute Öffnung werden wieder mehr Güter und Dienstleistungen angeboten. Die Nachfrage – und die Frage, ob die Verbraucher wieder bestimmte Aktivitäten durchführen – ist die zweite Hälfte der Gleichung. In dieser Hinsicht sei darauf hingewiesen, dass eine wichtige Verbrauchergruppe – die Über-65-Jährigen – einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt sind und sehr viel mehr Geld ausgibt als die weniger gefährdeten Alterskohorten unter 25.
Wenn man also einmal von einer möglichen Impfung oder einer erfolgreichen Eindämmung absieht, wird auf die ursprünglich V-förmige Konjunkturerholung eventuell ein sich länger hinziehender, struktureller Reparaturprozess folgen. Und je länger die Eindämmung der Pandemie dauert, desto größer ist das Risiko von dauerhaften Arbeitsplatzverlusten, Unternehmensschließungen, Änderungen der Konsummuster und Politikmüdigkeit.
Die kommende Woche
Die drängendste Frage lautet aktuell, ob die Anleger noch zu pessimistisch in Bezug auf die Konjunkturerholung sind oder ob die jüngsten, häufig veröffentlichten „weichen“ Daten bereits auf eine Enttäuschung hindeuten (vgl. unsere „Grafik der Woche“). Das wird sich bald klären.
Am Montag wird sich die Aufmerksamkeit auf das verarbeitende Gewerbe in den beiden größten Volkswirtschaften der Welt, nämlich den USA und China, richten. In beiden Fällen deuten die Konsensschätzungen darauf hin, dass sich die Expansion im Juli weiter beschleunigt hat. Insbesondere für die USA werden die besten Daten seit April 2019 prognostiziert.
Am Dienstag wird sich die Aufmerksamkeit nach Tokio (Japan) verlagern, wo die Kernrate der Verbraucherpreisinflation im Juli bei 0,20% gegenüber dem Vorjahr verharren sollte. Die Daten für Tokio werden in der Regel vor den landesweiten Statistiken veröffentlicht und geben Aufschluss über die Entwicklung im Land.
Am Mittwoch stehen die Einzelhandelsumsätze im Euroraum an. Die Konsensschätzungen deuten auf einen Anstieg um 15,8% gegenüber dem Vormonat im Juni hin, die Vorjahresrate könnte sich jedoch von - 5,1% auf -7,5% verschlechtern. In den USA wird zudem der ISM-Index für den Dienstleistungssektor für Juli veröffentlicht; es wird ein Rückgang von 57,1 auf 55,0 erwartet. Damit läge der Index zwar noch über der Expansionsschwelle von 50, deutet aber schon auf mögliche Schäden aufgrund der (erneuten) Schließung von Bars, Restaurants und Fitnessstudios sowie der anhaltend geringen Reisetätigkeit hin. Dienstleistungen machen rund 70% des US-BIP aus.
Am Donnerstag folgen dann die Auftragseingänge in Deutschland und eine geldpolitische Entscheidung in Großbritannien. Die Bank of England dürfte ihren Zins bei 0,25% und das Volumen des quantitativen Lockerungsprogramms bei 725 Milliarden Pfund Sterling belassen.
Und zum Wochenende hin werden am Freitag noch zahlreiche weitere Daten veröffentlicht. In China stehen die Import- und Exportdaten für Juli an, die um 10,0% bzw. 1,5% gegenüber dem Vorjahr zurückgehen dürften. In Europa steht die Konjunkturerholung in Deutschland im Fokus. Dort dürfte sich das Exportwachstum auf 13,8% gegenüber dem Vormonat beschleunigen und die Industrieproduktion um 10% in die Höhe schnellen. In den USA werden Anleger die Beschäftigungsdaten für Juli unter die Lupe nehmen. Der Konsens rechnet mit einem erneut beträchtlichen Beschäftigungsaufbau (2,26 Millionen neue Stellen) und einem Rückgang der Arbeitslosenquote von 11,1% auf 10,3%.
Ein Blick auf die Risikostimmung
Die für eine höhere Risikobereitschaft sorgende Reflationstendenz hält an; die Rohstoffpreise steigen an, der US-Dollar wertet ab. Zyklische Indikatoren deuten auf eine Rotation hin, was die Börsen in Europa weiter stützen könnte. In den USA liegen Technologieaktien weiterhin vorn und konnten kurze Schwächephasen abschütteln, trotz zunehmender Bedenken einer zu hohen Bewertung. Das Makroumfeld ist schwieriger geworden, technische Trends deuten jedoch auf eine anhaltende Übergewichtung von Rohstoffen und Aktien hin.
Bleiben Sie gesund, Ihr
Greg Meier
Senior Economist, Direktor
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