Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 28.09.2018

„Von Wegen und Irrwegen“
In der vergangenen Woche spielte der Brent-Ölpreis, der seinen Weg über die Marke von 80 US-Dollar pro Barrel fand, einmal mehr das Thema „Reflationierung“ in den Vordergrund.

  • Im Anschluss an das Treffen wichtiger Ölförderländer am Wochenende, bei denen sich die Teilnehmer gegen die Forderung des US-Präsidenten Donald Trump nach höheren OPEC-Fördermengen gestellt hatten, verteuerte sich der Brent-Rohölpreis spürbar auf das höchste Niveau seit fast vier Jahren. In Kombination mit dem anziehenden Lohnwachstum (v.a. in den Industrieländern) ist dies ein Indiz dafür, dass die großen Notenbanken weiter von ihrer Lockerungspolitik Abschied nehmen und der Renditeaufwärtsdruck am Rentenmarkt anhält.
     
  • In diesem Sinne scheinen weder die jüngsten Zollentscheidungen der US-Regierung noch die strukturellen Herausforderungen in einer Reihe von Schwellenländern US-Notenbankchef Jerome Powell derzeit von seinem steten Zinserhöhungs-pfad abzubringen. Wie erwartet erhöhte die Federal Reserve am Mittwoch die Fed Funds Rate erneut um 25 Basispunkte auf ein Zielband von nunmehr 2,00% bis 2,25%. Bereits im Vorfeld der Entscheidung hielten sich die Renditen 10-jähriger US-Treasuries über der Marke von 3% auf dem höchsten Stand seit Mai – und damit deutlich über den Sätzen von Benchmarkanleihen für den Euroraum.

Doch auch mögliche Irrpfade bewegten in der abgelaufenen Woche die Gemüter der Investoren. Die britische Regierung scheint angesichts interner Reibereien und der stockenden Verhandlungen mit der EU auf einen holprigen Brexit zuzusteuern. Auch bleibt abzuwarten, ob die italienische Regierung tatsächlich von den befürchteten fiskalpolitischen Abwegen Abstand nehmen wird. Zumindest aus einer kurzfristigen Perspektive scheint der vorläufige italienische Budgetentwurf, der für 2019 ein Defizit von 2,4% vorsieht, einen zwischen Kompromiss zu finden zwischen den vollmundigen Wahlversprechen und der Notwendigkeit, die Vorgaben des EU-Stabilitätspakts einzuhalten. Die nach dem Wahlsieg gestiegenen Risikoprämien auf italienische Staatspapiere haben in Rom offenbar ihre Wirkung erzielt. Entscheidend wird letztlich jedoch sein, welcher Entwurf Mitte Oktober bei der EU-Kommis-sion eingereicht wird und wie sich die Defizitzahlen im kommenden Jahr de facto entwickeln.

Die Woche voraus:
Seit den Sommermonaten hinken europäische Indizes ihren US-amerikanischen Pendants hinterher. Sollten konziliantere Töne aus Rom Bestand haben, könnte die Zurückhaltung an Europas Börsen gerade von ausländischen Investoren wieder abnehmen. Fundamentaldaten sollten wieder stärker in den Vordergrund rücken. Für aktive Manager ist dies ein Umfeld, sehr genau hinzuschauen.
Eine Reihe von Einkaufsmanagerindizes geben in der kommenden Handelswoche Hinweise auf die Wachstumsperspektiven im vierten Quartal. Zuletzt hatten die meisten Frühindikatoren zur Weltwirtschaft auf eine Fortsetzung des Aufschwungs hingedeutet, allerdings bei gemächlicherer Gangart und anhaltenden regionalen Divergenzen.

  • Im Euroraum setzt sich die Konjunkturerholung bei moderatem Tempo fort. Stagnierende Exporte haben im September für gedämpftes Wirtschaftswachstum gesorgt – dies sollte der Komposit-Einkaufsmanagerindex in zweiter Veröffentlichung (Mi) bestätigen. Dagegen wird die Binnennachfrage durch den festen Arbeitsmarkt gestützt. Die Arbeitslosenquote (Mo) verharrt auf dem niedrigsten Stand seit November 2008. In diesem Umfeld wären allmählich steigende Zinsen – untermauert durch die geldpolitische Wende der Europäischen Zentralbank – durchaus ein positives Signal für Aktien aus dem Euroraum.
     
  • In Japan richtet sich am Montag der Fokus auf die Veröffentlichung des vierteljährlichen Tankan-Berichts zur Wirtschaftsstimmung. Zwar sind von der inländischen Nachfrage zuletzt wieder positive Impulse ausgegangen. Allerdings wurde die Konjunkturdynamik im dritten Quartal durch eine Reihe von Naturkatastrophen gebremst. In den kommenden Monaten ist daher mit einer gewissen Aufholbewegung zu rechnen.
     
  • In den USA dürfte der ISM-Index (Mo) deutlich im expansiven Bereich bleiben. Auch der Arbeitsmarkt (Mi, Fr) zeigt sich nach wie vor in sehr guter Verfassung. Angesichts der fiskalisch induzierten Stärke der US-Wirtschaft und steigenden Inflationsraten liegt die am Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Zinsschritt kurz vor Weihnachten – den vierten allein in diesem Jahr – bei über 80%.

Active is
Wir bewegen uns weiterhin in einem Umfeld robusten weltwirtschaftlichen Wachstums, verhaltener Reflationierung und niedriger oder negativer Realzinsen. Doch ein reifer globaler Konjunkturzyklus,
die schrittweise geldpolitische Normalisierung und erhöhte politische Unsicherheit bedeuten, dass wir uns auf mehr Volatilität einstellen müssen, als wir es in den letzten Jahren gewohnt waren. In diesem Umfeld bleibt Fingerspitzengefühl gefragt, um bei der Asset-allokation zwischen Gewinnern und Verlieren zu unterscheiden.
Der US-Dollar könnte sich in den kommenden Monaten schwer damit tun, in neue Höhen aufzuschwingen. Denn dollarpositive Treiber wie der US-Zinsvorsprung sind bereits im Kurs reflektiert, während strukturelle Faktoren wie das hohe Leistungsbilanzdefizit und die ambitionierte Bewertung für einen schwächeren Greenback sprechen. Gerade für die zuletzt gebeutelten Risikoaktiva aus den Schwellenländern wäre dies eine Entlastung.

An der Pfundschwäche dürfte der am Sonntag beginnende Parteitag der konservativen Tories unter der Leitung von Premier Theresa May wohl wenig ändern. So haben paradoxerweise seit dem Brexit-Votum gerade britische Exportunternehmen – und merke: etwa 70% der Unternehmensgewinne des FTSE-100 werden im Ausland erzielt – von der Unsicherheit rund um die künftigen Handelsbezieh-ungen profitiert (siehe unsere Grafik der Woche). Steht tatsächlich ein „ungeordneter“ Brexit ins Haus?

Holprig: Vermutlich. Aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,
meint Ihre Ann-Katrin Petersen


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