Stunden der Wahrheit
Die ganze Welt steht im Bann des Coronavirus. Entsprechend bewegten sich die Kapitalmärkte in der abgelaufenen Woche zwischen Hoffen und Bangen: Hoffen, auf Zeichen der Besserung. Bangen, aus Angst vor einer weiteren Ausbreitung der Pandemie und, neben dem menschlichen Leid, deren Effekte auf die Weltwirtschaft. So wundert es nicht, dass die Pandemie mittlerweile auch in den Konjunkturindikatoren angekommen ist: Der ifo-Geschäftsklimaindex zeigt für Deutschland eine Rezession an, die Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone fielen wie ein Stein, auch der USArbeitsmarkt hat gedreht. Die Unternehmenskapitäne nehmen ihre Gewinnschätzungen sukzessive zurück.
In den kommenden Wochen schlagen jetzt die Stunden der Wahrheit: 1) Wird sich die Ausbreitung des Virus beschleunigen? 2) Wirken die umfangreichen Maßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik? 3) Wie verläuft die Konjunktur weiter?
Während das Robert-Koch-Institut für Deutschland erste, vorsichtige Hoffnungssignale sendet, dass sich die Zuwachsraten bei der Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen, muss es sich für die USA in den nächsten Tagen erst noch zeigen, ob sich die Entwicklung beschleunigt oder verlangsamt. Stunden der Wahrheit auch, wenn es um die direkte Bekämpfung des Virus geht. Erste medizinische Ergebnisse lassen hoffen, dass ein Mittel, das für die Bekämpfung von Malaria genutzt wird, die Krankheitsdauer bei Covid19 verkürzt. Ein vom Max-Planck-Institut entwickelter Impfschutz gegen Tuberkulose könnte den Immunschutz gegen das Coronavirus verstärken.
In einer nie gekannten Art und Weise wurden und werden rund um den Globus geld- und fiskalpolitische Programme gezündet, um die Wirtschaft zu stabilisieren und um die Risiken einzudämmen. Die USZentralbank Federal Reserve alleine hat das größte Notprogramm ihrer Geschichte vom Stapel gelassen. Sie bringt ihr gesamtes Arsenal an Maßnahmen ohne Begrenzung zum Einsatz. Von Staatsanleihen- und Hypothekenkäufen über Kreditprogramme für Unternehmen. Zudem wird dem Finanzmarkt von Seiten der Konsumentenkredite geholfen, die Anleihen von Kommunen gestützten bis hin zur Stabilisierung von Unternehmensanleihen. Der USamerikanische Senat haben ein Hilfspaket von über 2 Billionen US-Dollar auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung hat für Deutschland ein umfangreiches Hilfspaket verabschiedet – um nur einige der jüngsten Entwicklungen zu nennen. Es scheint, als würden Geld- und Fiskalpolitik zwei Seiten der gleichen Bilanz werden.
In den Konjunkturdaten der kommenden Woche dürften sich diese Maßnahmen noch kaum widerspiegeln, aber die Stunde der Wahrheit rückt näher, ob die WeltKonjunktur einen „L (tiefer Einbruch, lange Rezession, ohne absehbare Erholung), „U“ (tiefer Einbruch, Rezession, dann nachhaltige Erholung) oder „V“-förmigen Verlauf (schneller Einbruch, schnelle Erholung) nimmt.
Die Woche voraus
In der kommenden Woche sollten vor allem die Stimmungsindikatoren auf Seiten der Konjunktur im Vordergrund stehen. Ganz prominent kommen gleich zu Beginn der Woche der NBS-und der CAIXINEinkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in China. Da dort die Produktion bereits wieder aufgenommen wurde, wäre es ein hoffnungsvoll stimmendes Signal, wenn sich diese wichtigen Indizes bereits wieder verbessern, zumindest aber stabilisieren würden. Beim TANKAN-Indikator der Bank of Japan (Mittwoch) , der die Wirtschaftsstimmung im Land der aufgehenden Sonne misst, ist eher die gegenteilige Entwicklung zu erwarten. Spannend wird auch der Freitag. Der ISMEinkaufsmanagerindex für das nichtverarbeitende Gewerbe in den USA steht an. Die Arbeitsmärkte dort nehmen die VirusFolgen bereits vorweg und es ist zu erwarten, dass sich dem auch der Einkaufsmanagerindex nicht entziehen kann. Beachtung könnte auch der MarkitEinkaufsmanagerindex für Italien finden. Der Stiefel-Staat war das zuerst am stärksten gebeutelte Land Europas, und der Einkaufsmanagerindex sollte ein Gespür dafür geben wie stark die Eindämmungsmaßnahmen auf die Ökonomie durchschlagen.
Active is: Kühlen Kopf bewahren
Auch die kommende Woche lässt erwarten, dass sich (nicht nur) die Märkte weiter zwischen Hoffen und Bangen bewegen. Während die Relation, welche das KursGewinn-Verhältnis am US-amerikanischen Aktienmarkt in Relation zur Volatilität setzt (gemessen am Volatilitätsindex VIX) deutlich zurückgekommen ist, was ein Ende der „Schwerelosigkeit“ anzeigt (Grafik der Woche), müssen sich die Anleger auf eine weiterhin erhöhte Volatilität einstellen. Ein Ende des Bärenmarktes ist noch nicht in Sicht, aber die internationalen Gegenmaßnahmen gegen das Virus laufen, medizinisch wie ökonomisch.
Bewahren Sie einen kühlen Kopf und bleiben Sie gesund,
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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