Wachsende Zweifel? / Gestärkt aus der Krise / Dividenden / Helikoptergeld
Die internationalen Aktienmärkte hatten es zu Beginn der abgelaufenen Kalenderwoche schwer ihre jüngsten Allzeithöchststände zu halten. Die Zweifel vieler Marktteilnehmer wuchsen, dass die starke Rally bei Aktien, getragen unter anderem von positiven Meldungen zur globalen Konjunkturlage, der fortschreitenden Impfungen sowie guten Unternehmenszahlen, durch höhere Staatsanleiherenditen gestoppt werden könnte. Während die Europäische Zentralbank laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde die Entwicklung der nominalen Renditen längerfristiger Anleihen „genau beobachtet“, scheint die Diskussion über einen möglichen Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik weiter an Fahrt zu gewinnen. Am US-Geldmarkt werden bereits geldpolitische Maßnahmen der USNotenbank (Fed) eingepreist – derzeit mindestens eine Zinserhöhung bis ins Jahr 2023 – obwohl FedChef Powell jüngst bekräftigte, die lockere Geldpolitik beizubehalten.
Die Inflationsangst ist zurück. Der breite Rohstoffindex (Bloomberg Commodity Spot Index) erreichte das höchste Niveau seit 2013, Nickel und Öl stiegen auf den höchsten Stand seit 2014 bzw. 2018, während Kupfer ein neues 9-Jahres-Hoch markierte. Der Anstieg der Rohstoffpreise spiegelt sich in höheren Inflationserwartungen wider, ist aber auch Ausdruck von besserem Konjunkturwachstum. Dies traf insbesondere auf jenen Länder zu, die als Frühindikator für den Welthandel dienen: 1) Südkoreas Exportzahlen in den ersten 20 Tagen des Februars stiegen so stark wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr, infolge auch des weltweiten Mangels an Chips, der die Preise für das Kernhandelsprodukt des Landes in die Höhe trieb. 2) Taiwan, ebenfalls stark vertreten in der Halbleiterindustrie, geht davon aus, dass seine Wirtschaft im laufenden Jahr so stark wachsen dürfte wie seit sieben Jahren nicht mehr. 3) Und weil der Handelssektor sich robust entwickelte, erlebte auch China für das Jahr 2020 einen Leistungsbilanzüberschuss von rund 2% des BIP – der höchste Wert seit 2015. 4) Selbst in Japan kletterte der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe trotz der Verlängerung des Ausnahmezustands in den meisten Präfekturen (inkl. Tokio) zurück in die Expansionszone
Diese konjunkturelle Erholung in Asien machte sich auch im ifo-Geschäftsklimaindex bemerkbar – die Erwartungskomponente im verarbeitenden Gewerbe erreichte gar den höchsten Stand seit November 2017, denn die Auftragsbücher sind voll und die Lagerbestände leer, wobei die Nachfrage insbesondere durch Asien gestützt wird. Allerdings gibt es bereits Anzeichen für erhebliche Angebotsengpässe sowie längere Lieferzeiten, die die Einkaufspreise im verarbeitenden Gewerbe laut den vorläufigen Einkaufsmanagerindizes auf den höchsten Stand seit 10 Jahren gehoben haben. Die Erzeugerpreise in diesem Sektor stiegen parallel auf ein Dreijahreshoch, was weitere Fragen aufwirft, wie stark die Inflation in den kommenden Monaten steigen wird.
Die Woche voraus
Ob die (Inflations-)Bedenken der Investoren neue Nahrung erhalten, könnten mit Blick auf die nächste Woche die anstehenden Indikatoren zeigen. Zum Wochenstart blicken die Anleger in den USA auf den ISM Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Mo). Die Unternehmensumfrage lässt Rückschlüsse auf die tatsächliche Konjunkturlage zu, aber auch wie stark der Transmissionsmechanismus über stark steigende Rohstoffpreise sich auf die allgemeine Teuerung auswirken könnte. Die Sub-komponente für die Preise stieg im Januar auf 82,1 Punkte – dies war die höchste Expansionsrate der industriellen Einkaufspreise seit März 2011. Am Mittwoch wird neben dem Beige Book der Fed, der monatliche Bericht des Arbeitsmarktdienstleisters ADP zur Beschäftigungsentwicklung in der Privatwirtschaft bekannt gegeben, gefolgt von den Auftragseingängen der US-Industrie (Do). Im Fokus dürften allerdings die Arbeitsmarktdaten für Februar stehen – am Freitag wird neben der Beschäftigungsentwicklung außerhalb der Landwirtschaft insbesondere die Arbeitslosenquote veröffentlicht. Diese Datenpunkte könnten auch Implikationen für die laufende Diskussion um das anstehende Fiskalpaket haben. In der Eurozone liegt das Augenmerk insbesondere auf den vorläufigen (Kern-)Verbraucherpreise für Februar (Di). Die Zahlen im Januar waren nur bedingt aussagekräftig, da Sondereffekte wie das Auslaufen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung in Deutschland sie verzerrt haben. Bedeutung dürften zudem speziell für Deutschland die Arbeitsmarktzahlen (Di) sowie die Auftragseingänge (Fr) haben. In Asien dürfte mit Interesse der privatwirtschaftliche (Caixin) Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe verfolgt werden. Laut Konsensus dürfte er unverändert eine Expansion anzeigen, wenngleich sich das Momentum in den letzten beiden Monaten abgeschwächt hat
Die konjunkturelle Erholung dürfte anhalten, auch wenn sie mit steigenden Inflationssorgen gekoppelt ist. Der optimistische Ausblick für die nächsten 6 Monate reflektiert sich auch in der Positionierung. So stieg der Anteil der „Bullen“ unter den USInvestoren laut der American Association of Individual Investors (AAII) wieder auf 47%, nach gut 10-Prozentpunkten weniger Anfang im Februar. Das bessere Sentiment zeigt sich aber auch in gestiegenen Nettomittelzuflüssen vor allem für Aktienfonds – in den letzten 16 Wochen lag der Nettomittelzufluss bei 370 Mrd. US-Dollar (siehe Grafik der Woche) –, obwohl in globalen Geldmarktfonds immer noch mehr als 900 Mrd. USDollar liegen und laut der aktuellen Umfrage der Bank of America die Cash-Quote unter Fondsmanager mit 3,8% auf das niedrigste Niveau seit März 2013 gefallen ist. Doch allem Optimismus zum Trotz: Das Put-Call-Ratio spiegelt eine stark bullische Stimmung unter den Anlegern wider – sie liegt 2 Standardabweichungen unter dem langfristigen Durchschnitt und ist damit ein Kontraindikator.
Gesunde Zweifel sind angebracht, meint Ihr
Stefan Scheurer
Director, Global Capital Markets & Thematic Research
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