Wellenreiter
Der Auftakt der abgelaufenen Woche war unerfreulich. Gleich der Montag brachte den europäischen Aktien den stärksten Kursrückgang seit drei Monaten. Grund: Die Angst vor einer zweiten Welle, mit der das Coronavirus über die Welt schwappt, nahm zu. Zwar ging der 7-Tage gleitende Durchschnitt der Zahl der Neuerkrankungen und der Todesfälle global zurück (vgl. Grafik der Woche), und auch in den USA entwickeln sich die Neuerkrankungen erfreulicherweise rückläufig, allerdings geht es in Europa aber auch Japan und Indien in die andere Richtung. Die Furcht vor erneuerten Lockdowns ist da. Jerome Powell, Chef der US-amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, lies verlauten, dass die Fed „alles in ihrer Macht stehende Tun werde“, um eine Krise abzuwenden. Gleichzeitig überdenkt die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Corona-KrisenProgramm „PEPP“ („Pandemic Emergency Purchase Programme“), auch um Elemente daraus auf ihre zuvor implementierten Kaufprogramme zu übertragen. Die Zielrichtung ist klar, …
Zusätzlich lassen die Konjunkturdaten eine Abschwächung des wirtschaftlichen Erholungsprozesses erwarten. Der nationale Aktivitätsindex der Federal Reserve Bank of Chicago hat sich im August weiter abgeschwächt. Der wöchentliche Aktivitätenindex der Bundesbank zeigte ein nachlassendes Momentum der deutschen Wirtschaft an. Das belgische Verbrauchervertrauen dagegen hat im September einen kräftigen Sprung nach oben gemacht.
Die Woche voraus: Ermüdungserscheinungen
Mit den steigenden Infektionszahlen und dem Herannahen der kalten Jahreszeit auf der Nordhalbkugel, dürfte die Unruhe an den Märkten erhöht bleiben. Dazu kommen u.a. politische Unabwägbarkeiten wie die USPräsidentschaftswahlen und der Streit um ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien (Brexit). Die realökonomische Entwicklung will aber ebenfalls berücksichtigt werden. Die starke Aufholbewegung nach dem globalen Konjunkturabsturz im März sollte vermehrt Ermüdungserscheinungen aufweisen, was auch die Daten der neuen Woche bestätigen sollten. Eine V-förmige Erholung, auch wenn einige Indikatoren, wie z.B. die Einkaufsmanagerindizes dies bei oberflächlicher Betrachtung nahegelegt hatten, war ohnehin kaum zu erwarten. Dies umso weniger, da das Virus wieder stärker Respekt verlangt und lokale Shutdowns und die Angst vor dem Hereinbrechen einer zweiten Welle auf der Konsum- wie auf der Investitionsbereitschaft lasten dürfte.
Der Datenkalender der neuen Woche ist prall gefüllt, wobei die Früh- und Stimmungsindikatoren das Bild prägen. Gleich am Montag kommt der Dallas Fed Index für das verarbeitende Gewerbe in den USA. Am Dienstag dann steht die Wirtschaftsstimmung für das verarbeitende und nicht-verarbeitende Gewerbe in der Eurozone an. Dazu das Verbrauchervertrauen aus Frankreich, das verstärkt mit stark steigenden Virusinfektionen zu kämpfen hat. Am Mittwoch liegt der Fokus auf dem NBS Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende bzw. nicht-verarbeitende Gewerbe Chinas, die Verbraucherpreise im Euroland, die japanische Industrieproduktion und das GfK-Verbrauchervertrauen für Großbritannien – auch ein Land, in dem sich das Virus zunehmend stärker ausbreitet. Für Japan wichtig wird der Tankan-Bericht der Bank of Japan mit dem Diffusionsindex zur Wirtschaftsstimmung zum dritten Quartal mit den wichtigen Unterkomponenten zu den Exportaufträgen und dem Verhältnis der Auftragseingänge zur Lagerhaltung. Nach dem vorherigen starken Absturz ist beim Gesamtindex mit einer Verbesserung zu rechnen, vor allem, wenn sich die politische Unsicherheit gelegt hat. Bedeutsam für die USA sind auch der ISM Einkaufsmanagerindex (Donnerstag) und die Auftragseingänge (Freitag)
Die Welle reiten lernen
Gut nur: Die Unruhe an den Kapitalmärkten weist noch keine Spuren tieferliegender Stressfaktoren auf. Wichtige Stressindikatoren, welche auf Sorgen systemischer Verwerfungen an den Finanzmärkten hinweisen könnten, senden alle Signale der Entspanntheit. Das gilt u.a. für den Financial Stress Index der St. Louis Fed, den Systemic Stress Index der Europäischen Zentralbank, oder auch die Credit Default Swap-Spreads z.B. für Banken, was ein Anzeichen dafür sein dürfte, dass das Vertrauen darauf, dass die Zentralbanken die Lage im Griff haben (zumindest was die Bereitstellung von Liquidität betrifft) unverändert groß ist. Auch die technische Lage weist nicht auf einen unmittelbaren Abgabedruck hin. Die RelativeStärke-Indikatoren für die großen Märkte schweben in der neutralen Zone. Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Märkte auf die baldige Entwicklung eines Impfstoffes hoffen. Das kann zu Enttäuschungen führen.
Lernen wir die Welle zu reiten, meint Ihr
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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