Steigende Kurse: Hoffnung allein reicht nicht
Es sind noch etwas mehr als 20 Handelstage, bis das von Seiten der Wertentwicklung bisher durchaus positive Jahr 2019 zu Ende geht. Viele der internationalen Aktienindizes erreichten zuletzt neue Allzeithochs, was die seit geraumer Zeit zunehmende Risikobereitschaft an den Finanzmärkten deutlich macht. Nachdem beim Handelskonflikt zwischen den USA und China Anzeichen von Zugeständnissen beider Seiten gab, waren es auch vereinzelte Hoffnungen auf eine zyklische Konjunkturbelebung, die zu dem jüngsten Anstieg in den Weltaktienmärkten beitrugen.
Doch Hoffnung allein reicht nicht. Denn, eine zyklische Belebung durch den breiten wirtschaftlichen Nachrichtenfluss kann derzeit noch nicht bestätigt werden. Zwar konnte in Europa die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal eine Rezession vermeiden und der nach wie vor robuste Arbeitsmarkt in den USA stützt den privaten Konsum, die US-Industrieproduktion hingegen enttäuschte im Oktober und drückte die Jahresrate auf den tiefsten Stand seit Oktober 2016. Japanische Exporte fielen den elften Monat in Folge gegenüber Vorjahr, der stärkste Rückgang seit drei Jahren, und insgesamt schwache Aktivitätsdaten aus China ließen mitunter die Industrieproduktion auf den tiefsten Stand seit 1998 gefallen.
Letzteres hatte zur Folge, dass die chinesischen Behörden begonnen haben, der nachlassenden Wirtschaft neue Impulse zu verleihen. Die People’s Bank of China (PBoC) senkte im Lauf der Woche die Zinsen in der Breite: Der Zinssatz für mittelfristige Darlehen an Finanzinstitutionen (MLF), der Satz für einwöchige Repogeschäfte (kurzfristige Kredite der PBOC an die Geschäftsbanken) sowie der Referenzzinssatz sowohl für kurz- als auch für langfristige Kredite (LPR) sanken alle jeweils um 5 Basispunkte auf 3,25 %, 2,50 % sowie 4,15% bzw. 4,80%. Zudem stellen die Behörden weitere Liquidität dem Finanzsystem zur Verfügung.
Somit scheint die zuletzt gestiegene Risikofreude vor allem den Hoffnungen auf eine baldige Beilegung des Handelskonflikts zwischen den USA und China zu liegen. Aber auch, dass sich die konjunkturelle Lage in den nächsten Wochen verbessert, zumindest aber stabilisiert, und das Risiko eines Überspringens auf das Dienstleistungsgewerbe verhindert werden kann. Werden diese Hoffnungen enttäuscht, besteht erhöhtes Rückschlagpotential.
Die Woche Voraus
Eine Fülle an stimmungs- als auch realökonomischen Indikatoren stehen in der kommenden Kalenderwoche an. In den USA richtet sich der Fokus vor allem auf zahlreiche Frühindikatoren einzelner regionaler US-Notenbanken zu Beginn der Woche – Chicago Aktivitätsindex und der Dallas Fed Index für das verarbeitende Gewerbe (beide Mo) sowie der Richmond Fed Index (Di). Laut Konsensus sollten jene Indikatoren ein leicht verbessertes Konjunkturbild in den USA zeichnen, was weitere Hoffnungen einer zyklischen Konjunkturbelebung schüren könnte. Am Mittwoch stehen zudem die Auftragseingänge für langlebige Güter an, wo sich mitunter auch der schwelende Handelskonflikt bemerkbar machen dürfte, wenngleich ohne den schwankungsanfälligen Transportsektor die Aufträge leicht ansteigen sollten. In der Eurozone stehen vor allem die vorläufigen Verbraucherpreise im Mittelpunkt der Marktteilnehmer (Fr). Während der Anstieg der Ölpreise ein wichtiger Faktor für die Beschleunigung des Inflationstempos im letzten Jahr war, dürfte die Verlangsamung Ende 2018/Anfang 2019 geschuldet durch Basiseffekte jener Ölpreisentwicklung die Inflationsrate gegen Jahresende leicht anziehen lassen. In Deutschland hingegen liegt das Hauptaugenmerk auf dem ifo-Geschäftsklimaindex (Mo). Nachdem die Stimmung in den deutschen Chefetagen im Oktober unverändert geblieben ist, könnte sich die Erwartungskomponente weiter aufhellen und eine weitere Stabilisierung der deutschen Wirtschaft andeuten. Daten zum Verbrauchervertrauen (Di) bzw. Arbeitsmarkt (Fr) könnten den Konsum einmal mehr als die aktuelle Stütze der deutschen Konjunktur ausmachen. In Asien richte sich die Aufmerksamkeit auf Japan. Nachdem nach zweimaliger Verschiebung die umstrittene Mehrwertsteuererhöhung von 8% auf 10% im Oktober in Kraft getreten ist, rechnen Regierung und Zentralbank, dass die Folgen weniger stark ausfüllen dürften als bei der letzten Erhöhung 2014. Erstes Indiz dürften die Einzelhandelsumsätze sein (Do), die durch reduzierte Steuersätze, Belohnungspunkte, Rabatte und Einkaufsgutscheine gestützt werden sollten. Die Verbraucherpreise dürften trotz eines engen Arbeitsmarktes und leicht gestiegenem Lohnwachstum davon allerdings unberührt bleiben (Fr).
Active is: Chancen nutzen
Laut der monatlichen Fondsmanagerumfrage der US-Großbank Bank of America (BofA) Merrill Lynch waren in den vergangenen Wochen internationale Investoren eher zurückhaltend positioniert. Getrieben von der Hoffnung mussten sie von der Seitenlinie beobachten, wie die globalen Aktienmärkten neue Allzeithochs bzw. Jahreshöchststände erreichten. Die eher defensive Allokationsausrichtung vieler Investoren wurde abgebaut, zyklische Werte präferiert und eine stärkere Risikobereitschaft machte sich breit. Put/Call-Ratios signalisieren zunehmenden Optimismus und laut der aktuellen Umfrage der American Association of Individual Investors (AAII) wechselten mehr Anleger vom Bären- ins Bullenlager. Nachdem seit Anfang des Jahres insgesamt fast 1 Billion US-Dollar in Geldmarkt- und Anleihefonds netto zugeflossen sind, setzte vor 4 Wochen auch hier eine Rotation ein. Globale Aktienfonds verzeichneten Zuflüsse von über 30 Mrd. US-Dollar, nach Nettomittelabflüssen von mehr als 220 Mrd. US-Dollar im laufenden Jahr – insbesondere europäische Aktienfonds konnten nach mehr als 80 Wochen an Kapitalabflüssen wieder erste Zuflüsse verbuchen. Zur Fortführung dieser Entwicklung muss allerdings noch der Beweis einer konjunkturellen Stabilisierung erbracht werden. Doch wie heißt es so schön?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, meint Ihr
Stefan Scheurer
Director, Global Capital Markets & Thematic Research
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