„Erstes Pflänzchen der Hoffnung?“
Erklärungen für die positive Entwicklung an den Finanzmärkten seit Jahresanfang gibt es viele. Dabei fällt allerdings auf, dass unsere proprietären Konjunkturindikatoren eine erneute Abschwächung der Konjunkturdaten im letzten Monat verzeichneten. Vor diesem Hintergrund hat sich auch das Wachstum der Weltwirtschaft zuletzt auf eine Rate um bis leicht unter Potenzial abgekühlt. Jedoch hat nach einer solch langen Phase schwacher Makrodaten die Wahrscheinlichkeit einer zumindest kurzfristigen Erholung zugenommen. Und so keimte passend zum Frühlingsanfang das erste zarte Pflänzchen Hoffnung am Konjunkturhimmel – speziell mit Blick auf den Welthandel – obwohl eine mögliche Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China auf April verschoben worden ist.
Genauer gesagt waren es u.a. die nicht-ölbasierten Gesamtexporte aus dem Stadtstaat Singapur, die im Februar gegenüber dem Vorjahr um knapp 5% gestiegen sind. Sie sind deshalb von Interesse, dienen sie doch mitunter als konjunktureller Gradmesser für die technologielastige Region Asiens und damit als Stimmungsbarometer für den Welthandel. Dabei interessant: Insbesondere die Exporte aus Singapur – und jüngst auch aus Japan – ins Reich der Mitte stiegen um über 34% j/j bzw. gut 5% j/j an. Aufgrund des chinesischen Neujahrs sollten die Zahlen jedoch mit etwas Vorsicht interpretiert werden, nichtsdestotrotz könnten sie als ein Vorbote der jüngst beschlossenen fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen Chinas zu verstehen sein. Davon ist zu erwarten, dass sie das Wachstum in China, aber auch mittels positiver Ausstrahlungseffekte die gesamte Region Asiens ab dem zweiten Quartal stabilisieren könnten.
Was Konjunktur wie auch Kapitalmärkten helfen sollte, ist, dass die wichtigen großen Zentralbanken auf ein taubenhafteres Verhalten eingeschwenkt sind. Während die US-Notenbank (Fed) verstärkt ihre abwartende geldpolitische Haltung betont, verschob die Europäische Zentralbank (EZB) den Zeitpunkt ihres ersten Zinsschrittes ins Jahr 2020. Während globale Faktoren hierbei sicherlich eine Rolle spielen, scheinen auch die gedämpften Inflationsaussichten den Zentralbankern Zeit zum Verschnaufen zu geben. So fiel der Überraschungsindikator für die Inflation in den G-10 Staaten auf das niedrigste Niveau seit mehr als 2 Jahren (siehe Grafik der Woche). Obwohl die Kapitalmärkte ein eher günstiges Inflationsumfeld auf längere Sicht einpreisen, soll das nicht heißen, dass Investoren in Zukunft die Inflation völlig außer Acht lassen sollen. Neben der positiven Lohnentwicklung – insbesondere in den USA, Europa und UK – könnte auch der Ölpreis, der sich seit Anfang des Jahres deutlich erholt hat, für Inflationsdruck sorgen. Mögliche weitere Produktionskürzungen seitens der OPEC, Unsicherheiten bezüglich der Sanktionen gegenüber Venezuela und dem Iran sowie Basiseffekte, die sich im H2 2019 bemerkbar machen dürften, könnten dabei eine Rolle spielen.
Die Woche Voraus
In den USA stehen folgende Konjunkturindikatoren im Vordergrund:
- Diverse Frühindikatoren regionaler Noten-banken, die laut Konsensus-Schätzungen teilweise ein nachlassendes Wachstumsmomentum in den USA signalisieren sollten.
- Neben der Handelsbilanz (Mi) und der 3.Schätzung der Q4-Wirtschaftsleistung (Do), könnte das Augenmerk auf dem Deflator der privaten Konsumausgaben ohne Lebensmittel und Energie liegen (Fr). Der Deflator gilt als wichtigster Preisindikator der Fed, sodass der Januar-Wert weiter für eine abwartende Haltung der Fed sprechen dürfte.
Neben diversen Stimmungsindikatoren aus der Eurozone, sind hauptsächlich die Verbraucherpreise für März (Fr) von Interesse. Vorläufige Inflationsdaten einzelner EU-Länder werden im Laufe der Woche veröffentlicht, während einzelne Notenbanker der EZB auf einer Konferenz („The ECB and Its Watchers“) in Frankfurt aktuelle Fragen der Geldpolitik diskutieren. Zwar deuteten die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland zuletzt ein relativ schwaches Wachstum im ersten Halbjahr 2019 an, jedoch verbesserten sich die ZEW-Konjunkturerwartungen das vierte Mal in Folge. Wieder aufkeimende Hoffnung hinsichtlich eines geregelten Austritts Großbritanniens oder der Fortschritt bei den Sino-US Handelsverhandlungen mögen dazu beigetragen haben. Vor diesem Hintergrund dürfte der Fokus in der kommenden Woche vor allem auf dem ifo-Geschäftsklimaindex (Mo) liegen. Neues vom Brexit gibt es auch: Nach bisheriger Planung soll Großbritannien die EU am 29. März verlassen (Fr). Doch nachdem das britische Unterhaus kein drittes Mal über den denselben Brexit-Deal abstimmen darf, liegen jetzt wieder alle Brexit-Optionen auf dem Tisch: No-Brexit-Deal, Misstrauensantrag gegen Premierministerin Theresa May oder einen Antrag bei der EU auf Verschiebung des Austrittsdatums. Die politische Unsicherheit hält an – die Hoffnung stirbt zuletzt.
In Asien richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Konjunkturdaten aus Japan. Dazu gehören die Verbraucherpreise für den Großraum Tokio, die Arbeitsmarktdaten und die Einzelhandelsumsätze, die allesamt am Freitag veröffentlicht wer-den. Übers Wochenende steht zudem der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe aus China an.
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Während die Weltkonjunktur sich leicht abkühlt – jedoch nicht in eine Rezession abrutschen sollte – und die politischen Risiken allgegenwärtig sind, handelt der Volatilitätsindex auf dem niedrigsten Stand seit März 2018. Schwinden die Sorgen und steigt die Hoffnung? Konjunkturell haben wir die ersten zarten Pflänzchen gesehen. Dazu passt: US-amerikanische Aktienfonds erzielten in der letzten Woche den höchsten Mittelzufluss (25,4 Mrd. US-Dollar) seit März 2018, Call-Positionen wurden in den USA deutlich ausgebaut und die Bullen behalten die Oberhand, blickt man auf die aktuelle Auswertung des „Investor Intelli-gence Advisors Index“.
Gießen wir das Pflänzchen, meint Ihr
Stefan Scheurer
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