Jahresendrallye
Das ist vermutlich das erste Jahr meiner gesamten beruflichen Karriere, währenddessen ich im November/Dezember nicht gefragt worden bin, ob sie denn kommen, die Jahresendrallye. Verständlich, hatten wir doch seit der auf den Einbruch im März folgenden Erholung das gesamte restliche Jahr „Jahresendrallye“ wenn auch mit Unterbrechungen. Der STOXX 600 steht zwar im Vergleich mit dem Dezember 2019 leicht schlechter da, aber dennoch: Auch seine Erholung auf den Ausbruch der Corona-Pandemie lässt sich sehen. Der technologielastige USAktienmarkt S&P 500 sah im November sogar seinen besten Monat seit 1928 und legte innerhalb der letzten 12 Monate deutlich zweistellig zu, ebenso wie der Aktienindex (MSCI) für die aufstrebenden Staaten. Trotz – oder gerade wegen? – Corona. Fiskal- und Geldpolitik haben weltweit die Fantasien beflügelt, wenn sich jetzt auch zeigen muss, inwieweit diese Fantasien halten was sie versprechen. Denn wir sind, trotz der Entwicklung von Impfstoffen, noch weit von der Normalität entfernt. Daran erinnert nicht zuletzt auch der zweite harte Lockdown, der für Deutschland, das Vereinigte Köngireich und die Niederlande beschlossen wurde. Auch in den USA wird über eine Verschärfung der Maßnahmen diskutiert. Die zweite Welle der Pandemie schwappt über die Welt, und viele Staaten verschärfen ihre Gegenmaßnahmen wieder. Die GoogleMobilitätsdaten, die aus unseren Handis unser Bewegungsverhalten herauslesen, weisen u.a. für die USA und Europa incl. dem Vereinigten Königsreich deutlich rückläufige Frequenzen in Geschäften und Freizeiteinrichtungen aus. Ein Trend, der sich in vielen Emerging Markets fortsetzt. Gleichzeitig zeigen die sogenannten „Stringency“-Indikatoren, dass die Anzahl der regierungsseitig veranlassten Einschränkungen im Kampf gegen das Virus rund um den Globus wieder zugenommen haben. Aber es gibt Hoffnung: In Großbritannien, den USA und Kanada wurden die ersten Impfungen durchgeführt. In Europa wird es noch im alten Jahr dazu kommen. Positive Zeichen auch von Seiten der Konjunktur: Die japanische Industrie ist positiv ins IV. Quartal gestartet. Die Dezember-Umfrage der Bank of Japan (Tankan) wies darauf hin, dass sich die Einschätzung der Unternehmen aufgrund der Erholung der Exporte und der Produktion erheblich verbessert habe, was die Phase der wirtschaftlichen Erholung Japans bestätigte.
Die Woche voraus: Füße stillhalten
Viel ist nicht mehr zu erwarten. Die Performance ist so oder so gemacht. Da heißt es, die Füße still zu halten und sich auf Weihnachten zu freuen. Reicht ja auch. 2021 stehen dann wieder genug Themen an. Der neu gewählte USPräsident betritt die Bühne und es wird spannend zu sehen, welche geostrategischen Schwerpunkte er setzt und wie er sich fiskalisch durchsetzen kann, vor allem mit welchen Mehrheiten. In Deutschland wird im September gewählt. Dem Corona-Virus geht es endlich an den Kragen mittels Impfungen. Die Zentralbanken pumpen Geld in die Märkte (die Europäische Zentralbank hat jüngst ihr AntiKrisenpaket PEPP („Pandemic Emergency Purchase Programme“) um 500 Mrd.+ Euro verlängert) und die Haushaltspolitiker fragen sich, wie die von dem Virus gerissenen Löcher gestopft werden sollen. Fest steht schon jetzt: Die Niedrig-/Negativzinsen werden zumindest einen Teil zum Schließen dieser Löcher beitragen. Das heißt auch: Der Anlagenotstand geht weiter und sollte den Drang in Sachwerte (also Aktien) begünstigen.
Und ein weiterer Kandidat könnte wieder auf der Agenda auftauchen: Die Inflation. Diese ist zwar nirgendwo ein Thema, weder bei den makroökonomischen Projektionen der EZB, noch an den Märkten, wie die Break-EvenInflationsraten zeigen, noch in Umfragen (siehe die jüngste Erhebung der Universität von Michigan), aber die von den Wirtschaftswissenschaftlern Charles Goodhart und Manoj Pradhan angestoßene Diskussion, die demographische Entwicklung der westlichen Welt könne diese anstoßen, findet immer mehr Widerhall. Zum säkularen Argument kommt die Geldpolitik. Die Liquiditätsspritzen scheinen völlig unbeeindruckt von den Impfstoffen verabreicht zu werden, daran hat nicht zuletzt die US-Zentralbank Federal Reserve wieder erinnert. In den USA ist die Geldmenge M1 allein in der zweiten Novemberhälfte um 809 Milliarden US-Dollar gewachsen – der stärkste Anstieg innerhalb zweier Wochen in der Geschichte der Fed. Die Überschussliquidität (berechnet als die Differenz zwischen der 5-JahresVeränderung des etwas breiter gefassten Geldmengenaggregats M2 und der 5- Jahres Veränderung des realen Bruttoinlandsproduktes) könnte ein Inflationstreiber mittel- bis langfristig werden.
Eine erfolgreiche Jahresendrallye für Sie, Ihre Lieben, beruflich, privat und bei der Kapitalanlage verbunden mit den besten Wünschen zu Weihnachten und dem neuen Jahr wünscht Ihnen.
Dr. Hans-Jörg Naumer.
Director Global Capital Markets & Thematic Research
PS. Wir lesen uns dann am 8. Januar 2021 wieder
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