„When Doves Cry“
Während es in der Vorweihnachtszeit überall von Fenstern und Balkonen glänzt und leuchtet, dämpfen zwei potenzielle Störfaktoren derzeit die Festtagslaune an den Börsen.
Zum einen hat das Auftreten der OmikronVariante das ohnehin schon unsichere Pandemieumfeld weiter verkompliziert. Gerade im ersten Quartal des nächsten Jahres könnten die potenziellen negativen Konjunkturauswirkungen einer neuen Omikron-Welle zu spüren sein, wenngleich die zunehmende Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft während früherer Episoden mit hohen Infektionsraten im Hinterkopf behalten werden sollte.
Zum anderen haben angesichts des anhaltenden Preisdrucks eine Reihe von Zentralbanken – darunter die US-Notenbank Fed – damit begonnen, ihr Narrativ einer lediglich vorübergehend bzw. „dauerhaft vorübergehend“ erhöhten Verbraucherpreisinflation einzumotten. Die Konsequenz: Eine beschleunigte Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik wird nun in Erwägung gezogen, um sich gegen mittelfristige Inflationsrisiken zu stemmen. Eine frühere und/oder raschere Straffung der Geldpolitik dürfte bei der einen oder anderen geldpolitischen „Taube“ auf die Tränendrüse drücken.
When Doves Cry“ schien jedenfalls im Großen und Ganzen das Motto der sich dem Ende zuneigenden spannenden Zentralbankwoche gewesen zu sein. In den USA eröffnet die beschleunigte Rücknahme der Anleihenkäufe („Tapering“) der Fed die Möglichkeit, früher im kommenden Jahr die Leitzinswende einzuläuten. Trotz des dynamischen Infektionsgeschehens im Euroraum bekräftigte auch die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Absicht, das PandemieNotfallankaufprogramm (PEPP) Ende März einzustellen. Allerdings bleibt die EZB dem „taubenhaften“ Spektrum verhaftet und bewahrt sich angesichts kurzfristiger Abwärtsrisiken für die Euroraum-Konjunktur ein hohes Maß an Flexibilität, um fortgesetzt günstige Finanzierungsbedingungen zu gewährleisten.
Bislang war das Jahr 2021 ein einträgliches für risikobehaftete Anlageklassen wie Aktien. Wenig überraschend hat jedoch in Anbetracht der beiden möglichen Störfaktoren zum Jahresende – ausgehend von hohen Niveaus – der Risikoappetit der weltweiten Profianleger nachgelassen, wie der zu Wochenbeginn veröffentlichte „Global Fund Manager Survey“ der Bank of America bestätigte. Zwar werden die Konjunktur- und Gewinnperspektiven für das Jahr 2022 unverändert optimistisch eingeschätzt, jedoch ein restriktiverer Kurs der Geldpolitik inzwischen als größtes Risiko angesehen. Dazu passend schätzten nunmehr lediglich 55% der Befragten höhere Inflationsraten als vorübergehendes Phänomen ein, sechs Prozentpunkte weniger als noch in der Oktober-Umfrage.
Die Woche voraus.
In der Vorweihnachtswoche kehrt eine gewisse Gemächlichkeit ein, zumindest was die Frequenz der Datenveröffentlichungen anbelangt.
In den vergangenen Wochen deuteten Konjunkturindikatoren auf eine Stabilisierung der globalen Wachstumsdynamik hin. Nach einem schwachen dritten Quartal hat die Konjunktur in den USA, der größten Volkswirtschaft der Welt, wieder Tritt gefasst. Der private Verbrauch – dieser trägt zu zwei Dritteln des Bruttoinlandsprodukts in den USA bei – bleibt angesichts eines robusten Arbeitsmarkts gut unterstützt (die persönlichen Ausgaben und Einkommen sowie die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe werden am Donnerstag veröffentlicht). Anders als in Europa, wo das dynamische Neuinfektionsgeschehen der Konsumlaune (Verbrauchervertrauen am Dienstag) bereits einen Dämpfer verpasst hat, sollte sich das Verbrauchervertrauen in den USA (Mi) wacker schlagen. Für das kommende Jahr halten wir, ungeachtet der erhöhten pandemiebedingten Unsicherheit, an unserem Szenario eines langsameren, aber immer noch über Potenzial liegenden Wachstums der Weltwirtschaft fest, bei fortgesetzt regionaler Rotation.
Gleichzeitig dürfte die Inflationsdebatte weiter köcheln. Die Wiederverkäufe bestehender Häuser (Mi) und Neubauverkäufe (Do) weisen auf gewisse Überhitzungserscheinungen am US-Häusermarkt hin. Zuletzt haben sich die Anzeichen verdichtet, dass die anziehende Mietpreiskomponente („Rent of Shelter) auf die US-Verbraucherpreisinflation durchschlägt. Die transatlantische Divergenz der Geldpolitik spricht in der kurzen Frist weiterhin für einen festen US-Dollar.
Während viele Zentralbanken damit begonnen haben, ihren seit Ausbruch der Pandemie geltenden Notstandsmodus zu verlassen, behält die Bank of Japan ihren lockeren geldpolitischen Kurs bei. Insbesondere wegen der kräftig gestiegenen Energiepreise ist die japanische Inflationsrate (Fr) zwar wieder über die Nulllinie geklettert. Ungeachtet der globalen Angebotsengpässe bleibt der unterliegende Preisdruck jedoch gering. Zu zaghaft fiel bislang die Konjunkturerholung aus (vielmehr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt in fünf der letzten acht Quartale), zu verhalten das Lohnwachstum.
Eine geruhsame Vorweihnachtswoche wünscht Ihnen Ihre
Ann-Katrin Petersen
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