Kommt jetzt der Rücksetzer an den Kapitalmärkten?
Wie hatten wir uns gefreut, dass die unter der Oberfläche brodelnde (geo-)politische Unsicherheit zum Ausklang des alten Jahrzehntes abzunehmen schien. Das britische Unterhaus verabschiedete das Gesetz zum Brexit-Deal und die Chance auf ein Teilabkommen im Handelskonflikt zwischen den USA und China nahm zusehends Formen an, welches mit der Unterzeichnung der Vereinbarung von beiden Seiten in der abgelaufenen Kalenderwoche ihren Abschluss fand. Zusammen mit einer weiter expansiven Geldpolitik globaler Notenbanken, der Hoffnung auf eine nachhaltige konjunkturelle Erholung und einer Jahresendrallye im Rücken, waren die Voraussetzungen für einen verheißungsvollen Start in das neue Jahrzehnt gegeben. Oder doch nicht?
Denn mit den jüngst aufflammenden geopolitischen Spannungen zwischen dem Iran und den USA war die latente Sorglosigkeit an den globalen Kapitalmärkten zwischenzeitlich wie weggeblasen. Das Gute: Die Risikoaversion im Zuge der jüngst aufflammenden geopolitischen Spannung zwischen dem Iran und den USA war von kurzer Dauer. Zwar stieg der Ölpreis im Zuge einer höheren Risikoprämie innerhalb kurzer Zeit auf über 70 US-Dollar pro Barrel – den höchsten Stand seit Mai 2019 –, doch ähnlich wie bei den Angriffen auf die Ölanlagen in Saudi-Arabien, handelte der Ölpreis innerhalb weniger Tage wieder auf den Niveaus wie zu Beginn des Jahres. Trotz weiterer Produktionskürzungen der OPEC-Staaten sind es die nach wie vor hohen Öllagerbestände, die zu einem globalen Angebotsüberhang führen und den Ölpreis fundamental in einer Spanne von 60-70 US-Dollar pro Barrel einpendeln lassen sollten.
Sollte jedoch eine höhere (geopolitische) Risikoprämie mittelfristig eingepreist werden, könnte dies allerdings die noch fragile Konjunkturerholung dämpfen. Zumindest scheinen die Stabilisierungsanzeichen zugenommen zu haben. Angeführt von den USA, der Eurozone und wichtigen Schwellenländern (inkl. China) verzeichnete unser Global Macro Breadth Index seinen ersten Anstieg in acht Monaten. Einkaufsmanagerindizes deuten eine positivere Geschäftsentwicklung an und es gibt erste Anzeichen, dass sich der globale Warenhandel wieder dynamischer entwickelt – von besonderem Interesse sind hier die jüngsten Handelsdaten aus China, die sowohl auf der Export- als auch auf der Importseite eine Stabilisierung erkennen lassen. Im Zuge dessen wurden auch die Konsensprognosen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zum ersten Mal in 19 Monaten für eine Mehrzahl der von uns beobachteten Länder angehoben. Trotz dieser von den Finanzmärkten antizipierten Aufhellungstendenzen bestehen weiterhin Zweifel an einer deutlichen und nachhaltigen Beschleunigung der Weltwirtschaft. Die jüngste Verbesserung wurde hauptsächlich durch Stimmungsindikatoren getragen. Gleichzeitig bleibt der Ausblick für die globalen Unternehmensinvestitionen – eine wesentliche Voraussetzung für stärkeres Wirtschaftswachstum – bestenfalls gedämpft. So dürfte die anstehende Berichtssaison für das vierte Quartal 2019 mit entsprechender Aufmerksamkeit verfolgt werden.
Die Woche Voraus
Während die US-Berichtssaison in der kommenden Kalenderwoche an Fahrt aufnimmt, stehen in den USA aus Konjunktursicht vor allem zahlreiche Frühindikatoren im Mittelpunkt des Investoreninteresses. Neben dem Chicago Aktivitätsindex (Di) sowie u.a. dem Kansas City Fed Index (Do), dürfte vor allem der vorläufige Markit Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Fr) mit Spannung er-wartet werden. Dieser Einkaufsmanagerindex könnte auch für die Eurozone von Interesse sein (Fr), könnte er doch die zuletzt einsetzende Verbesserung der makroökonomischen Datenlage in dieser Region untermauern. Während der ZEW-Konjunkturindex (Mo) für Deutschland Beachtung finden dürfte, sollte des Augenmerk vor allem auf dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag liegen. Zwar ist nicht von einer Änderung des aktuellen Zinsniveaus in der Eurozone auszugehen, doch könnte die Debatte um die neue geldpolitische Strategie der EZB an Fahrt gewinnen und deren Stand der Überprüfung ein wichtiger Bestandteil der Pressekonferenz werden. In Asien richtet sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf Japan. Die Bank of Japan (Di) dürfte ihre derzeitige Haltung in Bezug auf die Währungspolitik beibehalten. Zwar zog die Teuerung im November getrieben von der Mehrwertsteuererhöhung vom 1. Oktober von 0,2 % auf 0,5 % in der Jahresrate an. Gleichwohl bleibt der Preisdruck in Japan (Fr) aber unverändert weit hinter den Zielvorstellungen der japanischen Notenbank zurück. Auf ihrer letzten Sitzung hielt sie an ihrer Einschätzung fest, dass sich die Wirtschaft auf einem moderaten Wachstumspfad befinde, warnte jedoch vor Abwärtsrisiken für Japans Konjunktur im Jahr 2020. Die Handelsdaten für Dezember (Do) sowie der vorläufige Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Fr) könnten hierzu neue Erkenntnisse liefern.
Active is.
Die seit gut vier Monaten gestiegene Risikobereitschaft – die globalen Aktienmärkte erklommen ein neues Allzeit- bzw. Jahreshoch nach dem Nächsten – zeigt sich auch in der Positionierung. Der Anteil der Bären hat sich laut der aktuellen Umfrage der American Association of Individual Investors (AAII) im Monatsdurchschnitt fast halbiert. Put/Call-Ratios deuten vor allem in den USA einen stark ausgeprägten Optimismus. Auf der anderen Seite signalisieren technische Indikatoren, wie u.a. die Relative-Stärke-Indikatoren (RSI), einen zunehmend überkauften Markt. Überraschend dagegen sind die nach wie vor starken Nettomittelzuflüsse in globale Anleihe- und Geldmarktfonds – im abgelaufenen Jahr zusammen mehr als 1 Billion US-Dollar. Neue Risikobudgets bei institutionellen Anlegern, Anzeichen einer konjunkturellen Verbesserung, unterstützende Geld-und Fiskalpolitik sowie eine nachlassende politische Unsicherheit könnte nach knapp 50 Mrd. US-Dollar über die letzten 3 Monate für weitere Nettomittelzuflüsse in Aktienfonds sprechen. Der Grundtrend sollte nicht frei von Rücksetzern sein, wenngleich die Zeichen auf einen Ausbau der risikobehafteten Vermögensklassen zu stehen scheinen, meint Ihr
Stefan Scheurer
Director, Global Capital Markets & Thematic Research
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