Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 14.09.2018

„Divergente Entwicklungen“
Die internationalen Kapitalmärkte begannen die abgelaufene Kalenderwoche mit positiven Vorzeichen, dank positiver Nachrichten über einen möglichen Brexit-Deal bzw. positive Aussagen zur Haushaltssituation in Italien sowie „konstruktiver“ Handelsgespräche zwischen den USA und Europa. Die Sorgen über mögliche negative Übertragungseffekte, sollten die USA weitere Zölle auf chinesische Warenimporte im Wert von 200 Mrd. US-Dollar bekanntgeben – oder diese gar noch ausweiten –, traten demnach vorübergehend in den Hintergrund. Doch der Handelsstreit mit Amerika und die möglichen Zölle dürften gewisse Spuren in Chinas Konjunktur hinterlassen, auch wenn die jüngsten chinesischen Außenhandelsdaten eher robust erschienen. So ließ zwar der Handel mit Ländern wie Japan, Korea oder Taiwan zuletzt etwas nach, dagegen zog die Nachfrage aus den USA in Antizipation möglicher Zölle stärker an. Die somit vorgezogenen Käufe der US-Konsumenten sorgten dafür, dass sich der Handelsüberschuss mit den USA im August auf 31 Mrd. US-Dollar ausweitete – ein neues Rekordhoch (siehe Chart der Woche). Doch um die sich abschwächende Wirtschaftsdynamik in den kommenden Monaten aufzufangen, dürfte sich China proaktiv mit gezielten Maßnahmen, sowohl fiskalisch als auch monetär, versuchen entgegenzustemmen, auch weil von Seiten der Inflation derzeit kein größerer Grund zur Sorge für die chinesische Notenbank (PBoC) besteht. So könnte einen Senkung der Mindestreservevorschriften bei Banken wieder ein Thema werden, sollte die bisherigen Maßnahmen u.a. zur Ankurbelung der Kreditvergabe nicht einen spürbaren konjunkturellen Effekt verzeichnen.

Japans Wirtschaftswachstum hingegen überraschte für das zweite Quartal 2018 auf der positiven Seite. Die Wirtschaftsleistung wurde aufgrund starker Zahlen zum Investitionsaufwand auf eine annualisierte Wachstumsrate von 3.0% nach oben revidiert und liegt damit weiter deutlich über Potentialwachstum. Im Zuge der anstehenden Wahlen in Japan ein willkommenes Geschenk für den amtierenden Premierminister Abe, so dass laut derzeitigen Umfragen eine dritte Amtszeit wahrscheinlicher wird. Mit der Folge, dass die im Jahr 2016 verschobene MwSt-Erhöhung von 8% auf 10% im Okt. 2019 final implementiert werden dürfte.

Während sich die spätzyklische Konjunkturphase der Weltwirtschaft mit Wachstum leicht über Potenzial auch über den Sommer fortgesetzt hat, sind die Abwärtsrisiken vor dem Hintergrund eines nachlassenden Konjunktur-momentums, anhaltender regionaler Wachstums-divergenzen und einer Vielzahl von (geo-)politischen Belastungsfaktoren zuletzt deutlich gestiegen. In diesem Zuge trübte sich der globale makroökonomische Daten-kranz bei einer sichtbaren regionalen Schwäche in der Eurozone und Japan in den vergangenen Monaten ein. Der US-Dollar dürfte vor dem Hintergrund divergierender zyklischer und monetärer Faktoren profitieren und weiteren Druck auf die Währungen der Schwellenländer ausüben, wenngleich wir auf Grund anhaltender struktureller Belastungsfaktoren (v. a. wachsendes “Zwillingsdefizit”) und der deutlichen langfristigen Überbewertung des Greenback Richtung 2019 mit einem leicht schwächeren US-Dollar rechnen.

Die Woche Voraus
In den USA stehen in der kommenden Kalenderwoche folgende Konjunkturindikatoren im Vordergrund:

  •  Von Seiten der Frühindikatoren scheint der Empire State Index (Mo) laut Konsensus eine leicht nachlassende, wenngleich immer noch positive Geschäftstätigkeit des produzierenden Gewerbes im Bundesstaat New York zu prognostizieren. Ein ähnliches Bild dürfte auch der Philly Fed Index (Do) abgeben, der einen weiteren Beweis für die derzeit positive US-Konjunkturentwicklung liefern sollte.
  • Interessant könnte die divergierende Entwicklung des Markit Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe sein. Dieser deutet eine seit April 2018 eher nachlassende konjunkturelle Entwicklung an, während der ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe im August den höchsten Stand seit 14 Jahren erreichte.
  •  Neben der Leistungsbilanz (Mi) runden diverse Immobilienmarktdaten (Di-Do) das US-Konjunkturbild in der kommenden Kalenderwoche ab.

Ähnlich wie in den USA, stehen auch für Europa die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe an (Fr). Nachdem in Deutschland der ifo-Geschäftsklimaindex und dessen Erwartungskomponente zuletzt deutlich zulegen konnten, könnte sich der Einkaufsmanagerindex für Deutschland auf solidem expansiven Niveau stabilisieren oder gar leicht verbessern. Ähnliches könnte auch auf den Einkaufsmanagerindex für Frankreich zutreffen. Im Vereinigten Königreich dürften vor allem die Verbraucherpreise (Mi) bzw. die Einzelhandels-umsätze (Do) im Fokus der Anleger stehen, insbesondere vor dem Hintergrund der guten Verfassung des Arbeits-marktes, der Entwicklung des britischen Pfunds bzw. der möglichen Implikation auf die zukünftige geldpolitische Ausrichtung der Bank of England. Mit Blick nach Asien richtet sich die Aufmerksamkeit insbesondere auf Japan. Während die Außenhandelsdaten (Mi) im Kontext der globalen Handelsspannungen stehen dürften, sollte von Seiten der Bank of Japan bei ihrer anstehenden Zinssitzung (Mi) mit keinerlei Überraschung gerechnet werden. Dies liegt mitunter auch an der nach wie vor verhaltenen Verbraucherpreisentwicklung (Fr), trotz eines sehr angespannten Arbeitsmarktes und anziehendem Lohnwachstum.

Active is:
Während technische Indikatoren wie die Relative-Stärke-Indizes für die USA ein neutrales bzw. für Europa und Japan ein eher überverkauftes Niveau signalisieren, konnten nach mehr als sechs Monaten kontinuierlicher Mittelabflüsse erste Mittelzuflüsse in Europa verzeichnet werden. Interessant ist im Zuge dessen auch der Blick auf den Optionsmarkt, wonach in Europa zuletzt vermehrt Call-Optionen und in den USA deutliche Put-Optionen aufgebaut wurden. Das trifft zudem auf ein Bullenlager in den USA, das den höchsten Stand seit Anfang Juli erreicht hat. Mit womöglich positiven Nachrichten zu einen Brexit-Deal oder einer eventuellen Einigung im Handelskonflikt mit den USA scheinen sich Investoren nach den divergierenden Entwicklungen an den Kapitalmärkten nun neu zu positionieren.

Orientierung wünscht Ihnen,
Stefan Scheurer


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