„Orientierungssuche“
Die Kapitalmärkte sind auf Orientierungssuche. Wir bewegen uns in einer scheinbar widersprüchlichen Welt: Die Fed setzt ihre Zinsstreppe fort und sorgt mit einer unklarern „Forward Guidance“ für Unruhe, während die Konjunktur sich als sehr heterogen (vgl. Grafik der Woche), und - Ausnahme USA – im Zweifel eher von der nachgebenden Seite zeigt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstums-prognosen (marginal) gesenkt und warnt vor Abwärtsrisiken für die Weltkonjunktur. Für 2018 und 2019 rechnet der IWF inzwischen mit Zuwächsen von jeweils 3,7%. Ein Faktor für die Abwärtsrevision war dabei auch der von den USA ausgehende Handelskonflikt.
Wachsende Staatsschulden bei nachlassender Konjunkturdynamik – das passt so gar nicht zusammen. Kein Wunder, dass die Haushaltspläne der italienischen Regierung da für zusätzliche Unruhe sorgten. Mit 2,3 Billionen Euro Schulden hat das Land den (absolut gemessen) drittgrößten Schuldenberg aller Staaten aufgehäuft und hofft, dass zukünftiges Wachstum die Probleme löst. Das Risiko, dass die Ratingagenturen die Daumen senken ist gestiegen. Die Renditezuschläge auf italienische Staatsanleihen auch.
In der kommenden Woche geht es also um Orientierung.
Active is: Orientierung geben
Orientierung 1: Konjunktur
In der kommenden Woche stehen eine Reihe von Preisdaten an, die insgesamt unser Bild der „Reflationierung“ bestätigen sollten. Aus der Fülle der Indikatoren dürften die US-Einzelhandelsumsätze und der Empire-State-Index (beide Montag) positive Impulse liefern. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für die Eurozone (Dienstag) sollten eher etwas schwächer ausfallen. (Für alle anderen Indikatoren siehe den Kalender auf S.3)
Orientierung 2: Berichtssaison
Die Berichtssaison beginnt in den USA und dort mit dem Bankensektor. Dieser dürfte im traditionellen Geschäft wie auch im Aktienhandel gut verdient haben und damit ein Abbild einer insgesamt guten Gewinnentwicklung im dritten Quartal geben. Die Konsensusschätzungen gehen von einem Gewinnanstieg von 20% zum Vorjahresquartal aus, wobei ein großer Teil davon mit der Steuersenkung von US-Präsident Trump zu begründen ist. Das erklärt zum Teil auch, warum für Europa nur ca. 10% eingestellt werden. Dort ist die Lage auch deutlich heterogener. Nicht nur zwischen den Sektoren sondern auch zwischen den einzelnen Firmen innerhalb der Sektoren kann es zu starken Abweichungen kommen, wobei der Energiesektor mit den stärksten Beitrag zum gesamten Gewinnanstieg liefern sollte. Grund: der gestiegene Ölpreis. Insgesamt scheint die anbrechende Berichtssaison noch genügend Spielraum für die üblichen positiven Überraschungen zu lassen, was die Märkte freundlich stimmen sollte.
Orientierung 3: Technische Lage
Aus technischer Sicht zeichnete sich nach der ausbleibenden Bestätigung neuer historischer Tiefstände Mitte 2016 ein doppelter Boden bei den 10-jährigen US-Renditen ab, der die Grundlage für ein potenzielles langfristiges Trendumkehrmuster legte. Der jüngste und dynamische Bruch des Widerstands bei 3,05/3,1% sollte den US-Bärenmarkt am langen Laufzeitenende bestätigt haben. Aufgrund der bereits hohen Short-Positionierung der spekulativen Anleger dürfte zunächst nur mit einem moderaten Zinsanstieg gerechnet werden. Merke: Je langsamer der Renditeanstieg (der sich in dieser Art für die Eurozone noch nicht abzeichnet), desto weniger sollten die Aktienmärkte verschreckt werden. Das Letzte was diese brauchen ist ein schneller, von der (US-)Geldpolitik und den anziehenden Inflationsraten getriebener Renditeanstieg. Den ein Cocktail aus steigenden Zinsen/Renditen und schwächelnden Konjunkturdaten wäre ein schlechter Cocktail. Tatsächlich scheint auch bei den Investoren die Stimmung besser als die technische Lage zu sein. Große europäische Aktienindizes sind technisch angeschlagen, und auch am US-Aktienmarkt gibt es Schwächesignale. Z.B. schwächelt der Transportsektor und die NASDAQ-Werte
scheinen ebenfalls keine Anstiegsdynamik zu haben. Das Gesamtbild spiegelt sich auch auf globaler Ebene wider. Ohne US-Technologietitel bewegt sich der MSCI-Welt schon seit Wochen seitwärts. Insgesamt verspricht dies eine anstrengende Woche zu werden. Die Signale stehen auf weniger Risikoappetit.
Orientierung in der kommenden Woche wünscht Ihnen
Hans-Jörg Naumer.
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