Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 06.09.2019

Kampf um den Werterhalt

Unruhige Wochen an den Kapitalmärkten liegen hinter uns. Sie waren geprägt von immer wieder aufwallenden Hoffnungen und Sorgen rund um die Geopolitik (Eskalation im Handelsstreit, Entspannungssignale vom G7-Gipfel) sowie einer sich in der Tendenz weiter abschwächenden Weltwirtschaft. Hinzu kam die trügerische Hoffnung, die großen Zentralbanken dieser Welt würden es schon richten. Wo sich Risikoprämien ausweiten, wo Investitionen wegen gestiegener Unsicherheiten zurückgestellt werden, wo sich die Stimmung – langsam auch bei den Verbrauchern – eintrübt, da kann aber billige Zentralbankliquidität nicht die Wunderwaffe per se sein. Am Ende die Erkenntnis: Billiges Zentralbankgeld führt zu Übermut – und der tut selten gut.

Nun sind wir noch nicht in der Phase des Übermuts angekommen. Aber es fällt schon auf, dass Aktien- und Anleihenmärkte eine unterschiedliche Melodie spielen. Die Liquidität scheint Risikoprämien zu verzerren. Während auf der Aktienseite die Hoffnung zu überwiegen scheint, den Zentralbanken gelänge es, eine Rezession abzuwenden, sind die Staatsanleihenmärkte tief in das negative Renditeterrain abgerutscht. Über 30 % des weltweiten Marktes für Staatsanleihen haben eine negative Rendite. Im Euroraum sind davon allein 60 % aller Staatsanleihen betroffen – und fast 100 % aller Bundesanleihen.

In den USA ist die Zinsstrukturkurve invers, spiegelt also die Erwartung wider, dass die größte Volkswirtschaft der Welt im Verlauf des nächsten Jahres in die Rezession abrutscht. Noch ist es nicht so weit, noch kann sie abgewendet werden.

Und deshalb bleibt die Geopolitik der wichtigste Treiber der nächsten Monate. Die Faustregel lautet: Je weniger Sand im Getriebe des Welthandels, desto besser – für die Konjunktur, für die Märkte und für die Menschen.

Die schwachen Tage haben an den Börsen derweil für mehr Bodenhaftung der Aktienmärkte gesorgt. Zumindest ist die Relation zwischen dem Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500 und dem Volatilitätsindex gesunken. Kein schlechtes Zeichen.

Taktische Allokation
Trotz eines weiter nachlassenden Konjunkturmomentums und erhöhter mittelfristiger Abwärtsrisiken deuten die hochfrequenten Makroindikatoren aktuell weiterhin auf eine nur geringe Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen Rezession hin. Die zwischenzeitliche Eskalation im US-chinesischen Handelskonflikt erhöht aber ohne Zweifel die Verwundbarkeit der globalen Konjunktur. Vor diesem Hintergrund ist im 2. Halbjahr dieses Jahres mit einem Wachstum der Weltwirtschaft unter Potenzial zu rechnen, allerdings mit vorherrschenden Risiken einer ausgeprägteren Abschwächung. Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) hat einen Zinsschritt als Vorsichtsmaßnahme gegen eine befürchtete Rezession („Insurance Rate Cut“) vorgenommen. Aber das allein ist keine Garantie gegen einen etwaigen Rücksetzer an den Aktienmärkten. Die Geldpolitik sollte auch weiterhin stimulierend wirken, dürfte dabei aber zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Mit erhöhter Volatilität, getriggert u. a. von den politischen Unsicherheiten, muss gerechnet werden.

Bei einer immer noch positiven, wenn auch niedrigen Inflation und bei um sich greifenden negativen Renditen ist der Kampf um den Werterhalt schwieriger geworden – aber er lohnt sich, meint

Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research


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